Bald Pflicht in Europa So kontrollieren Sie den Reifendruck

Düsseldorf (RPO). Direkt, indirekt, nachgerüstet oder ab Werk -­ Systeme zur Kontrolle des Reifendrucks helfen, Unfälle zu vermeiden und die Umwelt zu schonen. Bald sind sie Pflicht in Europa.

Sehr unschön: Ein Platten sorgt für Verdruß.

Sehr unschön: Ein Platten sorgt für Verdruß.

Foto: ddp

Die politische Vorgabe ist bereits definiert: Ab 2012 will die Europäische Union für alle Neufahrzeuge das eingebaute Reifendruck-Kontrollsystem zur Pflicht machen. Bis dahin soll auch definiert werden, welche Systeme technisch nötig und möglich sind.

Der TÜV Süd hat dazu schon jetzt eine klare Meinung: "Solche Systeme bringen mehr Sicherheit und schonen zusätzlich die Umwelt”, sagt Pressesprecher Frank Volk. Wie sie funktionieren, welche unterschiedlichen Methoden es gibt und wie man schon jetzt mit dem richtigen Reifendruck sicher unterwegs ist, dazu hat er eine Menge wichtiger Tipps zusammengestellt.

Direkte Messung

Technisch wird zwischen zwei Möglichkeiten unterschieden, den Luftdruck zu kontrollieren. Direkt messende Systeme haben Druck- und Temperatursensoren, die im Reifeninneren an der Felge befestigt sind. Per Funk werden die jeweils aktuellen Messwerte in bestimmten Zeitabständen an ein Steuergerät gesendet. Bei Unterschreitung der festgelegten Warngrenze leuchtet eine Kontrolllampe in der Armaturentafel auf.

Eindeutiger Vorteil: Direkt messende Systeme erkennen nicht nur einen schnellen Druckverlust, sondern auch den so genannten Diffusionsverlust. Selbst wenn der Luftdruck langsam und in mehreren Reifen gleichzeitig schwindet, alarmieren die Sensoren bereits sehr früh. Außerdem können sie einen absoluten Druckwert anzeigen.

Nachteil: Direkt messende Systeme sind mit bis zu 300 Euro pro Fahrzeug eine recht teure Anschaffung. Hinzu kommen die Kosten für den Einbau in der Fachwerkstatt (wenn das System nicht vom Hersteller serienmäßig eingebaut ist) ­ und ein zusätzlicher Satz Sensoren für die Winterreifen auf eigenen Felgen. Diese Messinstrumente halten nämlich einen regelmäßigen Wechsel mit den Reifen nicht aus.

Indirektes System

Indirekt messende Systeme der ersten Generation vergleichen die Raddrehzahlen über die Sensoren des Antiblockiersystems (ABS) ­ neuere Systeme nutzen zusätzlich die Signale von anderen Sensoren des Fahrzeuges, zum Beispiel die Schwingungsfrequenzen der Reifen oder akustische Beschleunigungssignale. Hat ein Rad weniger Luft, kann das System dies aus den genannten Parametern analysieren und schlägt Alarm. Solche Systeme werden meistens ab Werk angeboten ­ und erfordern eine Erweiterung der Software. Die Luftdruckwarnschwelle liegt üblicherweise bei 25 Prozent Druckverlust, und dabei wird genau angezeigt, welchem Reifen die Puste fehlt.

Egal, welches System ­ es entbindet den Fahrer natürlich nicht davon, den Luftdruck regelmäßig zu prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Die kostengünstigste Art: spezielle Ventilkappen, die von außen erkennbar durch einen Farbwechsel den Druckverlust signalisieren. Sie sind schon ab acht Euro zu haben. Nachteil: Tritt der Luftverlust unterwegs auf, merkt das der Fahrer erst beim nächsten Halt.

Ohne System

Gibt es im Fahrzeug noch kein Luftdruck-Kontrollsystem, gilt die Erinnerung an den Fahrschul-Unterricht: Egal wie lange es her ist, schon damals hat der Fahrlehrer empfohlen, den Reifendruck mindestens einmal pro Monat zu kontrollieren. Weil auch mit der langsam entweichenden Luft jede Menge Geld verpufft: Mehr als fünf Milliarden Liter Kraftstoff im Wert von sieben Milliarden Euro pusten Europas Autofahrer jährlich in die Luft, weil sie davon zu wenig in den Reifen haben. Das liegt am drastisch steigenden Rollwiderstand. Er macht immerhin 18 bis 26 Prozent des Energiebedarfs aus. Außerdem erhöht sich der Reifenverschleiß bei deutlichem Unterdruck stark.

Klare Hinweise

Erst lesen, dann pumpen: Die Betriebsanleitung und (viel besser) ein Aufkleber an der Innenseite von Tankklappe oder Tür nennen den vom Autohersteller festgelegten Fülldruck. Weil fast alle Autos mit verschiedenen Reifengrößen gefahren werden dürfen, gibt es oft auch unterschiedliche Werte für die einzelnen Dimensionen. Darauf muss der Autofahrer achten. Einige wenige Autohersteller geben den Druck physikalisch korrekt in der ungewohnten Einheit Kilopascal (kPa) an. Die Umrechnung in das gebräuchliche Bar ist einfach: 100 kPa entsprechen einem Bar.

Dabei gilt an der Luftsäule der Tankstelle: Lieber etwas mehr, als zu wenig. Die Vorgaben der Autohersteller sollten auf keinen Fall unterschritten werden. Schon 0,2 Bar zu geringer Druck schluckt im Stadtverkehr bis zu fünf Prozent Sprit. 0,5 Bar können einen Liter pro 100 Kilometer kosten und zudem die Sicherheit bei höheren Geschwindigkeiten gefährden.

Die empfohlenen Werte der Autohersteller sind aber zumeist ein "Komfortluftdruck”. 0,2 bis 0,3 Bar mehr schaden keinesfalls. Sehr viel höhere Werte allerdings beeinflussen die Fahreigenschaften negativ und verschleißen die Reifen ungleichmäßig.

Cool checken

Alle Reifendruckwerte gelten immer für kalte Reifen. Schon Fahrten unter zehn Kilometer erwärmen die Pneus. Deshalb darf dann keinesfalls Luft abgelassen werden, sondern es sollte eher ein etwas höherer Wert als in der Herstellerinformation empfohlen eingestellt werden (0,1 ­ 0,3 bar).

Wer sein Auto regelmäßig bis an die zugelassene Grenze belädt oder sämtliche Sitzplätze für eine längere Strecke ausnutzt, muss den entsprechend Reifendruck erhöhen. Danach das Absenken auf Normaldruck bei kalten Reifen nicht vergessen!

Luft oder Gas?

Werkstätten bieten mitunter spezielle Reifenfüllgase an und versprechen dabei auch physikalisch nicht nachvollziehbare Vorteile. Das Geld kann der Autofahrer sparen. Die Reifenindustrie und FRank Volk vom TÜV Süd sind der Meinung, dass Luft völlig ausreicht. Beim Erhöhen des Luftdrucks zur Volllast-Angleichung steht an der Tankstelle ohnehin nur Luft zur Verfügung.

Ein wichtiger Hinweis zum Schluss: Bitte nach dem Messen das Schrauben nicht vergessen. Denn Ventilkappen sind keineswegs eine Zierde. Sie dichten das Ventil zusätzlich ab und schützen vor Schmutz. Der wiederum kann die Funktion des Ventils empfindlich stören ­ und einen Luftverlust verursachen.

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