Kritik am Münchner Autoclub Austrittswelle: 1,3 Millionen Mitglieder wollen ADAC verlassen

München · Seit Tagen sieht sich der ADAC Dauerkritik ausgesetzt. Das Ansehen des größten Automobilclubs Deutschlands ist erheblich ins Wanken geraten. Neben dem desaströsen Bild, das die Lobbygruppe derzeit abgibt, könnten auch die wirtschaftlichen Folgen spürbar sein.

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Foto: dpa, Arno Burgi

Die Dauerkritik der vergangenen Tage an der Struktur und den Abläufen innerhalb des ADAC zeigt Wirkung: Zum ersten Mal seit 66 Jahren wil der Klub eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen. Dies kündigte ADAC-Präsident Peter Meyer am Mittwoch in München im Anschluss an eine Besprechung des Präsidiums des Automobilclubs an.

Hierbei gehe es darum, einen Reformprozess einzuleiten, der "vorbehaltlos" die Struktur und Abläufe der Organisation auf den Prüfstand stelle, erklärte Meyer.

Letztmals Versammlung im Jahr 1948

Laut ADAC gab es zuletzt 1948 eine außerordentliche Hauptversammlung. Meyer erklärte zur Begründung des ungewöhnlichen Schritts, "wir sind von den aktuellen Ereignissen tief betroffen und überzeugt, dass nur ein umfassendes Maßnahmenpaket die Glaubwürdigkeit des ADAC wieder herstellen kann". Einen Termin nannte der Club zunächst nicht.

Der ADAC gibt derzeit in der Öffentlichkeit ein desaströses Bild ab. Doch auch finanziell könnte es bald für den Autoclub kritisch werden. Einer Umfrage im Auftrag des Magazins "stern" zufolge denken sieben Prozent der 18,8 Millionen Mitglieder über einen Austritt nach.

Das entspricht einem Anteil von rund 1,3 Millionen Mitgliedern, die den Pannendienst verlassen wollen. Für den ADAC hätte dies auch wirtschaftliche Folgen. Nicht nur, weil Präsident Meyer vor kurzem noch vollmundig angekündigt hatte, im kommenden Jahr die Marke von 20 Millionen Mitgliedern knacken zu wollen.

Fehlende Einnahmen von 72 Millionen

Im Jahr 2012 erwirtschaftete die Lobbygruppe mit Mitgliederbeiträgen 1,01 Milliarden Euro. Damals lag die Zahl der Mitglieder bei 18,42 Millionen. Im Durchschnitt zahlte jedes Mitglied somit 54 Euro.

Bei derzeit 18,8 Millionen Mitgliedern dürften sich die Einnahmen auf geschätzte 1,03 Milliarden Euro erhöht haben. Sollten nun 1,3 Millionen Mitglieder tatsächlich austreten, fehlten dem ADAC Einnahmen von über 72 Millionen Euro - ein beträchtlicher Batzen Geld.

Meyer will den Trend stoppen und das Bild wiederherstellen. Nun soll eine "grundlegende Reform" auf den Weg gebracht werden, um aktuelle Schwachstellen zu beheben. Diese umfasse eine Überprüfung der Führungsgremien, der Vereinsstruktur und wirtschaftlichen Aktivitäten, eine wesentliche Verbesserung der Transparenz und deutlich stärkere Einbindung der Mitglieder. Der Reformprozess solle von unabhängigen, externen Experten begleitet werden.

Manipulationsskandal beim Gelben Engel

Derweil gibt es zusätzlich zum Manipulationsskandal beim Autopreis Gelber Engel weitere Berichte zu einem womöglich missbräuchlichen Einsatz der Luftrettung des ADAC. Wie die "Bild"-Zeitung und der Berliner "Tagesspiegel" (Mittwochsausgaben) übereinstimmend berichteten, flog der Sohn einer ADAC-Geschäftsführerin zusammen mit einem Freund in einem Ambulanzflugzeug nach Ägypten, nachdem die beiden ihren regulären Ferienflieger verpasst hatten. Den Berichten zufolge trennte sich der ADAC wegen des Vorfalls im Februar vergangenen Jahres von der Mitarbeiterin.

Wie die Zeitung "Die Welt" zudem berichtete, kam im Jahr 2006 ein Rettungshubschrauber zum Einsatz, um vor einem Spiel der 2. Fußball-Bundesliga den Rasen im Stadion von Eintracht Braunschweig zu trocknen und so eine Absage des Spiels zu verhindern. Der ADAC gab gegenüber der Zeitung an, der Föhn-Einsatz sei bezahlt worden. Außerdem sei der Hubschrauber auch für einen etwaigen Notfall einsatzfähig gewesen.

(rpo)
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