Die Geheimcodes der Chefs Fiese Formulierungen im Arbeitszeugnis

Düsseldorf · Für Arbeitnehmer gehört das Arbeitszeugnis zu den wichtigsten Bewerbungsunterlagen. Es soll darüber Auskunft geben, was der Bewerber bereits geleistet hat. Zwar soll das Zeugnis wohlwollend formuliert sein. Doch es gibt genug Möglichkeiten, Negatives zwischen den Zeilen mitzuteilen.

Per Gesetz sind Arbeitgeber verpflichtet, sich wohlwollend über ehemalige Angestellte zu äußern. Kein Zeugnis sollte schlechter sein, als die Note befriedigend. Darauf haben Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch. Und deshalb klingt, was in Arbeitszeugnissen steht, auf den ersten Blick oft schmeichelhaft.

Dennoch bergen die freundlichen Formulierungen so ihre Tücken. Zum einen, weil die Verpflichtung, in Arbeitszeugnissen positiv zu formulieren, zu den mittlerweile bereits berüchtigten Geheimcodes geführt hat. Formulierungen, aus denen Personalchefs oft das glatte Gegenteil von dem herauslesen, was sie für den Laien aussagen. Ein klassisches Beispiel: "Herr XY war sehr tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen", heißt im Klartext: Der Gute ist ein Selbstdarsteller mit mangelhafter Kooperationsbereitschaft.

Doch nicht immer schreiben Arbeitgeber scheidenden Mitarbeitern gewollt Zeugnisse mit fiesen Formulierungen. "Wirklich schlechte Arbeitszeugnisse sind eigentlich eher selten", sagt Thorsten Knobbe, Chef von Leaderspoint.de, einem Unternehmen, das Arbeitszeugnisse erstellt und auf ihren Klartext prüft.

Arbeitszeugnis im Gesamtkontext sehen

Hin und wieder finden sich in den Beurteilungen dennoch missverständliche Formulierungen, weil der Zeugnisschreiber sich verstolpert hat. Wie derjenige, der seinem ehemaligen Mitarbeiter ein "besonderes Einfühlungsvermögen gegenüber Kunden" bescheinigte. Die nett gemeinte Formulierung kann auch bedeuten, dass der Mitarbeiter zu weich ist. Im schlimmsten Fall lesen zukünftige Chefs daraus, der Mitarbeiter habe sich seinen Kunden sexuell genähert.

"Man muss ein Arbeitszeugnis deshalb immer im Gesamtkontext sehen", sagt Experte Knobbe. Wichtiger als die verwendeten Geheimcodes sei, ob das Zeugnis stimmig und angemessen formuliert ist. Werden bei einer Person in leitender Position tatsächlich die Führungsaufgaben beschrieben und positiv bewertet? Oder wird floskelartig überwiegend Nebensächliches betont? Auch das kann ein Hinweis darauf sein, dass der Arbeitgeber mit seinem Mitarbeiter nicht zufrieden war.

Wer mit seinem Arbeitszeugnis unzufrieden ist, sollte immer zuerst den Kontakt zum ehemaligen Arbeitgeber suchen und versuchen, die Unstimmigkeiten auf dem kurzen Dienstweg zu klären. "Denn meistens handelt es sich bei einzelnen schlechten Formulierungen um einen Fauxpas", sagt Thorsten Knobbe. Nur wenn das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und scheidendem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt bereits zerrüttet ist, sollte man sich von vorneherein einen rechtlichen Beistand holen, rät der Arbeitszeugnis-Experte. Der Rechtsanwalt kann abschätzen, auf welche Verbesserungen man ein Recht hat.

Die Geheimcodes der Chefs: Beispiele, was die Formulierungen in Arbeitszeugnissen bedeuten können, lesen Sie hier.

(RPO)
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