Den passenden Nachfolger finden

Wenn an der Spitze eines Unternehmens die Nachfolge ansteht, muss sich der Führungskreis rechtzeitig um passende Kandidaten kümmern. Berater helfen bei der Auswahl - mit teilweise recht unkonventionellen Methoden.

In den kommenden Jahren wird die Herausforderung der Unternehmensnachfolge immer dringender, denn die Zahl der Firmen, bei denen ein Generationswechsel ansteht, steigt. "Über 90 Prozent der deutschen Unternehmen sind Familienunternehmen", sagt Personalberaterin Gabriela Jaecker. Gibt es keinen neuen Geschäftsführer innerhalb der Familie, sucht Jaecker zuverlässige, externe Kandidaten mittels einer ganzheitlichen Methodik.

"Im ersten Schritt machen wir uns ein Bild vom Unternehmen, der Gesellschafterstruktur und der Familie", erklärt sie das mehrstufige Vorgehen. Hierzu wird die Historie beleuchtet, aber auch die Visionen werden abgefragt. "Auf dieser Basis erstellen wir ein Soll-Profil des Nachfolgers, mit dem wir in den Markt gehen", erläutert Jaecker weiter. Gesucht werden Kandidaten, die aus inhabergeführten Unternehmen stammen, langfristige Perspektiven suchen und im besten Fall sogar einen Bezug zur Region haben.

"Etwa die Hälfte aller unternehmensfremden Geschäftsführer scheitert in den ersten zwei Jahren", sagt Jaecker aus Erfahrung. Aus diesem Grund müssen potenzielle Kandidaten neben dem normalen Auswahlverfahren auch einen Workshop mit Strategieaufgaben und Rollenspielen durchlaufen. Das Unternehmen lernt auf diese Weise den möglichen Nachfolger aus einem anderen Blickwinkel kennen, der Kandidat erfährt mehr über die Firmenstrategie. Die Rückmeldungen zum Vorgehen sind durchweg positiv, die Nachfolger absolvieren einen besseren Einstieg - nicht zuletzt durch das begleitende Integrations-Coaching in den ersten zwölf Monaten, sagt Jaecker. Gerade zu Beginn stehe die Kommunikation zwischen dem alten und neuen Geschäftsführer im Vordergrund.

In ein bestehendes Unternehmen einzusteigen, ist gerade für Existenzgründer eine interessante Alternative. Junge Unternehmer profitieren auf diesem Wege von etablierten Strukturen, einer vorhandenen Kundenbasis und erfahrenen Mitarbeitern. Doch damit die Nachfolge auch reibungslos abläuft, müssen der Geschäftsführer und sein Nachfolger rücksichtsvoll vorgehen. Oftmals steht der Senior auch im Ruhestand als Berater für die Firma zur Verfügung, viele junge Unternehmer greifen gern auf die langjährige Erfahrung zurück. Kritisch wird es nur, wenn der ehemalige Leiter nicht ausreichend loslassen kann und sich zu häufig in die Führung einmischt.

Bei Christian Oetker-Kast aus dem badischen Gernsbach hat die Übergabe der Geschäftsleitung vom Vater auf den Sohn reibungslos funktioniert. "Schon als Jugendlicher stand für mich fest, später das Familienunternehmen zu übernehmen", erzählt der heutige Leiter der Casimir Kast Verpackung und Display GmbH. "Doch man muss vieles andere gesehen haben, bevor man ins eigene Unternehmen einsteigt. Wenn ein Sprössling direkt von der Uni kommt und nur theoretisches Wissen mitbringt, wird er es, gerade im produzierenden Gewerbe, als Nachfolger schwer haben." Christian Oetker-Kast ging nach einer technischen Ausbildung und einem BWL-Studium nach England und brachte internationale Erfahrungen und Praxiswissen in das Familienunternehmen mit. Der geplante sanfte Übergang gelang: Nach zwei gemeinsamen Jahren mit seinem Vater leitete er fünf Jahre das Unternehmen mit seinem Onkel Peter Oetker. Seit dessen Ausscheiden teilt er sich die Leitung mit Michael Sachs, dem ersten familienfremden Geschäftsführer. Die Aufgaben sind dabei klar aufgeteilt. "Zu Beginn stand mir also immer ein Ratgeber aus der Familie zur Seite", sagt Oetker-Rast.

Die größte Schwierigkeit bei der Übergabe sind Führungsthemen. Eventuell ist ein neu strukturiertes Team nötig, zudem müssen alle Mitarbeiter von Beginn an in den Prozess des Wechsels an der Spitze mit einbezogen werden. Der Neue wird von den Angestellten zunächst genau beobachtet, er muss sich beweisen. Hierzu gilt es, Vertrauen zu schaffen und Perspektiven zu geben. Auch mit möglichen Vorbehalten muss der Nachfolger konstruktiv umgehen können. Dass eine sorgfältige und langfristige Planung des alten Betriebsinhabers eine saubere Übergabe an Externe ermöglicht, zeigte die Nachfolge in der Stuttgarter Metallbau Heimsch GmbH. Bernhard Stöhr wurde nicht unternehmerisch erzogen, hatte jedoch früh Spaß daran, Mitarbeiter zu führen. "Das Unternehmertum mit seinen Chancen und Risiken reizte mich schon immer", erzählt der Stahlbauingenieur. Sein Vorgänger Erwin Heimsch befasste sich frühzeitig mit der Betriebsnachfolge, suchte erst unter den eigenen Mitarbeitern nach möglichen Kandidaten. Schnell wurde ihm klar, dass eine externe Lösung nötig war. Über eine Internetplattform der Handwerkskammer lernte Erwin Heimsch den damaligen Leiter eines 40-Mann-Betriebes kennen. Die Chemie zu Bernhard Stöhr stimmte, nach einer halbjährigen Einarbeitungsphase erfolgte die problemlose Übernahme. Sogar die geplante, halbjährige Beratertätigkeit des Alteigentümers wurde nach zwei Wochen beendet - die Nachfolge war geregelt.

(RP)
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