Gründe für Unfälle mit Geisterfahrern Den typischen Falschfahrer gibt es nicht

Düsseldorf · Im Zusammenhang mit Geisterfahrern haben Verkehrssicherheitsexperten bei der Präventionsarbeit ein Problem: Falschfahrer lassen sich nur schwer charakterisieren. Gründe für ihr Fehlverhalten können Selbstmordabsichten, schlechte Sicht, mangelhafte Beschilderung sein - oder schlicht Träumerei.

 Ein Warnschild gegen Falschfahren an der Autobahn A8 bei Übersee am Chiemsee. Weil es den typischen Geisterfahrer nicht gibt, lässt sich aus Sicht eines Verkehrsexperten kaum etwas vorbeugend gegen die meist schweren Unfälle tun.

Ein Warnschild gegen Falschfahren an der Autobahn A8 bei Übersee am Chiemsee. Weil es den typischen Geisterfahrer nicht gibt, lässt sich aus Sicht eines Verkehrsexperten kaum etwas vorbeugend gegen die meist schweren Unfälle tun.

Foto: dpa, Frank Leonhardt

Die Bilder des schweren Unfalls mit fünf Toten, den ein Geisterfahrer auf der A46 im Sauerland am Wochenende verursacht hat, sind noch immer präsent. Wie können sich Autofahrer schützen?

Viele Experten sind der Meinung, dass es den typischen Geisterfahrer nicht gibt und kaum etwas vorbeugend gegen die meist schweren Unfälle getan werden kann.

"Ich warne davor, Falschfahrer einzuteilen in die Kategorien Suizidtäter oder senile Alte oder betrunkene, junge Autofahrer", sagte Rainer Hillgärtner vom Auto Club Europa (ACE).

Ein klares, einheitliches, charakteristisches Profil fehle bei Falschfahrern. "Wir haben es mit einem sehr differenzierten Täterbild zu tun - wenn man überhaupt von Tätern sprechen kann."

Falschfahrer verschickte Abschieds-SMS

Bei einem Geisterfahrer-Unfall im Sauerland waren am Sonntagmorgen fünf Menschen ums Leben gekommen. Die Polizei geht davon aus, dass der Falschfahrer ein Selbstmörder war. Wenige Minuten vor der tödlichen Kollision hat der Falschfahrer eine Kurznachricht an seine Familie geschickt. Die Nachricht lasse sich in Verbindung mit den weiteren Unfallspuren als Abschieds-SMS deuten, sagte der ermittelnde Staatsanwalt Werner Wolff am Montag. Der 24-Jährige raste auf der Autobahn 46 in ein Auto mit vier Menschen. Dabei riss er ein Ehepaar und zwei Frauen aus dem Kreis Meschede mit den Tod.

Es gebe allerdings keine Hinweise darauf, dass Suizidabsichten vermehrt der Auslöser für Unfälle mit Falschfahrern sind, erklärte der Fachmann. Es sei nicht auszuschließen, dass viele Geisterfahrer zu Tätern werden, weil sie nicht richtig aufgepasst haben.

"Schlecht beschildert"

Als Beispiel nannte er Autobahnauffahrten. "Die sind mitunter schlecht beschildert", sagte Hillgärtner. Oft sei die Richtung nicht eindeutig angegeben. Das sei aber auch die einzige Stellschraube, wo man noch optimieren könne, erklärte er. In Deutschland sei an diesem Punkt bereits einiges passiert. "Es gibt in anderen europäischen Ländern an der Stelle noch größere Probleme."

Ebenfalls keine belastbaren Anzeichen gibt es nach Hillgärtners Worten für die These, dass es im Herbst häufiger zu Unfällen mit Falschfahrern komme. "Jedenfalls sind nicht häufiger Geisterfahrer unterwegs." Sicherlich könnten eingeschränkte Sicht etwa wegen Nebels dazu führe, dass Schilder noch schlechter erkannt werden. "Deshalb ist es wichtig, im Herbst besondere Vorsicht walten zu lassen."

Präventionsarbeit ist schwierig

Allerdings schränkte der Fachmann auch ein: "Es gibt dann eben auch Falschfahrer, die lassen sich auch durch eine kluge und übersichtliche Beschilderung nicht auf die richtige Bahn bringen. Das sind solche, die gedankenverloren plötzlich wenden, weil sie einen Einkaufszettel zu Hause vergessen haben." Das macht es schwierig, Präventionsarbeit zu leisten.

Hillgärtner stellte klar, dass schlimme Crashs auf Autobahnen verhältnismäßig selten seien und Autobahnen zu den sichersten Verkehrswegen zählten. Insbesondere wegen des hohen Tempos seien die Folgen eines Unfalls aber oft besonders schwer. "Wir dürfen auch angesichts dieses schlimmen Unfalls die Situation nicht in der Weise dramatisieren, dass wir jetzt nur noch Falschfahrer vor uns sehen."

Autofahrern empfiehlt er, bei Warnungen vor Falschfahrern rechts ranzufahren und gegebenenfalls stehenzubleiben. "Und wenn die Warnung im Rundfunk zu spät kommt, dann ist es schnell passiert und jetzt wie hier im letzten Fall mit tragischen, schwerwiegenden Folgen."

(lnw)
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