Haan Denkmal modern ergänzt

Haan · Jochen Siebel und sein Team haben das Denkmal Alte Pumpstation in Haan um einen spektakulären Anbau erweitert.

 Die Fassade des Anbaues ist mit Cortenstahl verkleidet. Die Rostschicht schützt das Material.

Die Fassade des Anbaues ist mit Cortenstahl verkleidet. Die Rostschicht schützt das Material.

Foto: IP Siebel/shotbyschulz

Alle drei Jahre zeichnet der Bund Deutscher Architekten die besten Gebäude in Nordrhein-Westfalen aus. Für das Bergische Land bewarben sich 19 Projekte. Die Jury tagte im Pumpensaal der Alten Pumpstation in Haan. Dort werden am 30. November auch die Preise verliehen und Entwürfe ausgestellt.

Das ist kein Zufall. Das Denkmal ist selbst ein herausragendes Beispiel dafür, wie spektakulär eine Industrie-Brache des 19. Jahrhunderts wiederbelebt werden kann. Architekt Jochen Siebel (ebenfalls Mitglied im BDA) und sein Team haben die Alte Pumpstation jetzt um einen modernen Anbau erweitert. Beides steht für sich und bildet doch eine gelungene Einheit: Dafür vergab die Jury eine Anerkennung.

Der Mettmanner Bauverein hatte das etwa 20 Jahre lang brach liegende Areal der Stadtwerke Wuppertal gekauft und wollte dort 36 Häuser errichten. Mit der alten Pumpstation tat man sich schwer. Erst sollten dort Wohnungen entstehen, dann wollte ein Förderverein das Denkmal übernehmen. Beides scheiterte an den horrenden Kosten und der Abstimmung mit dem Denkmalschutz. Dann fasste Jochen Siebel das Industriedenkmal ins Auge - und verliebte sich in die alte Dame.

 Jochen Siebel hat die historische Pumpstation saniert und zu einem zeitgemäßen und repräsentativen Sitz von fünf Ingenieurbüros gemacht.

Jochen Siebel hat die historische Pumpstation saniert und zu einem zeitgemäßen und repräsentativen Sitz von fünf Ingenieurbüros gemacht.

Foto: Schmidt

Der Haaner ist an vier Ingenieur-, Planungs- und Projektbüros beteiligt: "Wir saßen damals an der Memeler Straße und brauchten Platz, um uns zu vergrößern." 18 Monate machte er viele Pläne. Dann taten sich fünf Ingenieurbüros zusammen, kauften und sanierten die alte Pumpstation vorbildlich. Geheizt und gekühlt wird mit einer Wärmepumpe, die durch einen Eisspeicher gespeist wird. Das RWE prämierte das neue System mit einem Innovationspreis. "Die Heizkosten liegen bei 50 Cent pro Quadratmeter", erläutert Siebel. "Bei konventionellen Bürobauten liegt der Wert etwa doppelt so hoch."

"Das ist ein Liebhaberobjekt", bekennt Jochen Füge, Geschäftsführer von ISR Stadt+Raum GmbH. "Liebe auf den ersten Blick." Die 60 Ingenieure und Planer arbeiten in transparenten Büros auf drei Etagen, die in die historische Hülle eingebaut wurden. Alte Ziegelwände ergeben zusammen mit moderner Kunst und Industrie-Relikten eine sehr ansprechende und spannende Kombination. Die Pumpenhalle, 250 Quadratmeter groß und neun Meter hoch, dient als Seminar- und Kulturforum - mittendrin zwei alte Pumpen. Die Pumpstation biete nicht nur eine besonders inspirierende Atmosphäre für Mitarbeiter und Kunden, sondern habe sich auch zu einer "Marke" für den Firmenverbund entwickelt, sagt Jochen Siebel. Was Architekt Christof Gemeiner aus Hilden, Vorstandssprecher des Bundes Deutscher Architekten Bergisches Land, besonders beeindruckt: "Da ist nicht nur ein, sondern das Kulturzentrum in Haan geschaffen worden."

Komplexes Know-how, kreative Planung und Controlling - alles aus einer Hand. Das schätzen die Kunden der fünf Ingenieurbüros in der Alten Pumpstation - darunter viele mittelständische "Hidden Champions". Deshalb musste angebaut werden. Die Fassade aus Cortenstahl (der Rost bildet eine natürliche Schutzschicht) mit großen Fenstern war sehr aufwendig in Planung und Ausführung, passt aber sehr gut zu dem historischen Ziegelbau.

Die drei neuen Etagen bieten 240 Quadratmeter Bürofläche - und einen spektakulären Blick bis weit in die Rheinebene. Im Juli wurde der Anbau nach zehn Monaten Bauzeit fertig. Er dockt an das bereits bestehende Treppenhaus an der Südseite an, die einzige nicht historische Fassade der Pumpstation. Dort stand ein Kesselhaus, das bereits 1934 abgerissen wurde. "Der gewählte Corten-Stahl greift den industriellen Charakter der Pumpstation und den Farbton des dortigen Backsteins auf", schreibt die Jury in ihrer Anerkennung: "Große, gegenseitig versetzte Fensterflächen rhythmisieren den Neubau und bewahren dabei den pragmatischen Charakter der einstigen Industriearchitektur." Das Projekt sei ein "gelungenes Beispiel für die Erweiterung eines historischen Gebäudes, das einen Teil des industriellen Erbes der Region darstellt." Um auch in Zukunft den energetischen Herausforderungen gerecht zu werden, befasst sich das Planungsteam um Jochen Siebel nun mit einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach. Damit sollen firmeneigene E-Bikes und Elektroautos Strom tanken. Siebel: "Stillstand schadet dem Fortschritt."

(cis)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort