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Mobile Zukunft Wohin das Auto von morgen steuert

Düsseldorf (RPO). Die Auto-Landschaft befindet sich weltweit im Umbruch. Große Konzerne stehen vor tiefen Einschnitten. Ganze Marken verschwinden vom Markt. Alternative Antriebe machen ungewohnt große Schlagzeilen. Wohin steuert das Auto der Zukunft?

So sieht unsere Auto-Zukunft aus
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Fast alle Experten sind sich einig: Das vielbeschworene Elektroauto steckt noch in den Kinderschuhen. Ausgerechnet in der Krise fehlt großen Autobauern das Geld für die nötigen Investitionen. "Die erforderlichen Milliarden-Investitionen werden gestreckt", erklärt Auto-Experte Stefan Bratzel von der FH Bergisch Gladbach. Daimler fährt zwar Flottenversuche mit dem Elektro-Smart und zeigt auf den Messen der Welt stolz seine Elektrostudie Bluezero. Auf der anderen Seite muss der Konzern einen Verlust von 1,3 Milliarden Euro im ersten Quartal verkraften und kürzt seiner Belegschaft den Lohn, um zu überleben.

Beim zweiten deutschen Riesen BMW sieht die Lage nicht viel rosiger aus. In regelmäßigen Abständen kursieren die Gerüchte von einer nicht fernen Kooperation mit Daimler, um Kosten zu sparen. Wie intensiv kann vor solchem Hintergrund das Projekt Mini-E vorangetrieben werden? "Eigentlich haben Elektroautos gerade einen Schub bekommen. Doch weil die Krise im Grunde jeden Hersteller trifft, werden sie im großen Stil erst in 10 bis 15 Jahren kommen", erwartet erwartet Bratzel große Zeitverschiebungen und ergänzt: "Nur größere Stückzahlen ermöglichen günstigere Preise."

Wie der Experte weiter erläutert, ist ein Elektroauto nicht einfach nur der Einsatz eines Motors, "sondern ein konzeptionell völlig anderes Fahrzeug, kleiner, leichter und womöglich auch mit geringeren Sicherheitsstandards." Ein offenes Geheimnis ist, dass die Batterie zu den Schwachstellen aller Elektroautos gehört. Nur mit immensen Summen können die Hersteller an einer Weiterentwicklung der Reichweite von Lithium-Ionen-Batterien forschen. Geld, dass ausgerechnet jetzt nicht zur Verfügung steht.

Wackelt der Ampera?

Nächster Fall: Der Opel Ampera. Viel Getöse machten die Rüsselsheimer um ihren Stromer zu Jahresbeginn. Mal abwarten, was von den hochfliegenden Plänen übrig bleibt. Erstens muss die Krise erstens überhaupt durchstanden werden. Zweitens gerät der krisengeschüttelte US-Mutterkonzern General Motors möglicherweise selbst mit seinem Schwestermodell Chevrolet Volt in Verzug.

Und überhaupt: Wie eng sind dann die Beziehungen von Opel und GM noch? "Da kann nur spekuliert werden. Allein kann Opel die Milliarden-Investitionen sicher nicht aufbringen", ist Auto-Experte Bratzel sicher. Vielleicht konzentriert sich GM um der besseren Optik willen nun auf sein neues Elektro-Spielzeug. Auf der Messe in New York hat der angeschlagene US-Hersteller das erste Auto auf zwei Rädern vorgestellt, das gemeinsam Segway entwickelt wird.

Gleichzeitig verhindert die Krise, dass Kleinserien-Hersteller wie Mindset aus der Schweiz oder Think aus Norwegen an den Großen vorbeiziehen. Nicht einmal Leichtbau-Hersteller Loremo hat mit seinem Zwei-Liter-Diesel derzeit eine Chance: Leider sei die Einführung um zwei Jahre auf 2011 verschoben, heißt es im westfälischen Marl.

Mitsubishi weit vorn

Ungeachtet der Krise hat derweil Mitsubishi sein Elektro-Kleinwagen i-MiEV zur Serienreife vorangetrieben. "Sie haben über Jahre stark darauf gesetzt", glaubt Bratzel an einen strategischen Vorteil der Japaner. Er hat nebenbei aus sicherer Quelle erfahren, dass die Japaner den "miefigen" Namen für den deutschen Markt ändern werden. Und die Chinesen? Sie werden nach Ansicht des Auto-Professors beim Elektro-Auto gehörig unterschätzt: Was BYD (Build Your Dream) in Schanghai hingestellt habe, sei durchaus respektabel gewesen.

All das ändert nichts daran, dass hinter dem Elektroauto zumindest gegenwärtig noch viele Fragezeichen stehen. Was kommt alternativ in Betracht? Hybrid-Autos? City-Cars?

Toyota und Honda streiten auf dem Hybrid-Markt seit Jahren um die Vorherrschaft. Mit dem Insight zum Preis von unter 20.000 Euro hat Honda jüngst eine neue Preisrunde im Kompaktsegment im Kampf der kombinierten Benziner-Elektro-Motoren gegen den Toyota Prius eingeläutet. Nun ist Daimler mit seinem S400 Hybrid in der Luxusklasse in diesen Sektor eingedrungen. Volumenmodelle sind es allesamt nicht und werden es in Europa laut Bratzel wohl auch nicht werden: "Eine ernstzunehmende Rolle spielen die Hybrid-Fahrzeuge in den USA, wo der Diesel weniger stark ist."

Winzlinge teurer als Kleinwagen

Bei den Citycars teilt sich der Weltmarkt seit kurzen neu auf: In Indien hat Tata im April mit dem Nano für umgerechnet 1700 Euro das billigste Auto der Welt in den Handel gebracht. Der dortige Verkauf leidet aber genauso unter der Wirtschaftskrise. Der Smart oder der neue Toyota iQ zielen auf die Mobilitätsprobleme der Innenstädte. Aufgrund ihrer Technik sind die Winzlinge teurer als Kleinwagen.

Die Einsicht, dass es auch eine Nummer kleiner und anspruchsloser geht, habe sich auf alle Fälle durchgesetzt, sagt Bratzel. Dass sich automobile Landschaft wandelt, lässt sich nicht nur am Kleinwagen-Boom dank der Abwrackprämie erkennen, sondern auch an Versuchsprojekten wie Car2Go in Ulm. Dort stehen 200 Smart an Mietstationen bereit. 5000 Anmeldungen liegen vor. Abgerechnet wird nach einem Zeittarif.

"Neu erfinden"

Für Stefan Bratzel steht fest: "Die Mobilität muss sich über kurz oder lang ganz neu erfinden." In unserer Gesellschaft gebe es immer weniger Argumente für ein neues Auto. Das werde die gesamte Automobil-Industrie eines Tag sowieso auf den Kopf stellen. Autofahrer wiederum interessierten bei aller Technik-Verliebtheit zu 70 Prozent sowieso nur folgende Fragen: "Wie viel muss ich für das Auto ausgeben? Und was kostet das Tanken?"

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