Wucherpreise machen Auto-Reform in Kuba obsolet 262.000 Dollar für einen Peugeot 508

Havanna · Seit Anfang Januar können Kubaner erstmals nach Jahrzehnten wieder westliche Neuwagen kaufen. Allerdings sind die Preise so hoch, dass sich so gut wie niemand die Autos leisten kann.

 Die Preise für neue oder auch gebrauchte Importfahrzeuge in Kuba sind für die Bürger unbezahlbar.

Die Preise für neue oder auch gebrauchte Importfahrzeuge in Kuba sind für die Bürger unbezahlbar.

Foto: ap

Schmutzbedeckt stehen die Autos auf einem Platz in Havanna nicht weit vom Meer entfernt. Viel los ist hier nicht: Ein Wachmann passt auf, Kunden sind keine in Sicht.

Ein Blick auf die Preisschilder zeigt, warum das so ist: 85.000 Dollar (gut 62.000 Euro) soll ein sechs Jahre alter Peugeot kosten, 46.000 Dollar (knapp 34.000 Euro) ein Citroën C3, Baujahr 2008; in Europa würde man den Wagen für ein Drittel des Geldes bekommen.

Die Freude war groß, nachdem die Regierung Anfang des Jahres das Importverbot westlicher Neuwagen aufgehoben hatte. Nun herrscht Enttäuschung über die unverhältnismäßig hohen Preise. Ein neuer Peugeot 508 ist mit 262.000 Dollar (gut 190.000 Euro) ausgezeichnet - und das in Kuba, einem Land, in dem der monatliche Durchschnittslohn bei 20 Dollar liegt.

Jahrzehntelang konnte man in Kuba nur billige russische oder chinesische Autos kaufen oder alte Gebrauchtwagen. Für westliche Importe wurde eine Genehmigung der Regierung benötigt. Im Januar nun kündigte die Staatsführung an, dass eine solche Genehmigung nicht mehr notwendig sei.

Weiterhin aber läuft der Import der Fahrzeuge über die Behörden, die sie dann in staatlichen Geschäften zum Kauf anbieten - zu horrenden Preisen. Dementsprechend gering ist der Absatz. Kürzlich gaben die Behörden bekannt, dass bisher 50 Fahrzeuge verkauft worden seien, die insgesamt 1,3 Millionen Dollar eingebracht hätten.

Anfangs hofften Kubaner, die Preise würden sinken - auch Mobiltelefone waren in Kuba anfangs extrem teuer, als sie deshalb gar nicht nachgefragt wurden, gingen die Preise zurück.

Bei den Autos ist es offenbar anders: Eine Recherche bei mehreren Autohändlern ergab, dass die Preise nach wie vor hoch sind. Angestellte in den Geschäften wollten sich nicht äußern, einer bestätigte jedoch, dass es bisher keine Preissenkungen gegeben habe.

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Politische Beobachter sind der Ansicht, dass die Regierung von Anfang an nicht die Absicht gehabt habe, mit den Importautos ein großes Geschäft aufzuziehen. Denn der Kauf der Wagen im Westen koste sie Devisen, die sie lieber für andere Produkte wie Lebensmittel oder Industriegüter verwendeten.

"Ganz offensichtlich wollen sie nicht viele Autos verkaufen", sagt Philip Peters vom Kuba-Forschungszentrum in Alexandria im US-Staat Virginia. "Dafür gibt es aus meiner Sicht nur eine Erklärung: Die Regierung will ihre ausländischen Devisen nicht verwenden, um Autos für den Einzelhandel einzuführen."

Jorge Pinon, Energieexperte an der Universität von Texas, weist darauf hin, dass die Verkehrsinfrastruktur in Kuba mangelhaft sei und nicht sehr viele Autos verkraften könne. Ampeln seien rar, die Straßen voller Schlaglöcher. An Treibstoff mangele es dagegen nicht, Kuba erhalte ausreichend Öl von Venezuela.

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Foto: shutterstock/ Kamira6

Was auch immer die Regierung in Havanna mit der Aufhebung des Importverbots beabsichtigt hat - für Rodolfo Cid steht die Zukunft auf dem Spiel: Er baute darauf, die Genehmigung für den Kauf eines westlichen Wagens zu bekommen, wenn er an einem Regierungsprojekt im Ausland teilnimmt.

Mit dem Auto wollte er dann den Lebensunterhalt für seine Familie als Taxifahrer aufbessern. Vor sechs Jahren rückte der Traum in erreichbare Nähe: Der heute 55-Jährige, der als Bauingenieur in einem Ministerium arbeitete, wurde von den Behörden für ein Projekt nach Venezuela geschickt. Von den 3000 Dollar (etwa 2200 Euro), die die Regierung in Caracas monatlich für seine Arbeit zahlte, wurden ihm 600 Dollar (440 Euro) ausgezahlt - ein Vermögen in Kuba.

Nach drei Jahren kam er zurück und erhielt tatsächlich die begehrte Sondergenehmigung. Er stand auf der Warteliste derjenigen, die ein Importfahrzeug bekommen sollten. Dann kam die Aufhebung des Importverbots - und Cids hart erarbeitete Genehmigung ist wertlos geworden.

Die Preise für die Autos sind jetzt so hoch, dass seine Ersparnisse bei weitem nicht ausreichen. "Sie haben die Leute betrogen, die Vertrauen zu den Institutionen hatten", sagt er, "selbst diejenigen, die sie unterstützt haben und gemacht haben, was von ihnen verlangt wurde."

(ap)
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