Arbeiten im Ruhestand - wie geht das?

Seniorenarbeit wird immer häufiger. Doch was ist dabei zu beachten? Darf man einfach weiterarbeiten? Was sagt das Arbeits- und Sozialrecht dazu?

Nach einer Allensbach-Studie möchte jeder fünfte 60-Jährige auch über das reguläre Rentenalter hinaus arbeiten. Und dies muss keineswegs ein Wunsch bleiben. Genau 195 316 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte über 65 Jahren weist die deutsche Beschäftigtenstatistik für den September 2014 aus (neuere Daten liegen noch nicht vor). Die Tendenz ist stark zunehmend. 2006 waren es erst gut 100 000 und 1999 erst 76 000 (siehe Tabelle rechts unten).

Zusätzlich gibt es noch rund 850 000 Minijobber und viele Selbstständige jenseits der 65. Die Statistik zeigt auch, dass die Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern zunimmt. Knapp 20 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte waren zuletzt bereits jenseits der 75. Wer das reguläre Renteneintrittsalter erreicht hat und weiterarbeiten möchte, für den gibt es zwei Optionen:

Rente und Job Wer sich dafür entscheidet, muss der Deutschen Rentenversicherung die Beschäftigungsaufnahme oder Weiterbeschäftigung noch nicht einmal mitteilen. Dies interessiert die Versicherung nicht. Denn wer die reguläre Altersrente bezieht, darf unbegrenzt hinzuverdienen. Lediglich für Frührentner gibt es restriktive Regeln. Unbedenklich für die Rente sind bei ihnen lediglich Minijobs mit bis zu 450 Euro Verdienst im Monat.

Job und Aufschub des Rentenantrags Diese Option dürfte in vielen Fällen interessanter sein. Denn für jeden Monat des Rentenverzichts steigt der bereits erworbene Rentenanspruch nochmals um 0,5 Prozentpunkte. Hinzu kommt: Durch die sozialversicherte Beschäftigung werden auch noch weitere Rentenansprüche erworben. Die Rentenhöhe steigt damit unterm Strich nach einem Jahr Weiterbeschäftigung um acht bis zehn Prozent.

Viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind allerdings unsicher, wie die Weiterbeschäftigung ab 65 vertraglich geregelt werden kann. Arbeitsverhältnisse sind in Deutschland in der Regel vertraglich (meist geregelt durch die jeweiligen Tarifverträge) auf das Erreichen des regulären Rentenalters befristet. Dies ist erlaubt und üblich. Wenn jemand allerdings im Rentenalter bei der gleichen Firma einfach so weiterarbeitet, wird aus dem zunächst auf die Regelaltersgrenze befristeten Vertrag ein ganz normaler unbefristeter Arbeitsvertrag.

Für Arbeitnehmer ist das unproblematisch, aber viele Arbeitgeber lassen sich darauf nicht ein, weil dann auch wieder der volle gesetzliche Kündigungsschutz gilt. Daher ist es kaum verwunderlich, dass das Arbeitsgericht Paderborn in einem Urteil vom 23. März 2006 die Kündigung eines 70 Jahre alten Autoverkäufers durch seinen Arbeitgeber als unwirksam angesehen hat (Az.: 3 Ca 1947/05).

Das Gericht hatte die Wirksamkeit der Kündigung - wie gesetzlich vorgeschrieben - nach den im Kündigungsschutzgesetz genannten vier Sozialkriterien (Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung) geprüft. Nach diesen Regeln hätten zunächst einmal Jüngere entlassen werden müssen, die noch nicht so lange im Betrieb tätig waren. Das bedeutet: Lässt der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis einfach weiterlaufen, dann bindet er sich stark.

Seit dem 1. Juli 2014 macht jedoch eine Neuregelung in Paragraf 41 des sechsten Sozialgesetzbuchs (SGB) eine klarere Lösung möglich. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können nun nämlich "durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, gegebenenfalls auch mehrfach, hinausschieben". Möglich geworden ist damit die befristete Beschäftigung über das reguläre Rentenalter hinaus.

All dies gilt nur bei einer Weiterbeschäftigung beim "alten" Arbeitgeber - und nur, wenn diese bereits vor dem Erreichen des regulären Rentenalters vereinbart wurde. Senioren, die bei einem neuen Arbeitgeber tätig werden, braucht all das nicht zu interessieren. In diesem Fall kann ein ganz normaler neuer befristeter Arbeitsvertrag geschlossen werden - mit oder ohne Befristungsgrund.

Tipp Arbeitnehmer, die nach Erreichen der regulären Altersgrenze weiterarbeiten möchten, sollten dies ihrem Arbeitgeber und auch dem Betriebsrat frühzeitig signalisieren. In vielen Fällen dürfte - gerade wenn es um qualifizierte Beschäftigte geht - die Weiterbeschäftigung im Unternehmensinteresse sein. Auch die Neuregelung im SGB VI schafft allerdings keinen Rechtsanspruch auf eine Weiterbeschäftigung im Rentenalter.

(RP)
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