Kolumne Wie viel Schatten zu dulden ist

Ein Grundstückseigentümer kann von seinem städtischen Nachbarn die Beseitigung von Bäumen, welche zur Verschattung seiner Gartenfläche führen, auch dann nicht verlangen, wenn sich sein Garten hierdurch weder zur Erholung noch zur Pflege anspruchsvoller Bonsai-Kulturen eignet. Zwar können grundsätzlich bestimmte Einwirkungen auf das angrenzende Grundstück durch den Nachbarn abgewendet werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt dies jedoch nicht für den Entzug von Luft und Licht.

Im Hinblick auf Anpflanzungen hat das Gericht dies nun mit Urteil vom 10. Juli 2015 bestätigt (Az.: V ZR 229/14). Ein nachbarrechtlicher Beseitigungsanspruch komme danach nur in Ausnahmefällen in Betracht. Er setze voraus, dass der Nachbar durch die Höhe der Bäume ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Nachteilen ausgesetzt ist. Eine Beeinträchtigung liege vor, wenn die in den Landesnachbargesetzen enthaltenen Abstandsflächen nicht eingehalten werden. In Nordrhein-Westfalen ist für stark wachsende Bäume ein Abstand von vier Metern zur nachbarlichen Grenze vorgeschrieben. Die Beeinträchtigung ist jedoch dann noch zumutbar, wenn es an einer ganzjährigen Verschattung zumindest der Gartenfläche fehlt.

Bei der Abwägung nachbarlicher Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass öffentliche Grünanlagen zum Zwecke der Luftverbesserung, zur Schaffung von Naherholungsräumen und als Rückzugsort für Tiere gerade auch große Bäume enthalten sollen, für deren Anpflanzung auf vielen privaten Grundstücken kein Raum ist.

Gerhard Fries

Der Autor ist Partner der Sozietät Krömer, Steger, Westhoff.

(RP)
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