Aufstieg in die Mittelklasse Der Dreizylindermotor wird salonfähig

München/Düsseldorf · Bislang kannte man ihn vor allem als kostengünstigen Antrieb für Kleinwagen - doch im Ringen um Gewicht und CO2-Grenzwerte wird der Dreizylindermotor bis hinauf in die Mittelklasse salonfähig. Sogar in einem Supersportwagen schnurrt er schon.

Der Dreizylinder wird salonfähig - sogar in der Mitteklasse
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Der Dreizylinder wird salonfähig - sogar in der Mitteklasse

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Beim Kickdown röhrt der Motor wie ein großer: Doch was da im BMW i8 steckt, ist kein Zehn- oder gar Zwölfzylindermotor. Es ist ein magerer Dreizylinder mit nur 1,5 Liter Hubraum.

Dass der Supersportwagen dennoch 170 kW/231 PS leistet, mühelos Tempo 250 erreicht und mit einem Sprintwert von 4,4 Sekunden auf 100 km/h auch den Porsche 911 abhängt, liegt allerdings daran, dass das Triebwerk nicht allein ist.

Zur Antriebseinheit im i8 gehört ein leistungsfähiger Turbolader und ein 102 kW/131 PS starker Elektromotor. Der i8 ist ein Plug-in-Hybrid-Renner. Noch ist der Einsatz der Technologie in Sportwagen, zumal mit nur drei Zylindern, eine Ausnahme. Doch der Motor im i8 steht sinnbildlich für den rasanten Aufstieg, den der Dreizylinder nimmt.

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Bis dato vor allem als kostengünstiger Antrieb für Kleinwagen wie den Smart, den Toyota Aygo oder den VW up eingesetzt, wird er zusehends auch in größeren Fahrzeugen salonfähig.

"Die Vorteile bei Gewicht und CO2-Ausstoß sind so gravierend, dass es sich lohnt, die alt hergebrachte Ordnung über den Haufen zu werfen und sich vom klassischen Zylinderzählen zu verabschieden", sagt BMW-Entwicklerin Heidelinde Holzer und verspricht Fortschritt ohne Verzicht: "Leistung und Drehmoment der Dreizylinder haben längst ein Niveau erreicht, das wir bisher vom Vier- oder gar Sechszylinder kannten."

Vor diesem Hintergrund seien Dreizylinder in Kombination mit einer geeigneten Form der Hybridisierung auch in der Oberklasse denkbar, sagt Professor Stefan Pischinger vom Lehrstuhl für Verbrennungskraftmaschinen an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen.

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Foto: BMW

Zwar stelle dieses Motorkonzept die Entwickler vor größere Herausforderungen - gerade wenn es darum gehe, eine akzeptable Lauf- und Geräuschkultur zu erzielen. Doch sei dies möglich, wenn geeignete Ausgleichswellen zum Einsatz kämen.

Losgetreten hat diese Entwicklung US-Hersteller Ford mit seinen EcoBoost-Motoren, zu denen auch ein Dreizylinder mit nur einem Liter Hubraum zählt. Anfangs nur in Kleinwagen eingesetzt, gibt es den Motor mit bis zu 92 kW/125 PS mittlerweile auch im Ford Focus, einem Wagen der Kompaktklasse. Doch der kleine Motor steigt weiter auf:
"Wenn demnächst die Neuauflage des Ford Mondeo kommt, werden wir den Dreizylinder als erster Hersteller auch in die Mittelklasse bringen", sagt Ford-Sprecher Hartwig Petersen.

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Foto: BMW

Auch bei BMW erobert der Motor mit den drei Brennkammern neben dem i8 immer mehr Klassen: Den Rumpfmotor nutzt der Hersteller aus München auch in volumenstarken Baureihen. Den Anfang machte in diesem Frühjahr der Mini, im Herbst wird auch im neuen 2er Active Tourer ein Dreizylinder seine Arbeit verrichten, der dort aus 1,5 Litern Hubraum 100 kW/136 PS schöpft.

Und wenn es nach den Entwicklern geht, hätte der Motor allemal auch das Zeug für den Einsatz in 3er und 5er. Doch Letzteres schloss Vorstandschef Norbert Reithofer in einem Interview jüngst aus: Unter vier Zylindern werde es keinen 5er geben, sagte er dem Magazin "auto motor und sport".

Mittlerweile sind auch andere Hersteller auf den Geschmack gekommen.
VW hat für den überarbeiteten Polo gerade eine Familie neuer Dreizylinder-Benziner und -Diesel aufgelegt. "Auch den Golf bringen wir mit einem Dreizylinder", gibt Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer einen Ausblick auf eine Turbovariante mit einem Liter Hubraum und mindestens 81 kW/110 PS. Neben Ford mit dem Focus kocht auch Peugeot im 308 schon heute auf drei Flammen.

Aber auch ein weiterer der sogenannten Premiumhersteller mischt mit: Mercedes. Bislang nur im Smart verbaut, hat das Antriebskonzept laut Baureihenleiter Jörg Prigl mittelfristig auch in der Frontantriebsfamilie rund um A- und B-Klasse eine Chance. Und selbst sein Kollege Michael Krämer, der die C-Klasse verantwortet, will einen Dreizylinder in seiner Baureihe auf lange Sicht nicht ausschließen. Konkrete Pläne gibt es allerdings noch nicht.

Weniger Reibung, weniger Gewicht, geringere Kosten und zugleich immer mehr Motorkraft - das mache den Dreizylinder zu einem kleinen Motor mit einer großen Zukunft, sagt Professor Pischinger: "Wir werden noch mehr Leistung aus noch weniger Hubraum holen."

Das dürfte den Siegeszug der Dreizylinder weiter beschleunigen, ist der Experte überzeugt: "Sie entwickeln sich zum Mainstream und werden zum Standardantrieb in der Kompakt- und Mittelklasse."

(dpa)
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