Belag ist teurer und anfälliger Staus und Unfälle durch Flüsterasphalt

Köln · Der Lärm mindernde, offenporige Straßenbelag ist teurer und anfälliger als der normale Asphalt. Er muss regelmäßig gereinigt werden. Das verursacht Staus. Am Kreuz Köln-Ost häufen sich zudem bei Regen die Unfälle. Der Belag kann an dieser Stelle nicht genügend Wasser ableiten.

 Das Autobahnkreuz Köln-Ost aus der Vogelperspektive.

Das Autobahnkreuz Köln-Ost aus der Vogelperspektive.

Foto: Straßen NRW

Für Anwohner ist der offenporige Asphalt (OPA), auch Flüsterasphalt genannt, ein Segen. Überall dort, wo er als Belag auf den Autobahnen liegt, sorgt er für angenehme Ruhe: Er soll Fahrgeräusche um die Hälfte (um bis zu zehn Dezibel) reduzieren. Durch die vielen Hohlräume, die den Schall schlucken, kann außerdem das Wasser schnell versickern und die sichtbehindernden Sprühfahnen der Autos werden reduziert. Doch OPA ist teuer und anfälliger, zudem kürzer haltbar als der normale Asphalt. Er muss nach durchschnittlich zehn Jahren erneuert werden, während der übliche Belag 15 bis 20 Jahre hält.

Damit der Flüsterasphalt seine Lärmmindernde Eigenschaft behält, muss er sauber gehalten werden. Das kann vor allem nach Unfällen dauern und damit vermehrt auch zu Staus führen — wie zuletzt auf der Autobahn 40 bei Mülheim. Nachdem dort in der vergangenen Woche ein Lkw-Anhänger mit einem Kleinbagger umgekippt war, sickerten große Mengen Hydrauliköl in den Asphalt — der durch die Hohlräume viel mehr und viel schneller Öl aufnimmt.

Fünf Stunden lang war das Autobahnteilstück zwischen Mülheim-Heißen und Mülheim-Heimaterde komplett gesperrt. Die Fahrzeuge waren zwar bereits eine Stunde nach dem Unfall von der Fahrbahn geräumt. Die Freigabe der Straße verzögerte sich jedoch, weil das ausgelaufene Öl nicht einfach mit dem üblichen Bindemittel der Feuerwehr aufgenommen werden konnte. Eine Spezialfirma musste die Fahrbahn mit Hochdruck reinigen. Zudem sickerte das Öl teilweise in die Erde neben der Fahrbahn, so dass der Grünstreifen ausgebaggert werden musste, bevor die Straße freigegeben werden konnte.

Bei Nässe als besonders sicher geltend

Die Feuerwehr befürchtet, in Zukunft häufiger derartige Probleme mit Flüsterasphalt zu bekommen. Denn der Spezialbelag soll auf weiteren Autobahnen zum Einsatz kommen, vor allem im dicht besiedelten Ruhrgebiet. Laut Landesbetrieb Straßen NRW soll er bis 2014 auf der A 40 zwischen Bochum-Werne und Dortmund-Lütgendortmund verbaut werden, ebenso wie an der neuen Autobahn südlich von Bochum und beim Ausbau der A 43 ab Recklinghausen.

Ein weiterer Problemschwerpunkt hat sich am Kreuz Köln-Ost an der A 3 wegen des offenporigen Asphalts aufgetan. In diesem Jahr wurde das letzte Stück Fahrbahn zwischen Köln-Mülheim und dem Kreuz Köln-Ost freigegeben — nach neunjähriger Bauzeit, gedeckt mit dem Lärm mindernden Belag. Seitdem kommt es in der Fahrbahnsenke am Übergang zur A4 und dem Abzweig Richtung Zentrum bei Regen häufiger zu Unfällen.

Allein im ersten Halbjahr 2012 gab es dort 17 Blechschäden. Der Asphalt gilt gemeinhin als besonders sicher bei Nässe. Normalerweise läuft das Wasser durch den Belag hindurch und unterhalb der Oberfläche nach außen in die Entwässerungsrinnen. Doch an dieser Stelle der A 3 ist er nicht in der Lage, die von zwei Fahrspuren zusammenfließenden Wassermengen abzuleiten, und es entstehen große Pfützen. Deshalb geraten Autos dort regelmäßig wegen Aquaplaning ins Schleudern und landen in den Leitplanken.

Die Polizei spricht von einem "neuartigen Phänomen", das bislang an keiner anderen Stelle im Regierungsbezirk aufgetaucht sei. Auf einen Baumangel soll dies aber laut Experten nicht hinweisen. "Es wurden alle Richtlinien eingehalten", sagt Jürgen Hermanns von Straßen NRW. Noch fehlten jedoch größtenteils Erfahrungswerte zu den Auswirkungen des Flüsterasphalts.

Kreuz Köln-Ost inzwischen Unfallschwerpunkt

Die Polizei hat den Abschnitt am Kreuz Köln-Ost mittlerweile als Unfallschwerpunkt eingestuft und schreibt seit einigen Wochen dort Tempo 60 vor. "Leider hält sich nicht jeder daran", sagt Hermanns' Kollege Bernd Löchter. Ab Ende 2012 sollen zusätzliche Entwässerungsrinnen verhindern, dass Wasser in die Senke läuft. Für den Bau müssten jeweils eine der beiden Fahrspuren mehrmals für einige Stunden gesperrt werden.

Gegen den Flüsterasphalt sprechen vor allem in Süddeutschland neben den höheren Kosten und der kürzeren Haltbarkeit Probleme mit Glatteis. Weil das Feuchtsalz, das auch in diesem Winter wieder auf die Autobahnen gebracht wird, in gut ableitenden Asphalt fast ebenso schnell versickert wie Regenwasser oder Öl, verliert es an Wirkung.

Die Straßen werden daher in den kälteren Regionen spiegelglatt, ohne dass man es erkennt. Wenn sich die Poren des Belags nach einiger Zeit zusetzen, besteht dagegen wieder Glättegefahr, weil das Wasser nicht mehr richtig abfließt und sich ein gefährlicher Eisfilm auf der Fahrbahn bilden kann.

(RP/das)
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