Neues Spitzenmodell Mercedes AMG GT R - Sportwagen aus der Hölle

Brooklands/England · Ein lupenreiner Rennwagen, der auch auf die Autobahn darf. Mercedes hat seinen zweisitzigen Spitzensportler noch stärker und edler gemacht.

Mercedes AMG GT R - 585 PS, 318 km/h, 180.000 Euro
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Mercedes AMG GT R - 585 PS, 318 km/h, 180.000 Euro

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Foto: Mercedes-Benz

Der Star fiel vom Himmel, ganz sanft natürlich, verpackt in einen Container. Gehalten durch vier Stahlseile, die am Bauch eines Hubschraubers verankert waren, erreichte die kostbare Fracht historischen Boden.

Die älteste Rennstrecke der Welt, deren rauhes Originalpflaster wieder freigelegt wurde, war die Bühne für die Premiere des neuen Supersportwagens AMG GT R. In Brooklands bei London, wo schon 1909 die ersten Rennschlachten geschlagen wurden, rollte das "Biest" mit Stern aus seinem eisernen Käfig. Und den Geburtshelfer mimte natürlich Weltmeister Louis Hamilton.

Der AMG GT R glänzt mit aufwendiger Technik aus dem Motorsport, die Leistung des V8-Biturbomotor steigt auf 430 kW/585 PS, die Durchzugskraft auf fast schon sagenhafte 700 Newtonmeter.

Das ist der neue Mercedes AMG GT
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Foto: Hersteller

Highlights sind unter anderem Hinterachslenkung, das verstellbare, elektronisch regelbare Fahrwerk und die gleich neunfach justierbare Traktionskontrolle. Der bis zu 318 km/h schnelle Renner kommt im März nächsten Jahres auf die öffentlichen Straßen und wird etwa 180.000 Euro kosten

Das knallige Grün des Neulings ist mit Bedacht gewählt. Schließlich bekam der straßentaugliche Renner auf zahlreichen Runden in der "grünen Hölle" des Nürburgrings seinen letzten Schliff.

Auch Meister Hamilton hat den GT R schon durch dieses Inferno gejagt und schwärmt: "Ein Wahnsinnsgefühl, das beste Auto der Welt.". Schnell fügt er hinzu: "Nach meinem Formel 1 natürlich". Ein Superstar im Superauto also, dessen Euphorie natürlich auch seinem Arbeitsverhältnis mit dem Erbauer des Zweisitzers geschuldet ist.

Der GT R ist das neue Spitzenmodell der Baureihe, deren Basismodell der "normale" GT ist. Der leistet 340 kW/462 PS und kostet 115.430 Euro. Der stärkere GT S (375 kW/510 PS) ist für 134.351 Euro zu haben.

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Foto: Porsche

Wer sich bald den Überflieger in die Garage stellen will, sollte gut 50.000 Euro mehr einplanen. Und hat dann ein Auto, bei dem am Wochenende die amtlichen Kennzeichen durch eine aufgeklebte Startnummer ersetzt werden können. AMG-Chef Tobias Moers ist sich sicher, dass viele der künftigen Besitzer oft so ganz zum Spaß eine abgesperrte Rennstrecke unter die gewaltigen Räder nehmen werden.

Genau dafür wurde der GT R gebaut. Breitere Kotflügel ermöglichen mehr Spurweite und damit bessere Bodenhaftung und höhere Kurvengeschwindigkeiten. Die neu geformte Frontschürze hat aktive Elemente, deren Lamellen sich elektronisch gesteuert je nach Kühlungsbedarf des Motors öffnen oder schließen.

So schmiegt sich der Luftstrom immer optimal an den Unterboden. Hinzu kommt dort ein Bauteil aus Karbon, das an der Bodenplatte vor dem Motor angebracht ist und sich ab Tempo 80 um gut vier Zentimeter senkt.

Dadurch wird der GT R bei höheren Geschwindigkeiten regelrecht an die Fahrbahn gesaugt. Die aufwendige Aerodynamik sorgt dafür, dass der recht leichte Neuling (1,56 Tonnen Leergewicht) dem bremsenden Fahrtwind weniger Widerstand entgegensetzt.

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Foto: McLaren

Um das Heck besser auf den Asphalt zu drücken, hat der GT R natürlich einen dicken Flügel, der auf der Heckklappe montiert ein deutliches Erkennungsmerkmal ist. Je nach Strecke kann der Hobbysportler den Spoiler mechanisch steiler oder flacher einstellen. Das kennt man wie manch anderes am AMG aus dem Motorsport.

"Der GT R ist der Beweis, wie eng unsere Ingenieure von Renn- und Straßenfahrzeugen zusammenarbeiten", erklärt Entwicklungsvorstand Thomas Weber. Und AMG-Chef Moers ergänzt: "Dieser Straßensportwagen lässt unsere Herkunft aus dem Motorsport mit jeder Faser spüren".

Viele der Technik-Highlights des GT R werden wohl nie ihren Weg in eine A-Klasse oder ein Mercedes-SUV finden. Dennoch dient so ein Auto durchaus als Versuchsträger für die Großserie. Beispiel: Hinterachslenkung, die serienmäßig an Bord ist. Elektromotoren sorgen automatisch dafür, dass sich bis Tempo 100 die Hinterräder in entgegengesetzter Richtung der vorderen Kollegen bewegen. Das bedeutet: Weniger Lenkeinschlag in engen Kurven und geringerer Wendekreis.

Ab 100 km/h wird hinten parallel zu den Vorderrädern eingeschlagen: Höhere Kurvengeschwindigkeit, schnellere Ausweichmanöver und im Grenzbereich leichter beherrschbar. Dabei geht es um die Kleinigkeit von bis zu 1,5 Grad, also von außen kaum sichtbar, aber mit großer Wirkung. Dieses System, das in vereinfachter Form erstmals in japanischen Autos von Honda oder Mitsubishi genutzt wurde, könnte auch für "normale" Autos Vorteile bringen.

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Alles andere als normal ist die vielfache Verstellmöglichkeit des ESP-Systems. Der Fahrer kann mittels eines Drehreglers gleich neun Einstellungen wählen und so die jeweilige Haftung auf der Straße beeinflussen. Ob für Nässe, fürs spektakuläre Driften, für die Rennstrecke oder die Spazierfahrt mit der Herzensdame — für jeden Geschmack oder jede Laune.

Das macht den GT R auch alltagstauglicher, als es von außen den Anschein hat. Denn bei aller Technik fürs Rasante wird der neue AMG-Bolide in der Praxis mehr auf öffentlichen Straßen bewegt als in jener "grünen Hölle".

Auf Autobahnen, Landstraßen und im Stadtverkehr wird er seinen Panamericana-Grill in den Wind halten. Dessen vertikale Streben sind eine Hommage an den legendäre 300 SL, der Anfang der 50er-Jahre das südamerikanische Straßenrennen gewann. Bisher durfte sich nur die reine Rennsportversion Mercedes-AMG GT3 mit dieser Nase schmücken.

Wegen seines Preises wird der GT R eine Seltenheit bleiben, auch wenn die Auflage nicht wie so oft bei extravaganten Mobilen limitiert ist. Es gibt also keinen Grund zur Eile, wenn der Verkauf ab Spätherbst freigegeben ist.

(SP-X)
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