Mehr Saft im Auto Was bringt eigentlich das 48-Volt-Bordnetz?

Düsseldorf · Die Bordspannung eines Autos liegt bei 12 Volt. Immer mehr Hersteller installieren ein zweites Netz mit 48 Volt ins Auto. Was bringt das?

 Immer mehr elektrische Verbraucher in Personenwagen bringen das 12-Volt-Bordnetz an seine Grenzen. Die Hersteller steuern gegen und binden einzelne Bauteile in ein eigenes Netz mit 48 Volt ein.

Immer mehr elektrische Verbraucher in Personenwagen bringen das 12-Volt-Bordnetz an seine Grenzen. Die Hersteller steuern gegen und binden einzelne Bauteile in ein eigenes Netz mit 48 Volt ein.

Foto: dpa, tsn

Wie Teelichter hinter Glas wirkten früher die 6-Volt-Scheinwerfer. Beim VW Export-Käfer kam ab 1967 statt der schwachen 6-Volt-Anlage eine Bordspannung mit 12 Volt zum Einsatz. Auch, damit bei Kälte der Anlasser kräftig drehen konnte.

Autos liefen früher hauptsächlich mechanisch, Strom wurde wenig benötigt. Heute ziehen elektrische Verbraucher wie Sitzheizung, elektrische Fensterheber sowie Assistenzsysteme, Komfort- und Sicherheitseinrichtungen jede Menge Strom aus der Batterie. In einem 12-V-Bordnetz müssen immer höhere Ströme fließen. Damit das Bordnetz nicht in die Knie geht, installieren Hersteller ein zweites, stärkeres Netz im Auto - mit 48 Volt.

Eine höhere Spannung ermöglicht mehr Leistung im Fahrzeug. "Die 48-Volt-Technologie lässt sich mit wenig Aufwand in die Architektur konventionell angetriebener Fahrzeuge integrieren und bietet Funktionen, die bisher nur bei den Hochvolt-Hybridsystemen mit 300 bis 400 Volt zu finden sind", sagt Bernhard Klein, Leiter Entwicklung und elektrische Fahrzeuge beim Zulieferer Continental.

Dazu zählt er das Abschalten des Verbrennungsmotors während der Fahrt (Segeln), einen sehr schnellen Motorstart und eine effiziente Bremsenergie-Rückgewinnung (Rekuperation). "Ein 48-Volt-Hybridsystem bietet die beste Möglichkeit der Verbrauchs- und CO2-Reduzierung zu überschaubaren Kosten." Die Spritersparnis liege im Normverbrauch bei rund 13 Prozent, im realen Stadtverkehr bei rund 21 Prozent.

Das lässt Autohersteller aufhorchen. Zusätzlich ermöglicht eine höhere Spannung, den steigenden elektrischen Bedarf moderner Autos zu decken. Audi installiert beim SUV SQ7 TDI ein 48-Volt-Teilbordnetz.

Das treibt den elektrisch aufgeladen Verdichter - eine Art Turbolader - und die elektromechanische aktive Wankstabilisierung an. Auch Hybride, also Autos mit einem zusätzlichen Elektromotor, setzen auf die zweite Spannung. Dadurch wird der Motor einfacher gestartet, die zurückfließende Energie kann leichter gespeichert werden.

Mit elektromechanischen Rotationsdämpfern lässt sich sogar Energie aus den Dämpfern ziehen und in die 48-Volt-Speicher speisen - um sie später wieder im elektrischen Antrieb zu nutzen.

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Auch Mercedes setzt bei seinen neu entwickelten Fahrzeugen und Motoren auf mehr Spannung. "Das 48-Volt-Bordnetz bietet dank seiner hohen Leistung viele Vorteile, darunter Verbrauchs- und CO2-Einsparung, Komfortverbesserung und mehr Fahrspaß", sagt Michael Weber, Abteilungsleiter Bordnetz und elektromagnetische Verträglichkeit bei Mercedes.

So arbeitet in einem neuen Sechszylinder-Ottomotor ein integrierter Startergenerator mit 48 Volt, der das ganze Auto versorgt. Außerdem speist er Verbraucher wie den elektrischen Kältemittelverdichter, einen Zusatzverdichter für den Turbolader, die Wasserpumpe und den Spannungswandler.

Vorteil: Die Aggregate benötigen keinen Riemenantrieb und müssen nicht mehr direkt vor dem Motor positioniert werden. Das reduziert die Baulänge des Motors und spart Gewicht. Bei der sogenannten Boost-Funktion unterstützt der Startergenerator den Benziner - das Auto fährt teilelektrisch. Auch elektrische Wankstabilisierung und elektrische Lenkungen lassen sich mit 48-Volt einfacher realisieren.

"Grundsätzlich sind alle Verbraucher mit sehr hoher Leistung prädestiniert für das 48-Volt-Bordnetz", sagt Weber. Denn der Vorteil liege nicht alleine in der höheren Spannung, sondern auch in den Kabeln. Durch geringere Leitungsquerschnitte entstehen geringere Wärmeentwicklung und weniger Verluste.

Dazu kommen geringere Ströme und weniger Bauraumbedarf für Kabel. Durch die 48-Volt-Kabel kann bei gleichem Leitungsquerschnitt viermal so viel Leistung transportiert werden wie durch 12-Volt-Kabel.

Dadurch sinke auch das Fahrzeuggewicht. Neben der vierfachen Leistung spielt der Einsatz der Lithium-Ionen-Batterie eine Rolle. Bei einem 48-Volt-Netz und einer spezielle Batterie lässt sich mehr Strom rekuperieren als bisher.

Auch BMW setzt künftig auf das 48-Volt-Bordnetz. Denkbar sind elektrisch angesteuerte Turbolader, Vorklimatisierung, elektrische Anfahrhilfen und erweiterte Segelfunktionen des Motors.

"48 Volt stellt einen guten Kompromiss zwischen ausreichender Energieversorgung und vertretbarem Aufwand und Risiko dar", sagt ein Sprecher. Das Netz biete sich in Oberklassefahrzeugen mit hohem Leistungsbedarf und im Kleinwagensegment für Einsparpotenziale an.

Doch nicht alle elektrischen Verbraucher werden künftig auf die höhere Spannung umgerüstet. Der Hauptgrund liege unter anderem an der Verfügbarkeit der Komponenten, die entweder ausschließlich für 12 Volt ausgelegt oder aber als 48-Volt-Variante noch teurer sind, sagt Weber. Außerdem benötigen viele elektrische Verbraucher wenig Leistung und sind somit im 12-Volt-Bordnetz gut aufgehoben.

Bei normalen Halogenlampen würde bei einer 48-Volt-Auslegung der Draht sehr dünn werden und damit nicht die erforderliche mechanische Festigkeit aufweisen. Bei jeder Komponente prüfen die Mercedes-Ingenieure, welche Bordspannung am sinnvollsten ist.

"Darum wird es auch zukünftig ein 12-Volt-Bordnetz geben, aus dem sich die Verbraucher mit kleinerer Leistung versorgen können", sagt Weber. Das gelte übrigens für alle Autos. Auch für die nächste Generation von Elektrofahrzeugen.

(csr/dpa)
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