VW-Abgas-Skandal Ex-VW-Chef provozierte das Desaster

Wolfsburg · Am Montag kommt der Aufsichtsrat von Volkswagen zu einer weiteren Krisensitzung zusammen. Einen Sachverhalt wird er nicht leugnen können: Die sehr ehrgeizigen Ziele von Ex-Chef Martin Winterkorn waren eine Mitursache der Krise.

 Martin Winterkorn musste als VW-Chef am 23. September zurücktreten. Er leitete den Konzern seit Anfang 2007.

Martin Winterkorn musste als VW-Chef am 23. September zurücktreten. Er leitete den Konzern seit Anfang 2007.

Foto: dpa, frg fdt

Was hat den Absturz von Deutschlands wichtigstem Konzern verursacht? Beim ersten Skandal, dem Manipulieren von giftigen Stickoxidwerten bei Motorentests war schon länger klar, dass Ex- Vorstandschef Martin Winterkorn indirekt Verantwortung trug.

Er drängte auf einen größeren Markterfolg von VW in den USA, also musste der Konzern auch bei diesem dort besonders wichtigen Wert hervorragend abschneiden - mittlerweile hat VW eingeräumt, dass weltweit elf Millionen Autos mehr Stickoxid emittieren, als die Kunden und Behörden gedacht hatten.

Auch beim neuen Skandal wegen höherer Werte für Kohlendioxid und damit auch höhere Verbrauchswerte von 800.000 Autos hängen die Tricks der VW-Ingenieure mit Winterkorns großen Plänen zusammen. Das Thema Elektromobilität trieb VW zwar viel zu langsam voran in den letzten Jahren, aber die Deutschen wollten wenigstens Vorbild beim Klimaschutz dank toller Motoren sein. Also kündigte er 2012 an, VW werde den CO2-Ausstoß bis 2015 um 30 Prozent senken.

Ingenieure haben jetzt aber bei internen Befragungen gegenüber der Konzernrevision angegeben, sie hätten genau diese Ziele von Winterkorn mit legalen Mitteln nicht erreichen können. Dies berichtet die "Bild am Sonntag" (BaS). Die "Wirtschaftswoche" hatte ähnliches schon vergangene Woche gemeldet.

VW-Techniker hatten laut BaS mit die Werte beispielsweise durch einen sehr hohen Reifendruck beim Test manipuliert. Daneben sei Diesel ins Motoröl gemischt worden, damit der Wagen leichter läuft und weniger Sprit verbraucht. Als Resultat ergaben die auch vom TÜV Nord durchgeführten Tests mindestens zehn Prozent bessere Ergebnisse als bei einem sauberen Verfahren. Das alles ist herausgekommen, weil ein Ingenieur freiwillig ausgepackt hat.

Heute wird der Aufsichtsrat den Ernst der Lage diskutieren. Laut "Süddeutscher Zeitung" haben US-Ermittler einem VW-Manager wegen des Dieselskandals den Pass abgenommen. So wollten sie offenbar verhindern, dass er sich einer Befragung oder strafrechtlichen Verfolgung entziehe.

In dem Bericht hieß es weiter, VW-Mitarbeiter zögerten nun, in die USA zu reisen. Eine noch im November geplante USA-Reise von Konzernchef Matthias Müller sei unwahrscheinlich geworden. "Reisen von VW-Mitarbeitern in die USA fanden und finden statt", sagt ein VW-Sprecher dagegen - was keineswegs bedeutet, dass auch der Chef bald über den Atlantik fliegt.

Der Skandal um manipulierte Abgaswerte bringt dabei Elektroantriebe noch stärker in den Blickpunkt. "Die modernsten und effizientesten Benziner und Diesel werden noch eine ganze Zeit gebraucht", sagte zwar Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Er ergänzte: "Gleichzeitig kommt es aber darauf an, die Elektromobilität, auch durch entsprechende Rahmenbedingungen, noch entschiedener voranzutreiben."

Der VDA hatte schon vor dem Skandal weitere Impulse gefordert, etwa steuerliche Anreize. Sonst sei das Ziel der Bundesregierung nicht erreichbar, bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutsche Straßen zu bringen. Der frühere CDU-Bundesverkehrsminister widersprach dem Vorwurf, zwischen der Branche und der Politik bestehe zu große Nähe. Es sei aber "selbstverständlich", dass auf die Branche mit fünf Millionen Jobs viel gehört werde.

(RP)
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