Detroit Motorshow 2014 Von Krise keine Spur mehr

Detroit · Von wegen, die Zeiten ändern sich. Während sich die Autowelt in Europa krümmt und jedem Quentchen möglicher Verbrauchsersparnis unbarmherzigst nachstellt, fühlt man sich zur Zeit in Detroit fast an glorreiche Automobil-Vergangenheit erinnert.

Detroit 2014 - Schwermetall im Vordergrund
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Detroit 2014 - Schwermetall im Vordergrund

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Auf der North American International Auto Show (noch bis zum 26. Januar) geht es wieder einmal vermehrt um Schwermetall. Der Grund ist schnell gefunden. Die Gewinnung von Öl und Gas aus tiefem Gestein in den Vereinigten Staaten macht der Autoindustrie und der ganzen Nation Mut.

Erstmals seit langer Zeit entstehen Arbeitsplätze in großer Zahl und werden wieder mehr der wertvollen Rohstoffe innerhalb der eigenen Grenzen gefördert, als importiert werden müssen. Das lässt die Träume vom Elektroauto und nachhaltiger Energiegewinnung platzen wie Seifenblasen im Wind, in Detroit rücken Pick-Ups, XL-SUV und V8-Motoren wieder in den Vordergrund.

Neben den Stars aus deutschen Landen, bei denen die neue C-Klasse von Mercedes-Benz, der Porsche 911 Targa sowie die Studien Beetle Dune von VW und der Audi Allroad Shooting Brake durchaus Oscar-verdächtig sind, setzen die heimischen Hersteller vermehrt auf Luxus-Karossen und Sportwagen.

So steht das Cadillac ATS Coupé als Konkurrenz für den 4er BMW -der als M-Version ebenfalls in Detroit debütiert - oder den Audi A5 als Weltpremiere in Detroit. Motoren mit vier und sechs Zylindern und bis zu 428 PS stecken unter der Haube des kantigen Premium-Coupés. Noch mehr Leistung gibt es bei Chevrolet zu bestaunen.

Porsche 911 Targa (2014) - endlich wieder Open-Air-Feeling
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Porsche 911 Targa (2014) - endlich wieder Open-Air-Feeling

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Foto: Hersteller

Die Marke, die sich demnächst aus Europa verabschieden wird, stellt die 625 PS starke Rennstrecken-Version der Corvette Stingray als Z06 vor. Der Supersportler wird wohl als einzige Baureihe im Portfolio ab 2015 auch bei uns weiter angeboten werden, dann vermutlich unter Opel-Regie.

Die Fiat-Tochtergesellschaft Chrysler strengt sich in der Mittelklasse an. Die ehemalige Sebring-Limousine tritt nun als wirklich neuer Chrysler 200 auf. Mit durchaus gefälligen Formen, vor allem aber mit der Basistechnik, die bald auch der italienischen Schwestermarke Alfa Romeo die Zukunft erleichtern soll. Auf der gemeinsam entwickelten Plattform werden die Giulietta und der Nachfolger des 157 aufbauen.

Dass der Chrysler 200 jedoch, wie andere Mitglieder der amerikanischen Familie, als Lancia nach Europa kommen wird, ist eher unwahrscheinlich. Vor allem nach Gerüchten, die von einem Rückzug Lancias zumindest aus Deutschland wissen wollen. Wie auch immer, den Chrysler 200 gibt es mit einem 2,4-Liter-Vierzylinder, der 184 PS leistet und einem 3,6-Liter-V6 mit 295 PS.

Die neuen Rohstoff-Funde haben die beliebteste Fahrzeug-Klasse der Vereinigten Staaten, die Pick-Ups, wieder weit nach vorne gespült. Marktführer Ford erneuert die F-150-Serie, ein kaum an Variantenreichtum zu überbietendes leichtes Nutzfahrzeug, das seit Jahren die Rolle des amerikanischen Bestellers übernommen hat.

Immerhin ließ sich das Gewicht des Brummers durch üppigen Aluminiumeinsatz verringern. Rund 320 Kilogramm hat die Rosskur gebracht, das erlaubt den Einsatz weniger starker Motoren, die auch weniger verbrauchen. Außerdem gibt es eine automatische Laderampe, über die sich Quads oder andere Gefährte auf die Ladefläche fahren lassen. Der große V8 mit 6,2 Liter Hubraum ist nicht mehr im Programm, vorerst zumindest, weniger als sechs Zylinder gibt es aber nicht.

GMC erneuert die Pick-Up-Serie Canyon und der Dodge Ram wurde unter Chrysler-Fittichen ebenfalls in der Klasse der leichten Nutzfahrzeuge mit einigen verjüngenden Pinselstrichen für die neue Saison aufgehübscht.

Diese jährliche Auffrischung ist für den amerikanischen Markt ein wichtiges Marketinginstrument. "Wenn deutsche Hersteller alle vier Jahre ein großes Facelift anbieten und ein neues Modell erst nach weiteren vier Jahren auflegen, dann ist das für die Käufer in den Vereinigten Staaten viel zu wenig", sagt ein Marktbeobachter. "Die heimischen Hersteller verändern einen Stoßfänger, schon ist die Baureihe neu und für den Kunden attraktiver. Auch die asiatischen Marken haben diese Vorlieben erkannt und handeln entsprechend, andere verschlafen diese Entwicklung unterdessen."

Mit den Anderen sind vor allem Audi und VW gemeint. Denn während BMW und Mercedes-Benz am kräftigen Wachstum des Marktes um 7,6 Prozent auf 15,6 Millionen Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge teilhaben durften, erreichten die beiden deutschen Volumenmarken im VW-Konzern ihre Ziele nicht. Bis 2018 will man es nach 408.000 abgesetzten VW und 140.000 Audi im vergangenen Jahr zusammen mit Porsche und den Luxusmarken Bentley und Bugatti und Lamborghini auf insgesamt eine Million Autoverkäufe bringen.

Wohl deshalb schürt VW die Phantasie der Amerikaner und stellt die Studie Dune vor, einen höhergelegten Beetle in auffälliger Off-Road-Optik, der auf 19-Zoll-Rädern rollt und von einem 210 PS starken Turbobenziner in 7,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt wird.

Das Derivat wäre relativ einfach zu realisieren, Übungen ähnlicher Art sind den Wolfsburgern in der Vergangenheit mehrfach gut gelungen. Konzern-Chef Martin Winterkorn kündigt außerdem ein neues Mittelklasse-SUV an, das als Siebensitzer jenseits des Atlantiks rasch im kräftig wachsenden Segment auf Erfolgskurs gehen soll.

Audi will mit dem Allroad Shooting Brake Konzept begeistern. Kombiniert wird die Technik des e-tron-Hybridantriebs mit dem Crossover-Design der bisherigen Allroad-Serie. Das Motorentrio der schicken Studie, bestehend aus einem Vierzylinder-Turbobenziner und zwei Elektromotoren, leistet gemeinsam 408 PS und bringt die 4,2 Meter lange Zukunftsvision in 4,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Der Verbrauch soll dank der steckdosengeladenen Batterie bei nur 1,9 Liter auf 100 Kilometer liegen, die Reichweite 820 Kilometer betragen.

Auch das Jahr 2015 soll den Automarkt in Nordamerika voran bringen. Analysten rechnen mit einem moderaten Zuwachs von drei Prozent auf 16 Millionen Fahrzeuge, die Vorzeichen stehen nicht schlecht.

(csr)
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