Massive Kritik am neuen Biosprit ADAC wirft Tankstellen E10-Abzocke vor

Köln (RPO). Die heftigen Debatten um den neuen Biokraftstoff E10 sorgen seit Wochen für Verwirrung - besonders beim deutschen Autofahrer. Denn Experten behaupten: Mit Super E10 verbraucht man deutlich mehr Sprit als mit dem normalen aber teueren Super-Benzin. Der ADAC hat derweil angekündigt, gegen Tankstellen ohne Super E5 vorzugehen.

Checkliste: Fragen und Antworten zu E10
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Foto: AP

Der ADAC will gegen Tankstellenbetreiber Anzeige erstatten, die seit der Einführung des Biosprits E10 das bisherige Super E5 nicht mehr anbieten. "Ohne jede Schuld müssen die Autofahrer, die kein E10 tanken dürfen, bis zu zwanzig Cent pro Liter mehr bezahlen", sagte ADAC-Präsident Peter Meyer in München. Er sprach in diesem Zusammenhang von Abzocke und Tricksereien.

Laut ADAC ist es in der Bundes-Immissionsschutzverordnung geregelt, dass Anbieter des neuen Superbenzins E10 gleichzeitig auch Super mit E5-Qualität anbieten müssen. Meyer zufolge wird diese Regelung allerdings mehr und mehr ausgehebelt, indem von Tankstellen nur das teurere Super Plus, teilweise sogar nur noch Premiumsorten wie VPower, als Super-E5-Ersatz angeboten würden.

Test im Auftrag der Dekra

Seit Wochen boykottieren Deutschlands Autofahrer den neuen Biosprit E10, dem ein Bioethanol-Anteil von bis zu zehn Prozent beigemischt sein soll. Die Befürchtung der Verbaucher: Ein mit E10 betanktes Fahrzeug verbaucht mehr Sprit und mindert die Motorleistung. Ein Test mit echtem E10 konnte bisher nicht erfolgen. In vielen Regionen Deutschlands - so auch in NRW - wird E10 noch gar nicht angeboten.

Die Dekra hatte im Auftrag von "stern TV" erstmals einen Kraftstoff-Test mit nahezu echtem E10 durchgeführt. An zwei Tankstellen im Süden und Osten der Republik fanden die Tester Kraftstoff mit einen Bioethanol-Anteil von 8,8 Prozent. Getestet wurden die nach strenger EU-Norm ermittelten Verbrauchswerte eines Opel Corsas (80 PS) und eines stärker motorisierten Minis (184 PS).

Weniger Verbrauch mit E10

Das Ergebnis war überraschend. Bei beiden Modellen lag der Verbrauch nicht höher als mit herkömmlichem Super E5. Im Gegenteil: Der Opel Corsa verbrauchte im Durchschnitt auf hundert Kilometer 6,6 Liter Super E10. Exakt genauso viel wie mit E5. Beim Mini lag der Verbrauchswert sogar niedriger. Der Münchner schluckte 6,7 Liter Biosprit. Mit Super E5 wären es 0,4 Liter mehr gewesen.

An den meisten Tankstellen wird E10 derzeit bis zu acht Cent günstiger als das herkömmliche Super E5 und Super Plus angeboten. Da die Dekra-Experten durch die Betankung von E10 zudem keine Minderung im Bereich der Motorleistung feststellen konnten, sind Autofahrer - so das Fazit - mit dem Biosprit günstiger unterwegs.

Verbraucher lehnen Biosprit ab

Das E10-Testergebnis dürfte Klaus Picard freuen. Der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) sagte der "Bild"-Zeitung, der E10-Boykott der Autofahrer führe flächendeckend zu erheblichen Versorgungsengpässen. Da die Mehrheit der Verbraucher ihren Tank auch weiterhin mit dem traditionellen Superbenzin befüllen, könne an vielen Zapfsäulen kein Super E5 mehr angeboten werden.

"Die meisten Autofahrer lehnen E10 weiter ab, es gibt einfach zu wenig Superkraftstoff am Markt", sagte Picard dazu weiter. Der Mineralölwirtschaftsverband wies darauf hin, derzeit würden die Raffinerien zu 80 Prozent E10 und nur zu 20 Prozent Super Plus produzieren. Letzteres reiche nicht, um die große Nachfrage zu decken, die Verteilung könne jedoch nicht ohne Weiteres geändert werden, hieß es laut "Bild" weiter.

Dem Blatt zufolge kaufen die Mineralölkonzerne inzwischen Super E5 in Holland und Polen auf, um die deutschen Tankstellen noch beliefern zu können. Die Folge seien hohe Kosten und hohe Preise.

(dapd/afp/rpo/nbe)
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