Fahrbericht Harley-Davidson CVO Limited - fahrendes Sofa

Tacoma · Mehr Luxus, mehr Leistung, mehr Exklusivität - die Harley-Davidson CVO Limited stellt den reinen Überfluss dar. Zudem trägt sie den bisher größten und stärksten Harley-V2 mit 1868 Kubikzentimetern und 102 PS im Rahmen.

Probefahrt mit der Harley-Davidson CVO Limited (Milwaukee-Eight 114)
6 Bilder

Probefahrt mit der Harley-Davidson CVO Limited

6 Bilder
Foto: Harley-Davidson

Was für ein Trumm von Motorrad! Volle 2,60 Meter lang und immense 1,44 Meter hoch ist die knapp 42.000 Euro teure, zweifarbig lackierte CVO Limited. Massige 431 Kilogramm fährt ihr Besitzer durch die Gegend, sich selbst noch nicht mal mitgerechnet.

Lautsprecher vorne und hinten, Lehnen für Fahrer und Sozia, Sitzheizungen vorne und hinten, an die vorderen Sturzbügel montierte Fußrasten-Ausleger und vieles, vieles mehr ist an Bord. Ein "fahrendes Sofa", wie man mitunter verächtlich hört? Wenn, dann dank des neuen 114 Cubic Inch Milwaukee-Eight-V2 (1.868 ccm) ein ziemlich flottes.

Nie zuvor hat Harley-Davidson einen solch mächtigen Zweizylindermotor gebaut: 102 Millimeter beträgt die Bohrung des neuen Triebwerks, 111,4 Millimeter legen die beiden Kolben zwischen dem oberen und dem unteren Totpunkt zurück, bis zu gut 5.000 Mal in der Minute, wenn es denn sein soll.

Die neuen Motorrad-Modelle 2016
19 Bilder

Die Motorrad-Neuheiten 2016

19 Bilder
Foto: dpa, loe

Exakt 1868 Kubikzentimeter beträgt der Hubraum des V2, dessen Zylinderwinkel mit 45 Grad ebenso traditionell ausfällt wie sein Äußeres: schwarzmatter Lack mit polierten Kühlrippen dominieren. Dazu kommen auf der rechten Motorseite die bereits aus dem Jahr 1936 stammenden verchromten Hülsen der vier Stößelstangen sowie ein Luftfiltergehäuse mit der Aufschrift "Screamin‘ Eagle".

Der schreiende Adler steht für die leistungsstärkste Motorisierung, die Harley-Davidson bereitstellt. Mit 75 kW/102 PS überschreitet das soeben vorgestellte Triebwerk erstmals die für die Amerikaner bisher noch magische 100 PS-Grenze im Serienbau.

Der Antritt des Großkolben-V2 ist formidabel: Die stets mehr als eine halbe Tonne wiegende Fuhre wird förmlich nach vorne gerissen, wenn der Fahrer per Gasgriff den Auftrag dazu erteilt. Das ist aber weniger den 102 Pferdestärken zu verdanken als vielmehr dem enormen Drehmoment von 166 Newtonmetern.

Harley-Davidson Iron 883 ordentlich überarbeitet
4 Bilder

Harley-Davidson Iron 883 überarbeitet

4 Bilder

Die Drehmomentkurve verläuft ziemlich flach, so dass im Grunde niemals weniger als 125 Newtonmeter auf den Antriebs-Zahnriemen einwirken; das Maximum steht dann bei 3.250/min. zur Verfügung. Weil die Auspuffanlage exzellent auf das CVO-Triebwerk abgestimmt ist, untermalt eine beeindruckend grollende Klangkulisse jeden Dreh am Elektronik-Gasgriff.

Der Fahrer empfindet die Gasannahme als sanft, aber bestimmt. Wer bei knapp 2000/min. den Hahn spannt und ihn bis zum Leistungsmaximum bei knapp 5.500/min. geöffnet hält, erlebt Dimensionen, die einer halbtonnenschweren Serien-Harley bislang unzugänglich waren.

Konstruktive Besonderheit des 114 Cubic Inch-V2 ist seine kombinierte Luft-/Wasserkühlung. Dabei wird der besonders heiße Bereich der Auslassventile nicht von Öl gekühlt, sondern flüssig umspült. Der dafür nötige Kühler ist zweigeteilt und wohnt nahezu unsichtbar in den Beinschilden des großen Tourers.

Fotos: Moto Guzzi V9 Bobber - ein reines Lustfahrzeug
7 Bilder

Moto Guzzi V9 Bobber - ein reines Lustfahrzeug

7 Bilder
Foto: Moto Guzzi

Erfreulicherweise ist der Big Twin trotz seiner hohen Leistung ein ausgesprochen kultiviertes Aggregat: Nie dringen unziemliche Vibrationen in Lenkergriffe oder gar den dick gepolsterten Sitz vor, angenehm leicht und präzise lassen sich die sechs Gänge durchschalten. Schnelles Einkuppeln beim Zurückschalten verzeiht zeitgemäße Technik dank des Antihopping-Effekts der neuen Zehnscheiben-Ölbadkupplung generös.

Auf der Höhe der Zeit ist auch die Dreischeiben-Bremsanlage. Mit ihrer Hilfe lassen sich die bis zu 617 Kilogramm zulässiges Gesamtgewicht schnell und kontrolliert verzögern, woran die elektronische Bremskraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterrad nicht unbeteiligt ist. Ein ABS gibt es ebenfalls serienmäßig; die ab 1. Januar 2017 gültigen Zulassungsvorschriften der EU schreiben dies ohnehin vor.

Die Fahreigenschaften der CVO Limited sind gut, wobei ihr enormes Gewicht ein wesentliches Beurteilungskriterium darstellt. Dieses Motorrad "wirft" man ungeachtet der Adlerschrei-Zusatzleistung nicht um die Ecken, man gleitet mit ihm souverän durch die Landschaft. Artgemäß bewegt, flutscht alles bestens.

Motorrad fit für den Frühling machen: Tipps und Checkliste
8 Bilder

Motorrad fit für den Frühling machen

8 Bilder
Foto: dpa, zeh

Und weil angesichts der Fahrzeugmasse die Nutzung größerer, gut ausgebauter Straßen überwiegen dürfte, setzen sich die neue Showa-Telegabel und die hinteren Federbeine gut in Szene. Deren Verstellmechanismus mittels eines hydraulischen Handrades ist nun praxisgerechter als die vormalige Luftunterstützung. Wirklich gut ist sie dennoch nicht, weil man den linken Seitenkoffer demontieren muss, um das Handrad zugänglich zu machen. Nun, wer stets alleine oder stets mit voller Zuladung fährt, hat keinen Grund zur Beschwerde.

Die Ausstattung der CVO Limited ließe sich mit "nearly unlimited" übertiteln. Es gibt nicht viel, was Harley-Davidson nicht aufbietet. Natürlich ist das Infotainment-System mit Namen Boom! 6.5 GT an Bord, das neben Radio und Gegensprechanlage auch ein Navigationssystem umfasst.

Auch eine sehr fein regelbare Geschwindigkeitsregelanlage ist selbstverständlich. Ungewöhnlicher sind schon die einstellbaren Trittbretter für die Sozia, die Zentralverriegelung für die drei Gepäckbehälter und hinterleuchtete Bedienelemente. Auch LED-Blinker, bei Harley-Davidson schon seit Jahrzehnten selbstrückstellend, sind in den USA jetzt offenbar zulässig. Die Verarbeitung der Superluxus-Harley dürfte auch hohen Ansprüchen genügen.

Die Frage, ob dieses Motorrad den Preis von fast 42.000 Euro wert ist, lässt sich nicht beantworten. Wer ein Auto für 100.000 oder mehr Euro in der Garage stehen hat wird das anders sehen als Otto Normalbürger.

Fahrbericht - Ducati Multistrada 1200 Enduro
7 Bilder

Fahrbericht - Ducati Multistrada 1200 Enduro

7 Bilder
Foto: Hersteller

Wie üblich, dürfte auch die 2017er CVO Limited nicht weniger begehrt sein als alle CVO-Versionen vor ihr; so gut wie nie hat es eine ohne "Verkauft"-Schild in den Händler-Showroom geschafft. Was den Wertverfall in Grenzen hält. Anders als bei den meisten Autos dürften Preis und Wert auch dieser CVO also in einem guten Verhältnis stehen.

Motor: Luft-/flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Viertaktmotor, Zylinderwinkel 45 Grad, 1868 ccm Hubraum, ohv, eine Nockenwelle, 4 Ventile pro Zylinder, 75 kW/102 PS bei 5.250/min., 166 Nm bei 3.250/min; Einspritzung, 6 Gänge, Zahnriemen.

Fahrwerk: Stahlrohr-Doppelschleifenrahmen, 4,9 cm-Telegabel vorne, 11,7 cm Federweg; Stahl-Zweiarmschwinge hinten, zwei Federbeine, Vorspannung hydraul. einstellbar, 7,6 cm Federweg; Leichtmetallgussräder; Reifen 130/80 B17 (vorne) und 180/65 B 16 (hinten). 30 cm Doppelscheibenbremse vorne, 30 cm Einscheibenbremse hinten.

Assistenzsysteme: Zweikreis-ABS.

Fahrdaten: Höchstgeschwindigkeit 175 km/h.

Maße und Gewichte: Radstand 1,62 m, Gewicht fahrbereit 431 kg; Tankinhalt 22,7 l.

Preis: 41.795 Euro

(SP-X)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort