40 Jahre Volkswagen Scirocco Ein Wolfsburger Meilenstein

Köln · Er war der warme Wüstenwind, wie ihn Wolfsburg dringend brauchte im wirtschaftlich eisigen Winter des Jahres 1974. Der Volkswagen Scirocco wurde nicht nur ein Bestseller bei den damals überaus populären kompakten Coupés. Der Sportler war auch Vorbote des Golf und leitete als erste Wolfsburger Eigenentwicklung mit Frontantrieb die Erneuerung des VW-Programms ein.

40 Jahre Volkswagen Scirocco
11 Bilder

40 Jahre Volkswagen Scirocco

11 Bilder

Nach den Vorboten K 70, einer NSU-Entwicklung und Passat, dem Parallelmodell zum Audi 80, war das Sportcoupé Scirocco vor 40 Jahren die erste Eigenentwicklung im neuen Kapitel der Volkswagen-Historie. Ein Markstein, der Presse und Publikum bei der Premierenparty auf dem Genfer Salon völlig verblüffte. Hatte damals doch kaum jemand damit gerechnet, dass VW vor dem Golf eine sportliche Rakete als Ouvertüre für das moderne Modellfeuerwerk zünden würde.

Der Scirocco bot bereits die Genialität des ersten Golf, diese jedoch in eleganterem Gewand. Wie beim Golf geschneidert von Giorgio Giugiaro, aber gebaut bei Karmann — schließlich wurde der Scirocco zum Kronprinz des zwei Jahrzehnte lang gebauten Karmann Ghia gekürt.

Dieser wiederum galt als Urvater aller deutschen Traumcoupés fürs Volk, kombinierte er doch billige Käfer-Technik mit formaler Extravaganz. Ein großes Erbe, das der Scirocco jedoch übernahm, ganz so wie der Golf wenige Monate später die Nachfolge des Käfers antrat. Die Absatzzahlen des Karmann Ghia konnte der Scirocco sogar deutlich übertreffen.

Der Scirocco brach nicht nur mit der Luftkühlungs-Heckmotor-Tradition des VW-Konzerns, er verabschiedete sich auch vom einfachen Starrachs-Layout mit Hinterradantrieb nach Opel- oder Ford-Vorbild. Stattdessen setzte er auf moderne Features wie Quermotor, Vorderradantrieb und vordere Einzelradaufhängung sowie eine hintere Verbundlenkerachse. Merkmal dieser Hinterachskonstruktion ist ein tiefliegender Querträger, der die Innenraum- und Gepäckraumgröße kaum beeinträchtigt.

So bot der Scirocco auf gerade einmal 3,85 Meter Länge (50 Zentimeter kürzer als die deutschen Konkurrenten) und 2,40 Meter Radstand erstaunlich viel Platz für vier Passagiere, dazu für das Gepäck eine praktische Heckklappe. Auch formal war der Scirocco eine Überraschung, hatte Designer Giorgio Giugiaro doch auf die sonst so zeittypische extralange Motorhaube als Symbol von Männlichkeit und PS-Stärke verzichtet.

Pragmatisch, preiswert und dennoch erstaunlich flott präsentierten sich die Maschinen, die unter der kurzen Motorhaube des von 1974 bis 1981 bei Karmann gebauten Coupés arbeiteten. Die Basis bildete ein gerade einmal 37 kW/50 PS leistender 1,1-Liter-Vierzylinder, der das nur 750 Kilogramm wiegende Fliegengewicht immerhin in 18 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 befördern konnte.

Zum Vergleich: Der Ford Capri II war in der Basis fünf PS stärker, benötigte aber fünf Sekunden mehr, brachte aber auch 1.010 Kilogramm auf die Waage. Die Vmax von 144 km/h war zwar bei der Vorstellung des Volkswagens irrelevant — es galt noch das Ölkrisenlimit von 100 km/h — aber für ein Sportcoupé so imageschädlich, dass die meisten Käufer ebenso wie bei der Konkurrenz stärkere Triebwerke bevorzugten. Dabei war der neu konstruierte Vierzylinder mit modernem Querstromzylinderkopf ein Meilenstein im VW-Modellprogramm als erste innovative Eigenentwicklung der VW-Techniker.

Sportlich und dennoch preiswert war der erste Scirocco und auch italienische Designattribute fehlten nicht. Dafür am Ende aber Emotionen, so wie sie technisch biedere Coupés à la Capri durch großvolumige Sechszylinder, lange Motorhaube und angedeuteten Hüftschwung kommunizierten.

Ein Defizit, an dem der Scirocco trotz verschiedener Modellpflegemaßnahmen mit motorischer Aufrüstung beständig litt. Nicht einmal erfolgreiche Motorsporteinsätze bei einem neuen geschaffenen Markenpokal konnten daran etwas ändern. Ein Kultstatus, wie ihn Capri und Manta besaßen, blieb dem in Osnabrück gebauten Wolfsburger jedoch bis zum Schluss verwehrt.

Sogar als Youngtimer erlangte der Scirocco erst Liebhaberstatus als die Verschrotter die Bestandszahlen bereits auf ein Minimum reduziert hatten. Vielleicht war der erste Scirocco einfach zu sehr Golf, und damit zu perfekt für die Welt der jungen Wilden.

Technische Daten wichtiger Typen:

Volkswagen Scirocco (1974-1979) mit 1,1-Liter-(37 kW/50 PS)-Vierzylinder-Benziner
Volkswagen Scirocco (1974-1975) mit 1,5-Liter-(51 kW/70 PS)-Vierzylinder-Benziner
Volkswagen Scirocco (1974-1975) mit 1,5-Liter-(63 kW/85 PS)-Vierzylinder-Benziner
Volkswagen Scirocco (1975-1977) mit 1,6-Liter-(55 kW/75 PS)-Vierzylinder-Benziner
Volkswagen Scirocco (1975-1976) mit 1,6-Liter-(63 kW/85 PS)-Vierzylinder-Benziner
Volkswagen Scirocco (1979-1981) mit 1,3-Liter-(44 kW/60 PS)-Vierzylinder-Benziner
Volkswagen Scirocco (1977-1981) mit 1,5-Liter-(51 kW/70 PS)-Vierzylinder-Benziner
Volkswagen Scirocco (1978-1981) mit 1,6-Liter-(63 kW/85 PS)-Vierzylinder-Benziner
Volkswagen Scirocco GTI (1976-1981) mit 1,6-Liter-(81 kW/110 PS)-Vierzylinder-Benziner

Preise:

Volkswagen Scirocco L, 50 PS (1974) ab 9.995Mark
Volkswagen Scirocco TS, 85 PS (1974) ab 11.785 Mark
Volkswagen Scirocco L, 50 PS (1974) ab 10.040 Mark
Volkswagen Scirocco LS, 70 PS (1974) ab 10.400 Mark
Volkswagen Scirocco TS, 85 PS (1974) ab 11.020 Mark
Volkswagen Scirocco L, 50 PS (1975) ab 12.225 Mark
Volkswagen Scirocco LS, 75 PS (1975) ab 12.650 Mark
Volkswagen Scirocco TS, 85 PS (1975) ab 13.360 Mark
Volkswagen Scirocco GTI, 110 PS (1976) ab 16.125 Mark
Volkswagen Scirocco L, 50 PS (1978) ab 14.020 Mark
Volkswagen Scirocco LS, 70 PS (1978) ab 15.000 Mark
Volkswagen Scirocco GT, 85 PS (1978) ab 15.520 Mark
Volkswagen Scirocco GTI, 110 PS (1978) ab 17.600 Mark
Volkswagen Scirocco L, 60 PS (1980) ab 14.680 Mark
Volkswagen Scirocco LS, 70 PS (1980) ab 15.250 Mark
Volkswagen Scirocco GT, 85 PS (1980) ab 16.870 Mark
Volkswagen Scirocco GTI, 110 PS (1980) ab 19.430 Mark

("")
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort