Herausforderungen deutscher Autobauer VW-Chef: "Die Koreaner kopieren von uns"

Düsseldorf (RPO). Die deutschen Automobilbauer eilen in diesem Jahr von Rekord zu Rekord – Rekordabsätze, Rekordgewinne, Rekord-Höhenflug der Aktienkurse. So gut ging es den Herstellern noch nie in ihrer 125-jährigen Geschichte. Welche Herausforderungen erwarten BMW, Daimler, Volkswagen und Audi in der zunehmend globalisierten (Auto-)Welt?

 VW-Chef Martin Winterkorn fürchtet die wachsende Stärke der Marke Hyundai.

VW-Chef Martin Winterkorn fürchtet die wachsende Stärke der Marke Hyundai.

Foto: dapd, dapd

Düsseldorf (RPO). Die deutschen Automobilbauer eilen in diesem Jahr von Rekord zu Rekord — Rekordabsätze, Rekordgewinne, Rekord-Höhenflug der Aktienkurse. So gut ging es den Herstellern noch nie in ihrer 125-jährigen Geschichte. Welche Herausforderungen erwarten BMW, Daimler, Volkswagen und Audi in der zunehmend globalisierten (Auto-)Welt?

Besser als in diesen Wochen und Monaten kann es für die deutschen Autobauer nicht laufen: Ob BMW, Audi, Volkswagen oder Mercedes — die vier größten Hersteller fahren Milliardensummen ein und stehen gleichzeitig vor enormen Herausforderungen. Vor dem Hintergrund einer globalisierten Welt setzen die Konzernzentralen in München, Ingolstadt, Wolfsburg und Stuttgart unterschiedliche Schwerpunkte.

Der Blick der Autobauer geht auch in diesem Jahr verstärkt gen Osten. China ist der am rasantesten wachsende Wirtschafts- und Automarkt der Welt. Die zentrale Bedeutung unterstreichen die aktuellen Absatzzahlen der deutschen Autohersteller. "Made in Germany" ist "in" zwischen Gelbem Meer und Himalaja.

AUDI hat angesichts der weltweit hohen Nachfrage nach deutschen Luxusautos angekündigt, in den nächsten Jahren 10.000 neue Mitarbeiter einzustellen. "Bis Ende des Jahrzehnts wird die Zahl unserer Beschäftigen von 60.000 auf rund 70.000 steigen", sagte Audi-Chef Rupert Stadler. Schon heute ist China für die Ingolstädter der wichtigste Einzelmarkt.

Audi will in jedem Jahr 100.000 neue Kunden werben, so die forsche Marschroute. Auch die Erforschung von Elektroantrieben treibt das Unternehmen voran. "Wir werden bis 2015 über elf Milliarden Euro investieren", kündigte Stadler an. Audi bringt im Sommer den Q5 Hybrid quattro heraus, der für die VW-Tochter zu einem Wegbereiter zum reinen Elektroauto werden soll. Die Ingolstädter starten zudem einen Flottenversuch in München mit dem A1 e-tron.

VOLKSWAGEN Im Kampf um die weltweite Automobilkrone lieferte sich VW stets einen erbitterten Wettstreit mit dem japanischen Giganten Toyota. Der neue Wolfsburger "Angstgegner" ist nicht mehr Toyota sondern der südkoreanische Konkurrent Hyundai samt Schwestermarke Kia. Die schnell wachsenden Autobauer (Hyundai plus neun Prozent, Kia plus 14 Prozent) legten entgegen dem europäischen Trend des Absatzeinbruchs im Juni zu. Toyota verlor in diesem Zeitraum 26 Prozent.

Der koreanische Automobil-Aufschwung treibt Martin Winterkorn sicher noch keine Sorgenfalten auf die Stirn, der VW-Chef aber wirft ein wachsames Auge auf die Aktivitäten von Hyundai & Co.. "Die Koreaner kopieren von den Japanern und von uns, um es dann im zweiten Schritt noch besser zu machen", staunte der Volkswagen-Boss im "Handelsblatt". Fast unbeachtet lief die Expansion von Hyundai in Europa und den USA ab — umso bemerkenswerter sind die Marktanteile und Absatzzahlen.

Hyundai-Chef Chung Mong-koo will in diesem Jahr 6,5 Millionen Einheiten verkaufen. Das entspräche einem Plus von 800.000 Autos, im internationalen Vergleich gleichbedeutend mit Rang vier hinter General Motors, VW und Toyota. Allein in den USA verkaufen die Koreaner bereits jetzt mehr Fahrzeuge als VW. Zudem wirtschaftet Hyundai laut "Handelsblatt" profitabler als der Wolfsburger Konzern: Pro Fahrzeug verdienten die Koreaner zuletzt 940 Euro, VW nur 860 Euro.

MERCEDES Deutscher Vorreiter in Sachen Elektromobilität ist Daimler. Zusammen mit Zulieferer Bosch bauen die Stuttgarter ab dem kommenden Jahr in einem gemeinsamen Tochterunternehmen Elektromotoren. Beide Konzerne hätten die Verträge zur Gründung des Gemeinschaftsbetriebs namens "EM-motive" unterzeichnet, teilten Daimler und Bosch mit. Daimler ist damit der erste deutsche Autobauer, der ganze Motoren zusammen mit einem Zulieferer entwickeln und bauen will. Derzeit warteten die Partner noch auf das Einverständnis der Kartellbehörde.

In Kooperation mit dem Chemiekonzern Evonik steht der Hersteller kurz vor der Serienproduktion von Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos. Die Batterien aus dem sächsischen Kamenz will Daimler in die nächste Generation des Elektro-Kleinwagens Smart einbauen. Der smart fortwo electric drive wird seit November 2009 bereits in Serie gefertigt. Mit dem Industriegase-Hersteller Linde will Daimler ein Netz von Wasserstoff-Tankstellen für Brennstoffzellen-Fahrzeuge aufbauen.

BMW wächst in China derzeit wie die Konkurrenten Audi und Mercedes rasant, da teure Limousinen aus Deutschland bei der wachsenden chinesischen Oberschicht als Statussymbole hoch im Kurs stehen. VW legte im ersten Halbjahr dort fast 13 Prozent im Absatz zu, Mercedes um 52 Prozent. BMW setzte mit 61 Prozent ein Ausrufezeichen.

Hauptaugenmerk der Münchner besteht in der Optimierung und Überarbeitung bestehender Modelle. Noch in diesem Jahr präsentiert BMW eine Reihe von Facelifts: Auf der IAA stellt der Autobauer seinen frisch gestylten 1er der Öffentlichkeit vor, im Herbst steht das neu aufgelegte 6er Coupé in den Schaufenstern. Der Z4 erhält neue Einstiegsmotoren, die 5er-Reihe und der V8-Kombi werden mit einem Spardiesel versehen. Die 3er- und 5er-Reihe können mit M-Sportpaketen für 3er Coupé und Cabrio sowie für den 7er Active Hybrid aufgewertet werden.

Ganz so offensiv wie die Stuttgarter Konkurrenz treiben die Münchner das Thema Elektromobilität nicht voran, BMW vertraut lieber auf die eigene Stärke. Und so wirken die ersten Versuche im Bereich E-Autos im Vergleich zu Daimler eher zaghaft. In Leipzig will BMW das Elektroauto "Megacity Vehicle" herstellen. Es soll 2013 unter der Bezeichnung "i3" beziehungsweise "i8" auf den Markt kommen. Der "i8" wird allerdings mit einem Plug-In-Hybridantrieb versehen.

So unterschiedlich die Herausforderungen für die vier größten deutschen Autohersteller in Zukunft auch sein mögen - eines haben Audi, Volkswagen, Mercedes und BMW gemeinsam: Getragen von beeindruckenden Absatzzahlen und Marktanteilen schwimmen sie derzeit auf der Erfolgswelle.

(rpo/nbe)
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