Rußfilter-Skandal Regierung will Diesel-Fahrern helfen

Berlin (RPO). Im Rußfilter-Skandal will die Bundesregierung das Steuer-Problem lösen. Dieses droht den Autobesitzern, denen Steuernachlässe gewährt wurden, nachdem sie einen der unwirksamen Rußfliter für Diesel-Fahrzeuge einbauen ließen.

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Foto: ddp

Bei der Staatsanwaltschaft Essen laufen Ermittlungen gegen einzelne Hersteller von Rußpartikel-Filtern in Dieselfahrzeugen, unter anderen gegen die Firma GAT. Zuvor hatte das Kraftfahrtbundesamt mehrere Betriebserlaubnisse der Firmen Tenneco, Bosal und GAT gelöscht, weil sie nicht den Anforderungen der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung entsprechen.

Die Bundesregierung hofft in der nächsten Woche Klarheit darüber zu haben, wie rund 40.000 schon in Dieselfahrzeuge eingebaute, aber nutzlose Rußfilter ersetzt werden können. Ziel sei eine Regelung, die den Halter des Fahrzeugs nicht belastet, sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums am Freitag in Berlin. Dazu würden Gespräche mit den Verbänden der Kfz-Werkstätten geführt, die wahrscheinlich in der nächsten Woche abgeschlossen werden könnten.

Den von der Deutschen Umwelthilfe erhobenen Vorwurf, die Bundesregierung sei untätig geblieben, wies der Sprecher zurück. Die Behörden sind nach seiner Darstellung bewusst darüber getäuscht worden, dass die Rußfilter von den drei deutschen Herstellern unwirksam seien. Als Nachprüfungen des TÜV dies bestätigten, entzog des Kraftfahrzeugbundesamt den Herstellern die Genehmigungen.

In einem Urteil verpflichtete das Verwaltungsgericht Dessau-Roßlau am Freitag zudem das Umweltbundesamt dazu, der Deutschen Umwelthilfe (DUH) eine unter Verschluss gehaltene Studie zur Wirksamkeit von Filtern zugänglich zu machen. Gerichtssprecher Helmut Engels berichtete der AP, das Gericht habe dem Ersuchen auf Grundlage des Umweltinformationsgesetzes stattgegeben. Damit seien die Argumente der Behörde verworfen worden, die in der Schweiz erstellte Studie sei methodisch fehlerhaft, könne zu Missverständnissen führen und bedürfe noch ergänzender Messungen. Nun kann das Amt binnen eines Monats beim Oberverwaltungsgericht Magdeburg Berufung beantragen.

Nebulöse Geschichte

Das war die Idee: Rußfilter in den alten Diesel einbauen, Steuervorteile mitnehmen und jeden Stress mit den neuen Umweltzonen und Feinstaub-Fahrverboten ab 2008 vermeiden. 170.000 Autofahrer in Deutschland haben dies bereits in die Tat umgesetzt und ihre alten Diesel-Autos mit Partikelfiltern nachgerüstet. Die 40.000, die auf die drei Firmen reingefallen sind, holten sich dabei allerdings ein blaues Auge.

Denn für nutzlose Filter darf es eigentlich auch keine Steuervorteile und keine Umweltplakette geben. Deshalb verhandelt nun die Regierung über eine "verbraucherfreundliche und unbürokratische Lösung." Die Geschichte hinter dieser möglichen Austauschaktion ist zumindest nebulös. Rußfilter zum Nachrüsten, für die es seit April 2007 einen Steuervorteil von 330 Euro gibt, müssen mindestens 30 Prozent der gefährlichen Feinstaubpartikel zurückhalten.

Wie es sein kann, dass die jetzt nachträglich als nutzlos erkannten Filter der Firmen GAT, Tenneco und Bosal überhaupt eine Zulassung bekamen, ist ungeklärt. Nach Angaben aus der Bundesregierung soll der Hersteller GAT aus Gladbeck gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt Manipulationen bei den Antragsunterlagen eingeräumt haben. Auf Hinweise des Amts hin ermittelt jedenfalls inzwischen die Staatsanwaltschaft Essen, wie ein Sprecher der Anklagebehörde der AP bestätigte. Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, ist ebenfalls unklar. Das Kraftfahrtbundesamt äußert sich zu dem "schwebenden Verfahren" vorerst nicht. Die Firma GAT wollte sich auf AP-Nachfrage ebenfalls nicht äußern.

Nur die Käufer nicht vergraulen

GAT hat nach Regierungsangaben 28.000 der 40.000 fehlerhaften Systeme geliefert. Verlockend waren die Filter offenbar wegen ihres günstigen Preises. Statt 600 bis 650 Euro, die die elf Wettbewerber für ihre "Partikelminderungssysteme" verlangen, kosteten die jetzt beanstandeten "Kombinationssysteme" nur 400 bis 500 Euro. Um die nutzlosen Filter nun allerdings gegen wirksame auszutauschen, werden nach Schätzung der Regierung sogar 1000 bis 1200 Euro fällig. Denn für die Kombinationssysteme wurden Autoteile ausgebaut, die nun wieder eingesetzt werden müssen.

In dieser Gemengelage gab es aus Sicht der Regierung so viel Potenzial für Riesenärger bei den Autofahrern, dass das Umwelt- und das Verkehrsministerium aktiv wurden. Die Verbraucher, die auf den falschen Filter gesetzt haben, könnten ja nichts dafür, hieß es in Regierungskreisen. Und diejenigen, die die Filter-Nachrüstung noch vorhaben, wolle man nun auf keinen Fall verunsichern oder vergraulen. Denn die 170.000 nachgerüsteten Filter sind erst ein Zehntel der Menge, die die Regierung mit ihrem Förderprogramm erreichen will.

Vergölst tauscht kostenlos

Der Autoservice-Dienstleister Vergölst teilte unterdessen mit, er tausche ab sofort kostenlos sämtliche betroffenen Rußpartikelfilter der Hersteller GAT, Bosal und Tenneco/Walker aus, die von einem seiner Fachbetriebe eingebaut worden sind. Als Ersatz werde Vergölst Nachrüstsätze des Herstellers Twintec einbauen. Eine Firmensprecherin räumte auf Nachfrage aber ein, dass es sich bei Vergölst nur um rund 20 Fälle handelt und sich die Kosten daher im Rahmen halten.

Bei A.T.U mit bundesweit rund 600 Filialen gibt es noch keine definitive Festlegung. Hier will man noch die weiteren Entwicklungen abwarten, sagte A.T.U-Sprecher Markus Stadler. Bei Pit-stop war am Freitag niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

(ap)
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