Made in Germany Wie deutsch sind deutsche Autos noch?

Düsseldorf (RP). Deutsche Wertarbeit kommt mittlerweile aus der ganzen Welt. Um im Wettbewerb zu bestehen, setzen Hersteller auf ihre Zulieferer - rund um den Erdball. Sonst wären Golf und Corsa unbezahlbar.

Wie viel Deutschland in deutschen Autos steckt
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Foto: Hersteller

Deutsche Autos sind mehr als nur motorisierte Transportmittel, die Passagiere von A nach B befördern. Denn BMW, Porsche, Mercedes und Co befördern mit ihren großen Namen vor allem Vorurteile - wie Gründlichkeit, Präzision und Qualität, die allgemein mit "Made in Germany" verbunden werden. Ein Ruf, dem die deutschen Marke zwar auch gerne gerecht werden, aber keines ihrer Modelle ist tatsächlich noch ein echtes Stück Deutschland.

Vielmehr sind Autos mittlerweile längst Multikulti-Mobile, in denen sich Werkstücke aus der ganzen Welt wieder finden. Allein die Liste der Zulieferer für einen Einser BMW liest sich wie der Reiseplan eines Globetrotters: Neben vielen deutschen Mittelständlern gehören dazu Firmen aus Schweden, Italien oder Frankreich, Spanien, Großbritannien, USA und Japan. Die wiederum engagieren Subunternehmen oder setzen auf Produktionsstätten in Rumänien, Ungarn, Tschechien, der Slowakei oder Polen.

Porsche "germanisches Aushängeschild"

So wird das "germanische Aushängeschild", der Porsche 911, etwa zu zwei Dritteln in Deutschland gefertigt - ein Porsche Cayenne nur zu etwa 35 Prozent. Bei BMW schwankt dies zwischen 25 Prozent für den Z4 bis zu "über die Hälfte" für die Einser-, Dreier- und Fünfer-Serie. Opel bewegt sich zwischen 20 (Agila) und 35 Prozent (Corsa), Volkswagen zwischen 35 Prozent für den Polo und 60 Prozent für den Passat.

VW-Edelschwester Audi erreicht bei dem in Ungarn produzierten Audi TT und dem in der Slowakei gefertigten SUV Q7 gerade mal die 30-Prozent-Marke. Beim A6 und A4 sind es dagegen 55 Prozent. Denn beide Modelle werden in Deutschland montiert. Und der Herstellungsort entscheidet am Ende mit über den Zuliefer-Anteil.

Für den Automarkt-Experten Ferdinand Dudenhöffer von der Fachhochschule Gelsenkirchen ist das keine Überraschung. "Die Hersteller sind im Welt-Automarkt unterwegs." Da müssten sie eben dort produzieren, wo auch ihre Kunden sitzen. Das hilft zudem, das Wechselkurs-Risiko zu minimieren. Und allein von den 3,4 Millionen in Deutschland verkauften Autos könnten die Hersteller nicht existieren. "Dafür werden global 55 Millionen Wagen verkauft", so Dudenhöffer weiter. Das macht die Welt zum eigentlichen Marktplatz.

Auch Mercedes weit vorn

In diesem Wettbewerb setzt Mercedes noch am ehesten auf deutsche Wertarbeit: A-, B-, C- und S-Klasse erreichen 65 Prozent. Doch "Deutschland ist ein Hochpreisland", erklärt Dudenhöffer den schwindenden deutschen Anteil an Autos "made in Germany".

Würde ein Golf, immerhin rund 20.000 Euro teuer, einschließlich aller Zulieferteile nur hier gebaut (der Anteil liegt bei 50 Prozent), wäre er um 25 Prozent teurer und würde dann etwa 25.000 Euro kosten. Ein Preis, zu dem das Wolfsburger Massen-Modell schlichtweg keine Chance mehr gegen die Konkurrenz von Toyota, Peugeot oder Kia hätte. Und für die meisten Autokäufer spielt es ohnehin keine Rolle, aus wie vielen Ländern die Bauteile kommen. Wichtiger sind Fahrfreude, Sicherheit, Preis und natürlich die Qualität.

Doch gerade die erweist sich angesichts der weltweit vernetzten Produktion als sehr empfindlich - und stellt die Hersteller nicht nur vor eine logistische Herausforderung: Die Zuliefer-Kette für das Auto über viele Firmen und ihre Satelliten bis zu den Fertigungsstätten ist nur so stark wie das schwächste Glied.

Werden an nur an einer Stelle Toleranz und Güte nicht erreicht, kratzt das am Image der gesamten Marke. Die Kosten für die Herstellung des Autos mögen zwar sinken, doch der Aufwand für Testverfahren zur Qualitätssicherung steigt. Das Netz des globalen Qualitätsmanagements wird darum bald genauso weit reichen wie das der Zulieferer. Und es wird zukünftig weiter wachsen. Denn längst stehen Russland und China in den Startlöchern, um den mittlerweile fast schon klassischen Outsourcing-Ländern Osteuropas den Rang abzulaufen-einfach, weil sie billiger sind.

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