Absicherung gegen steigende Zinsen

Niedrige Zinsen machen die eigenen vier Wände so attraktiv wie nie. Doch Vorsicht ist geboten: Wer heute ein Darlehen aufnimmt, sollte an einen möglichen Zinsanstieg denken - und entsprechend vorbeugen.

Rekordverdächtig niedrige Zinsen machen den Traum von den eigenen vier Wänden so greifbar wie nie. Anfang der 1980er Jahre mussten Bauherrn bei einer Zinsbindung von zehn Jahren noch bis zu zehn Prozent Zinsen zahlen. Seitdem ging es deutlich bergab: Laut der Finanzberatung FMH lag dieser Wert zuletzt bei durchschnittlich nur noch 2,16 Prozent.

Doch Vorsicht ist geboten: "Seit 1984 sind die Zinsen beständig mit Schwankungen nach unten gegangen. Es besteht aber keine historische Notwendigkeit, dass das so bleibt", mahnt Martin Weber von der Universität Mannheim. Das heißt, die niedrigen Zinsen sind nicht in Stein gemeißelt.

Eine Anschlussfinanzierung nach dem ersten Vertrag könnte nur zu deutlich höheren Zinsen möglich sein, warnt Weber. Das schlägt sich in einer höheren monatlichen Rate nieder und führt unter Umständen zu Löchern in der Haushaltskasse. "Im schlimmsten Fall kann die neue Rate nicht erbracht werden." Das könne sogar den Verkauf der Immobilie zur Folge haben.

Eine Beispielrechnung Webers für ein Annuitätendarlehen mit zehn Jahren Zinsbindung verdeutlicht das Problem: Bei einem Darlehen von 300 000 Euro sind bei zwei Prozent Zinsen anfangs 500 Euro Zins je Monat fällig. Wird dazu eine Tilgung von einem Prozent gewählt, wären bei Laufzeitende noch rund 270 000 Euro Restschuld vorhanden. "Ist der Zinssatz für die Anschlussfinanzierung dann bei fünf Prozent, muss der Bauherr dann 1125 Euro Zins im Monat zahlen", rechnet Weber vor. Mehr als doppelt so viel wie zuvor. Und dabei wird noch nichts von dem Darlehen getilgt.

Ein Tipp: Die Tilgung sollte im jetzigen Zinsumfeld so hoch wie möglich angesetzt werden, rät Weber. Das reduziert die Restschuld. Eine zweite Möglichkeit ist eine längere Zinsbindung. Zwar steigt der Zinssatz dadurch, ist aber länger gesichert. Bei der aktuellen Niedrigzins-Phase sind die Unterschiede ohnehin nicht so stark: Laut FMH-Index betragen die Hypotheken-Zinsen bei fünf Jahren Zinsbindung im Schnitt 1,56 Prozent, bei 15 Jahren 2,71 Prozent.

Läuft ein erstes Darlehen in Kürze aus, können sich Bauherren mit einem Forward-Darlehen einen gewissen Zinsatz sichern. "Bei dieser Finanzierungsform schließen sie vorab einen neuen Vertrag ab", erklärt Max Herbst, Inhaber der FMH-Finanzberatung. "Der muss erst nach Auslaufen der bisherigen Finanzierung bedient werden." Banken lassen sich den Service mit einem Zinsaufschlag bezahlen. Dieser beträgt zwischen 0,02 bis 0,1 Prozent pro Monat Vorlaufzeit, sagt Hartmut Schwarz von der Verbraucherzentrale Bremen.

"Forward-Darlehen sind Zinswetten auf die Zukunft", ergänzt er. Wenn die Zinsen in der Zeit bis zum Anschlussdarlehen weiter fallen, habe man sich verspekuliert. Er empfiehlt, ein Forward-Darlehen maximal anderthalb Jahre im Voraus abzuschließen. Bei einem längeren Zeitraum sei der Zinsverlauf nicht absehbar. "Läuft die Zinsbindung bald ab, kostet ein Forward-Darlehen nur wenig und sichert dafür das heutige niedrige Zinsniveau ab", gibt Weber zu bedenken.

Auch der Abschluss eines Bausparvertrages kann günstige Zinsen sichern, sagt Herbst. Dieser wird parallel zum laufenden Darlehen angespart. Der Vertrag sollte so geplant werden, dass er das spätere Restdarlehen der Bank ablöst. "In vielen Verträgen muss nur 30 bis 40 Prozent der Bausparsumme angespart werden", erläutert der Finanzexperte. Den Rest von 60 bis 70 Prozent bekommen Bauherren dann zu garantierten Zinsen. "Damit können sie das restliche Darlehen auslösen und bezahlen die vorher fest vereinbarten Zinssätze des Bausparvertrages." Mit einer geringeren Bausparsumme ließen sich auf diesem Weg auch Teile des Restdarlehens absichern, ergänzt Herbst.

Dieser Kombikredit aus Darlehen und Bausparvertrag muss aber genau bedacht werden, mahnt Weber. "Bauherren müssen sich fragen, ob sie mit einem Darlehen allein in der Laufzeit nicht mehr tilgen und mit einer Anschlussfinanzierung danach besser fahren." Während einer laufenden Finanzierung einen Bausparvertrag zur Zinssicherung zu vereinbaren, hält der Uniprofessor für nicht sinnvoll.

Wer in naher Zukunft ein Haus finanzieren will, sollte wegen der aktuell niedrigen Zinsen über ein Volltilgerdarlehen nachdenken, empfiehlt Herbst. Bei dem wird, anders als bei Annuitätendarlehen, keine anfängliche Tilgungsrate festgelegt. Dafür muss der Zeitraum bis zur Schuldenfreiheit bestimmt werden. Da der Zinssatz fest ist, sind Bauherren für ihre gesamte Finanzierung gegen steigende Zinsen gesichert. Bei der Rate gilt: Je kürzer die Laufzeit, desto größer die monatliche Zahlung. Längere Laufzeiten reduzieren die Belastung.

Schwarz bestätigt, dass es für diese Art der Finanzierung momentan "Top-Angebote" gibt. Er rät aber dazu, auf die Modalitäten zu achten. So sollte die Möglichkeit zu Sondertilgungen bestehen und auch deren Wiederauszahlung während der Laufzeit. Damit lasse sich auf mögliche finanzielle Engpässe in der Zukunft reagieren. "Denn keiner weiß, wofür in 20 Jahren unter Umständen Geld benötigt wird."

(RP)
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