Das Mauerfall-Auto Wie ein 1946er-Käfer von Ost nach West kam

Fuldatal · Das vielleicht erste nach dem Mauerfall vor 25 Jahren vom Osten in den Westen verkaufte Auto fährt schon längst nicht mehr. Es steht als Denkmal in einem hessischen Garten. Geht der Wagen - übrigens kein Trabi und auch kein Wartburg - ein letztes Mal auf die Reise?

Dieser Uralt-Käfer ist das Mauerfall-Auto
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Foto: dpa, cch rho

Beinahe märchenhaft schimmert es weiß-rot durch die Tannen im nordhessischen Fuldatal. Es ist ein verrosteter VW Käfer - und zwar ein ganz besonderer. "Das war das erste Auto, das nach dem Mauerfall 1989 von Ost nach West den Besitzer gewechselt hat", glaubt Otto Weymann.

Einen Nachweis, dass es wirklich das erste Auto war, gibt es freilich nicht. Trotzdem ist die Geschichte plausibel: Der 77-Jährige hat den Wagen nach eigenen Worten wenige Stunden nach der Maueröffnung von zwei Sachsen gekauft.

"Ich saß am 9. November vor dem Fernseher und habe die Nachrichten geschaut", erinnert sich der pensionierte Gold- und Silberschmiedemeister. Da habe ihn ein Bekannter angerufen, der gewusst habe, dass Weymann Käfer-Sammler ist. Und von dem besonderen Auto erzählt. Nachts um halb zwölf habe er den Wagen dann gekauft, für 1000 D-Mark habe er zugeschlagen. "Die brauchten Geld und haben mir ihren Wagen günstig angeboten. Da habe ich zugegriffen."

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Doch wie kam der damals im Osten extrem seltene Wagen überhaupt in die DDR? "Der Wagen ist Baujahr '46", sagt Weymann. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg seien Käfer in beiden Zonen sehr begehrt gewesen.
"Der ist an die sowjetische Militärverwaltung in Ostberlin geliefert worden." Von dort sei er in ostdeutschen Regierungsbesitz gekommen - und schließlich in Privathand.

"Der Wagen war total verschlissen. Die beiden Jungs brauchten Geld. 20 000 Ost-Mark tauschten sie in 2000 Westmark, von mir bekamen sie dann noch mal 1000 für den Käfer", erzählt Weymann. Er ließ die beiden noch bei sich übernachten, ehe sie loszogen und von den 3000 Mark einen gebrauchten Lada kauften. "Das war ja der Mercedes der DDR."

Zwei Jahre fuhr Weymann den Käfer - DDR-Kennzeichen inklusive. "Hier war ich der Ossi in der Stadt. Ich habe nie einen Strafzettel bekommen. Ein Ossi wurde nicht aufgeschrieben", sagt er lachend.

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Am 13. August 1991, zum 30. Jahrestag des Mauerbaus, wurde der Mauerfall-Käfer zum Kunstobjekt - und zwar in Weymanns Garten. Er pflanzte zwei Eichen direkt vor und hinter den Wagen - eine aus dem Osten, die andere aus dem Westen. "Eine Wegfahrsperre", meint er augenzwinkernd.

Seitdem parkt der Volkswagen umgeben von hohen Tannen zwischen den Beeten. Die Stoßstange ist bereits Teil eines Baumes, die Motorklappe aufgedrückt, das Heckfenster herausgesprungen. Der ehemals weiße Lack ist mittlerweile kaum noch zu erkennen, das Auto ist moosgrün, die Räder platt und eingesunken.

So wurde der Käfer zu einem kleinen Denkmal deutsch-deutscher Geschichte, versteckt in einem Garten in Fuldatal-Simmershausen. Geht es nach Weymann, soll der Wagen noch einmal eine große Reise machen.

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Weymann will das Fahrzeug dem Mauermuseum in Berlin schenken. Allerdings ist noch nicht geklärt, wie das Auto nach Berlin kommen könnte. "Ich bin zu alt um es abzubauen und zu transportieren."

(dpa)
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