Gesetzliche Grundlage fehlt Blitzerfotos vor Gericht ungültig?

Frankfurt/Main (RPO). Temposünder müssen derzeit oft kein Bußgeld zahlen, weil Richter Fotos nicht mehr als Beweis akzeptieren. Ursache ist ein Urteil, das das Bundesverfassungsgericht vor einigen Wochen gefällt hat. Die Richter hoben ein Bußgeld gegen einen Temposünder auf, den eine automatische Videoaufnahme überführt hatte.

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Foto: ddp

Gute Nachricht für Temposünder: Nach der inzwischen verbotenen Videoreihenüberwachung akzeptieren einzelne Gerichte offenbar nun auch keine Fotos von Blitzgeräten mehr. Die "Wirtschaftswoche" berichtete am Freitag von zwei entsprechenden Urteilen sächsischer Amtsgerichte.

Die Richter sowohl in Grimma als auch Eilenburg sahen den Angaben zufolge in der Aufnahme und Speicherung von Fotos ebenfalls einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Eine solche sei nur bei einer gesetzlichen Grundlage legitim, die aber nicht vorliege.

Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgericht vom August, wonach für Geschwindigkeitskontrollen per Videosystem ein Gesetzesgrundlage erforderlich ist, die aber nicht vorhanden ist.

Rechtsanwalt Michael Bücken vom Deutschen Anwaltverein äußerte sich am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur AP erstaunt, dass einzelne Gerichte nun auch Blitzerfotos nicht mehr als Beweis für Bußgeldverfahren gegen Temposünder akzeptieren sollen. Nach seiner Auffassung betrifft der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nur Fälle, in denen eine Verkehrsüberwachung mittels Videoüberwachung erfolgt.

Für diese habe das Bundesverfassungsgericht eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts angenommen, weil sich Bürger trotz ordnungsgemäßer Fahrweise nicht der Aufnahme entziehen können, erklärte Bücken. Auf andere Messmethoden, etwa die Radarmessung durch mobile oder stationäre Anlagen, bei denen nur bei Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Messung oder ein Foto erfolgt, hat die Entscheidung nach seiner Auffassung keine Auswirkung, weil dort nur Personen erfasst würden, die tatsächlich im Verdacht stehen, eine Tempoüberschreitung begangen zu haben.

Das Amtsgericht Eilenburg entschied dagegen Ende September, dass es bereits einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt, der einer gesetzlichen Grundlage bedarf, wenn "zur Identifizierung des verdächtigen Fahrers ein Bild technisch fixiert (wird), das als Beweismittel jederzeit abrufbar ist und aufbereitet und ausgewertet werden kann".

(AP/awei)
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