Tipps für betroffene Kunden VW-Skandal — was man jetzt wissen muss

Düsseldorf · Als Fahrer eines VW-Fahrzeuges hat man es derzeit nicht leicht. Alle paar Tage gibt es neue Meldungen, bei welchen Modellen möglicherweise noch manipuliert wurde. Jetzt sind laut Ministerium auch knapp 100.000 Benziner betroffen. Ein Überblick, was man nun wissen muss.

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Foto: dpa, jst jhe

Laut Volkswagen soll es sich überwiegend um Modelle mit Dieselmotoren handeln, konkret gehe es dabei um den Polo, den Golf und den Passat, bei Audi um die A1- und A3-Modelle. Bei Skoda gehe es um den Octavia, bei Seat um den Leon und Ibiza. Betroffen sein sollen jeweils die 1,4-, 1,6- und 2,0-Liter-Varianten.

Aber auch bei einigen Benzinmodellen, so ein Sprecher von VW, gebe es Auffälligkeiten. Dabei gehe es um Motoren mit Zylinderabschaltung. Laut aktuellem Stand handelt es sich dabei um eine verhältnismäßig kleine Stückzahl. Verkehrsminister Alexander Dobrindt sprach am Mittwoch im Bundestag von 98.000 betroffenen Benzinfahrzeugen.

CO2 ist zwar unschädlich für den Menschen, aber zugleich das bedeutendste Treibhausgas und wesentlich für die menschengemachte Erderwärmung verantwortlich. Die CO2-Grenzwerte sind in der EU in den vergangenen Jahren nach schwierigen Verhandlungen verschärft worden.

Nicht nur die Angaben zu gefährlichen Stickoxiden bei vielen Modellen aus der Volkswagen-Familie sollen nicht korrekt sein, jetzt geht es auch um das klimaschädliche Kohlendioxid (CO2). Waren es bei den Stickoxiden lediglich Dieselmotoren, so räumt VW ein, dass bei den wohl ebenfalls manipulierten CO2-Werten auch einige Modelle mit Benzinmotor betroffen sein könnten.

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VW musste einräumen, dass bei der CO2-Zertifizierung wohl zu niedrige Werte festgelegt wurden. Das bedeutet nicht nur, dass die Wagen tatsächlich mehr des Treibhausgases in die Atmosphäre blasen, sondern auch, dass der Verbrauch höher liegt als angegeben. Das würde sich direkt auf die Brieftaschen der Fahrer der betroffenen Modelle auswirken.

Auch bei größeren Dieselmotoren sollen die Wolfsburger an den Abgaswerten geschraubt haben. Betroffen sein sollen hier Modelle mit Drei-Liter-Motoren von VW, Audi und Porsche. Zwar haben die Unternehmen die Vorwürfe zurückgewiesen, jedoch hat zum Beispiel Porsche die Auslieferung des Geländewagens Cayenne mit Dieselmotor in den USA vorläufig gestoppt.

Im Januar startet VW mit der Rückrufaktion für die bislang rund 2,4 Millionen betroffenen Dieselfahrzeuge. Das Kraftfahrtbundesamt hat den Maßnahmen- und Zeitplan von VW bewertet und für tragfähig erklärt. Im Januar 2016 sollen demnach die ersten Fahrzeuge mit Zweiliter-Motor in die Werkstätten gerufen werden. Wegen der großen Menge an betroffenen Fahrzeugen und des verhältnismäßig großen Aufwandes für die Umrüstung in den Werkstätten wird sich die Rückrufaktion über einen längeren Zeitraum erstrecken.

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Foto: afp, EJ/agz

Der Abgas-Skandal könnte den betroffenen VW-Kunden direkt ans Portemonnaie gehen. Ein Rechtsgutachten im Auftrag des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv) besagt, dass Volkswagen nach aktueller Rechtslage nicht verpflichtet ist, sämtliche Kosten für die Folgen der bevorstehenden Rückrufe zu tragen. Dazu zählten etwa ein Ersatzwagen während der Reparatur, Verdienstausfall oder Mängel im Anschluss an die Nachbesserungen in den Werkstätten.

Ein erhöhter Spritverbrauch, Leistungsabfall oder schwindender Wiederverkaufswert infolge der Nachbesserung könnte laut Verbraucherschützer das Problem der Halter sein. Kritisch ist es laut dem Gutachten auch, dass bereits nach zwei Jahren Gewährleistungsansprüche gegen Autohändler verjährten. Diese Frist ist für viele betroffene VW-Kunden schon abgelaufen.

Für weiterreichende Schadenersatz-Ansprüche müssten die Verbraucher laut Verbraucherschützer in Vorleistung gehen und zudem den Nachweis erbringen, dass VW beispielsweise betrogen oder vorsätzlich Kunden getäuscht hat. "Diesen Nachweis zu erbringen, wird für Verbraucher schwierig, weil sie keinen Einblick in interne Vorgänge des Unternehmens haben", erklärte der Verband.

Etwas mehr Hoffnung macht da eine juristische Expertise der Wissenschaftlichen Dienste im Deutschen Bundestag. Demnach haben betroffene Kunden unter Umständen weitreichende Rechte, wenn die Autos nach der Nachbesserung mehr verbrauchen oder "reduzierte Fahrleistungen" aufweisen. Dann hätten Halter zumindest im Rahmen der Garantiefrist das Recht, vom Vertrag zurückzutreten oder Geld zurückzufordern.

Schon ein erhöhter Verbrauch von drei Prozent könne einen Sachmangel bedeuten. Ab zehn Prozent komme eine "erhebliche Pflichtverletzung" infrage, die dann sogar zum Rücktritt vom Kauf berechtige.

Das gilt derzeit als sehr unwahrscheinlich. Zumal wird die Plakette, die zur Nutzung der Umweltzonen berechtigt, in Abhängigkeit von der Menge Feinstaub vergeben, die das Auto ausstößt. Sie hat also nicht direkt etwas mit der Stickoxidemission zu tun, daher würde hier die rechtliche Grundlage zum Entzug fehlen. Verkehrsminister Alexander Dobrindt hat bereits verlauten lassen, dass die betroffenen Fahrzeuge weiterfahren dürfen.

Nein, davon ist nicht auszugehen. Zwei Gründe sprechen dagegen: Zum einen hat laut Automobilclub AvD das Bundesverkehrsministerium schon 2009 bei der Neufassung der Typzulassungsregeln erklärt, dass der Entzug einer Typzulassung nicht die Betriebserlaubnis des einzelnen Fahrzeugs berühre. Zudem endete die Steuerbefreiung für Euro5-Fahrzeuge am 31.12.2010. Da die sogenannte Festsetzungsverjährungsfrist vier Jahre beträgt, ist inzwischen die Verjährung eingetreten. Eine Nachforderung wäre somit rechtlich gar nicht mehr möglich.

Auf der Website www.volkswagen.de/info kann jeder Volkswagen-Kunde seine Fahrgestellnummer eingeben und sich informieren, ob sein Fahrzeug betroffen ist. Für die Marken Audi, Seat und Skoda sind vergleichbare Kunden-Websites aktiv.

Mit Material von dpa.

(csr)
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