Morgan 4/4 Sport Neue Holz-Kutsche

Dieser Wagen hat Kriege überstanden, Aufbaujahre begleitet, Finanzkrisen umkurvt – selbst die irreführende Typenbezeichnung 4/4 trägt er noch immer: Nach wie vor stehen diese beiden Ziffern nicht für einen "doppelten Allrad-Antrieb" – sie sind nach britischem Verständnis wichtige Hinweise auf das Vorhandensein von vier Zylindern und vier Rädern.

Sportwagen im Oldtimer-Look: Morgan 4/4 Sport
9 Bilder

Sportwagen im Oldtimer-Look: Morgan 4/4 Sport

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Dieser Wagen hat Kriege überstanden, Aufbaujahre begleitet, Finanzkrisen umkurvt — selbst die irreführende Typenbezeichnung 4/4 trägt er noch immer: Nach wie vor stehen diese beiden Ziffern nicht für einen "doppelten Allrad-Antrieb" — sie sind nach britischem Verständnis wichtige Hinweise auf das Vorhandensein von vier Zylindern und vier Rädern.

Dann hätte ja auch die "2" für die Zahl der Türen und Sitze, oder die "1" für Windschutzscheibe, Stoff-Verdeck und Lenkrad einfließen können: Nichts da, hatte anno 1936 der Firmeninhaber J. F. S. Morgan (die Bedeutung der Initialen J. F. S. ist übrigens nirgendwo hinterlegt) entschieden, man wolle sich schließlich abgrenzen: Aus der gleichen Mobil-Schmiede im britischen Malvern Link stammten immerhin auch jene dreirädrigen Mobile (threewheeler), die nach englischem Recht überaus günstig besteuert wurden.

Welchen Erinnerungen die Ingenieure auch heute noch nachhängen, ist der Beschreibung des aktuellen 4/4 zu entnehmen: ABS und ESP kommen in der Betriebsanleitung nicht vor, dafür trampelt die starre Hinterachse auf unebener Strecke bretthart mit ihren Blattfedern und versetzt Fahrer samt Auto in (beherrschbare) Schwingungen. Und selbstverständlich besteht der Aufbau noch immer aus einem Eschenholz-Rahmen, der freilich durch Stahl oder Aluminium verdeckt wird.

Und so rollt der 4/4 nach dem alten Kutschwagen-Prinzip, aber mit einem modernen Ford-Motor dreimal pro Tag aus der betagten Fertigungshalle. Ein moderner Oldtimer mit Werksgarantie, dessen Zeitgeist sich niemals an der äußeren Form, sondern an den Innereien orientiert.

Zum 72. Geburtstag, gefeiert wird das "älteste Serienfahrzeug der Welt", hat Gründerenkel Charles Morgan das Modell "4/4 Sport" konzipiert — zurzeit die preislich günstigste Form, einen echten Morgan zu erwerben, denn für dieses Produkt bester britischer Handwerks-Tradition werden genau 39.500 Euro aufgerufen.

Dafür gibt es 115 Pferdestärken in der modernen Ford 1,6-Liter Duratec-Maschine, die zeitgemäße 140 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer verbläst. Im Lieferumfang enthalten ist aber auch ein simples Cabrio-Verdeck, das einen Elektromotor so nötig hat wie ein Brite den Eiffelturm — zum Öffnen reichen zwei Handgriffe, das vorübergehende Schließen ist eine Knibbelarbeit.

Vergessen wir die Frage nach der Servolenkung (gut 800 Kilogramm Wagengewicht brauchen aber auch keine Mucki-Buden-Erfahrung), die nicht vorhandene Sitzheizung hätte bekanntlich auch Nebenwirkungen — und der Airbag wurde für den Morgan 4/4 bis heute nicht erfunden (im Aero mit BMW-Achtzylinder ist er durchaus vorhanden).

Wer solch ein Freiluft-Mobil erwirbt? Filialleiter Jens Stöver vom deutschen Morgan-Partner Flaving (im Düsseldorfer Meilenwerk) begrüßt vor allem Selbstständige und Angestellte in führenden Positionen, die klaglos Wartezeiten von rund sechs Monaten auf sich nehmen. Um den Kurvenzauber der ersten Probefahrt endlich im eigenen Mobil wiederholen zu können.

Dabei werden diese "Oldtimer mit Garantie" in Deutschland zu Stövers Bedauern nicht als Alltags-Mobile genutzt ("durchaus möglich") — entsprechend niedrig ist oft die Kilometerleistung. Passend konservativ aber auch die Farbwahl: Rot läuft nicht, "Sports Grey" ist in — so wie das intensive Studium der zweiseitigen Zubehörliste.

(RP)
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