Das Rückgrat der Station Krankenpfleger brauchen Empathie und Geduld

Bonn · Sie arbeiten in Krankenhäusern, Reha-Kliniken oder Altenpflegeheimen: Krankenpfleger und -schwestern. Sie geben Patienten Spritzen, helfen ihnen beim Waschen und Aufstehen oder beruhigen sie vor einer Operation. Ein Beruf mit viel Verantwortung - und Nachwuchsproblemen.

Dass mit ihrer Berufswahl etwas nicht stimmte, merkte Jurastudentin Sandra Schmidt in der Uni-Bibliothek. "Ich hab' mir dauernd Medizinbücher ausgeliehen, weil mich das viel mehr interessierte", sagt sie. Während des Studiums jobbte Schmidt in einer Reha-Klinik. Was zunächst nur zur Studienfinanzierung gedacht war, entpuppte sich als ihr Traumberuf. Sie schmiss ihr Studium und begann im September 2013 eine dreijährige Ausbildung zur Krankenpflegerin in einem Bonner Krankenhaus.

Krankenpfleger sind die rechte Hand des Arztes in der Klinik: Sie assistieren ihm bei Untersuchungen und verabreichen auf seine Anweisung hin Medikamente. Sie nehmen den Patienten Blut ab, versorgen ihre Wunden oder legen ihnen Infusionen. Zu ihren Aufgaben gehört es laut der Bundesagentur für Arbeit, Kranke bei der Körperpflege zu unterstützen, ihnen zum Beispiel beim Aufstehen und Gehen zu helfen und ihnen Essen zu bringen. Gleichzeitig übernehmen sie administrative Aufgaben und überwachen zum Beispiel den Arzneimittelvorrat. "Die Arbeit bei den Patienten ist meine Erfüllung. Es ist toll zu sehen, wenn es den Menschen mit meiner Hilfe allmählich bessergeht", schwärmt Schmidt. Um ihre Zukunft muss sich die 29-Jährige keine Sorgen machen. Ausgebildete Gesundheits- und Krankenpfleger, so die korrekte Bezeichnung, werden in Zukunft noch dringender gebraucht als heute schon.

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) schätzt, dass bis 2025 rund 193 000 Vollzeit-Krankenpfleger fehlen werden. Er beruft sich auf Berechnungen des Statistischen Bundesamtes und des Bundesinstituts für Berufsbildung. Beide prognostizieren angesichts von immer mehr älteren Menschen eine steigende Zahl von Pflegebedürftigen in Krankenhäusern und Altenheimen.

Wer den Beruf erlernen will, braucht die mittlere Reife oder einen Hauptschulabschluss mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung. In der schulischen Ausbildung wechseln sich Unterricht an einer Krankenpflegeschule und Praxisphasen in der Klinik ab. In der Pflegeschule stehen Fächer wie Arzneimittellehre, Hygiene- und Ernährungslehre sowie Anatomie auf dem Stundenplan.

Nach dem Abschluss müssen Berufstätige mit einem stressigen Arbeitsalltag rechnen. In vielen Kliniken würden Stellen abgebaut. Viele Krankenpfleger klagten über zu wenig Zeit für den einzelnen Patienten und Überlastung, sagt Andreas Westerfellhaus. Er ist Präsident des Deutschen Pflegerates. Hinzu kommt die Arbeit im Schichtsystem. "Pflege im Dauerlauf hat mit einer sicheren und qualifizierten Patientenversorgung nichts mehr zu tun", kritisiert der Verbandschef.

Die Arbeit mit den Patienten ist durch das viele Heben auch körperlich anstrengend. Zudem arbeiten Krankenpfleger im Schichtdienst. Das schrecke viele junge Leute ab, meint Westerfellhaus. Nach Darstellung von DBfK-Sprecherin Johanna Knüppel steigen viele Krankenpfleger schon nach wenigen Jahren wieder aus:
"Solange die Arbeitsbedingungen nicht nennenswert verbessert werden, verlieren wir die Pflegeschüler schon während der Ausbildung oder kurz danach." Auch Pflegeschülerin Sandra Schmidt kennt stressige Tage und knappe Besetzungen. Sie hält dennoch an ihrem Traumberuf fest: "In der freien Wirtschaft gibt es genauso Überstunden", meint sie.

Neben dem Fachwissen brauchen die Fachkräfte vor allem Empathie und Verantwortungsbewusstsein. Die Patienten sind auf Hilfe angewiesen, haben eventuell Schmerzen oder Angst vor einem Eingriff. "Und man braucht Geduld mit den Patienten, auch wenn es stressig wird. Man muss lernen, Prioritäten zu setzen, wenn viele Aufgaben eigentlich gleichzeitig erledigt werden müssten", sagt Schmidt. Der Umgang mit Schwerkranken und Sterbenden erfordert psychische Stabilität.

Die Ausbildungsvergütung kann nach Angaben des DBfK im ersten Ausbildungsjahr bei rund 930 Euro, im zweiten bei 996 Euro und im dritten bei 1103 Euro liegen. Das gilt allerdings nur für jene Auszubildende, deren Entlohnung sich an dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst orientiert. Private Träger zahlen zum Teil erheblich weniger. Berufseinsteiger können laut DBfK anfangs zwischen 1850 bis 2000 Euro brutto pro Monat verdienen. Nach der Krankenpfleger-Ausbildung gibt es vielfältige Weiterbildungsmöglichkeiten.So können Fachkräfte sich etwa auf Wundmanagement, Hygiene, Anästhesie, Intensiv- oder Hospizpflege spezialisieren. Wer sich weiterqualifiziert, verdient auch mehr. So erhält laut einer Online-Erhebung der Hans-Böckler-Stiftung eine Operationsschwester rund 3100 Euro brutto monatlich.

Wer das Abitur hat, kann auch Pflegemanagement oder verwandte Fächer studieren und sich so weitere Aufstiegsmöglichkeiten eröffnen. Sandra Schmidt hat sich nun für einen dualen Bachelor-Studienplatz in Köln beworben. Wenn es klappt, schnappt die Ex-Studentin neben ihrer Arbeit in der Klinik bald wieder Uni-Luft.

(dpa)
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