Volkswagen und die Abgasaffäre VW-Chef Matthias Müller spricht bei der EPA-Chefin vor

Washington/Wolfsburg · Das war wohl einer der wichtigsten Termine für VW seit dem Beginn des Abgas-Skandals: VW-Chef Matthias Müller hat sich in Washington mit EPA-Chefin Gina McCarthy getroffen.

 Die Bildkombo zeigt Matthias Müller, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, und die Leiterin der US-Umweltbehörde EPA, Gina McCarthy.

Die Bildkombo zeigt Matthias Müller, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, und die Leiterin der US-Umweltbehörde EPA, Gina McCarthy.

Foto: dpa, jst pzi fpt

Doch über den Verlauf des Gesprächs gab es nur spärliche Informationen, wenn auch im Vorfeld eine Einigung auf technische Lösungen nicht erwartet worden war. Der Abgas-Skandal ist für VW längst zu einer Dauer-Krise geworden. Wichtige Fragen und Antworten zur aktuellen Lage:

VW-Chef Müller war nach Washington gekommen, um mit der EPA-Chefin Lösungsvorschläge für das Diesel-Dilemma zu besprechen. Die EPA ist eine der beiden wichtigen US-Umweltbehörden im Abgas-Skandal, die andere heißt CARB. Seit Bekanntwerden der Manipulationen Mitte September war es das erste Treffen auf höchster Ebene zwischen VW und amerikanischen Staatsvertretern. In den vergangenen Wochen stand VW wiederholt in der Kritik, der Konzern spiele im Umgang mit den Aufsehern auf Zeit und habe die Dimension des Skandals verkannt.

Offiziell hielten sich beide Seiten sehr bedeckt. Volkswagen teilte mit, dass das Treffen stattgefunden habe. VW wisse zu schätzen, dass sich EPA-Chefin McCarthy die Zeit für ein Treffen mit Müller genommen habe. Volkswagen werde weiterhin in vollem Umfang mit den US-Behörden EPA und CARB zusammenarbeiten.

Nur einen Tag vor dem Treffen legten die Umweltbehörden noch einmal nach: "Volkswagen hat die Entscheidung getroffen, bei Abgas-Tests zu schummeln und hat dann versucht, das zu verstecken", sagte die Chefin der kalifornischen Umweltbehörde CARB, Mary Nichols. Am Dienstag hat ihr Amt Vorschläge von VW für eine Umrüstung der manipulierten Autos für ungenügend befunden, die EPA schloss sich an. Mehr noch: VW hat aus Sicht von CARB noch immer nicht dazugelernt. "Sie haben weitergemacht und haben die Lüge noch verschlimmert, und als sie erwischt wurden, haben sie versucht, es zu leugnen", wetterte die Behördenchefin.

Volkswagen sieht sich schon einen guten Schritt weiter: Die jüngste Mitteilung der Umweltbehörde CARB beziehe sich "auf die anfänglichen Rückrufpläne Volkswagens, die CARB im Dezember übermittelt wurden.
Seither hatte Volkswagen konstruktive Gespräche mit CARB". Dazu gehöre auch ein Treffen aus der vergangenen Woche über den Rahmen für eine Beseitigung der Abgas-Affäre.

In den Staaten nahm der Abgas-Skandal um weltweit rund elf Millionen manipulierte Diesel aus dem VW-Konzern seinen Lauf. US-Behörden wiesen nach, dass eine illegale und versteckte Motoren-Software Abgastests frisiert. In den USA sind fast 600.000 Fahrzeuge davon betroffen, die meisten - etwa 500.000 Autos - haben Motoren mit 2,0 Litern Hubraum, der Rest entfällt auf größere Sechszylinder mit 3,0 Litern Volumen. VW räumte die Vorwürfe ein. Hunderte Kunden klagen inzwischen. VW verhängte teilweise Verkaufsstopps. Vor rund einer Woche verklagten zudem die Vereinigten Staaten den Konzern.

Das US-Justizministerium wirft Volkswagen nicht nur vor, dass die illegale Software ein Betrug sei und Verstöße gegen Umweltgesetze bedeute. Das Ministerium behauptet auch, der Autobauer trickse und täusche bei der Aufarbeitung der Affäre. In der Klageschrift heißt es: "Die Bemühungen der Vereinigten Staaten, die Wahrheit über die Emissionsüberschreitungen und andere Ungereimtheiten zu erfahren (...), wurden behindert und gehemmt durch das Vorenthalten von Material und irreführende Informationen, die VW zur Verfügung gestellt hat." Damit wiegen die Vorwürfe umso schwerer. Denn es geht nicht nur darum, wer vor rund zehn Jahren die Verantwortung für den Einbau der Software trug und warum VW so lange nicht gegensteuerte. Die US-Behörden selbst fühlen sich von VW getäuscht.

Allein bei der Klage der USA gegen VW drohen theoretisch gut 45 Milliarden Dollar (41,8 Mrd Euro) Strafe - plus eine womöglich milliardenschwere Zahlung im Ermessen des Gerichtes. Experten halten das zwar für einen kaum realistischen Maximalwert. Aber allein die Summe zeigt, wie schwer das Thema in den USA wiegt. Hinzu kommen weitere Kosten für juristische Auseinandersetzungen. Und da sind auch noch die teuren Rückrufe.

In Deutschland ist die Sache so gut wie klar: Software-Updates und ein kleines Gitternetz für wenig Geld reichen aus, um die Behörden zufriedenzustellen. Anders in den USA: Dort drohen nicht nur aufwendige Nachbesserungen, mit denen die betroffenen Wagen zum Beispiel neue Katalysatoren erhalten könnten. Auch Rückkäufe sind denkbar, wie VW-Boss Matthias Müller schon einräumte. Dabei geht es um gut 100.000 der knapp 600.000 Wagen. Bei ihnen wäre eine Umrüstung unter Umständen zu aufwendig, zu teuer oder es würde zu lange dauern.

(felt/dpa)
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