Gehaltsunterschiede Was der Kollege verdient

Berlin · Das Frauenministerium plant ein neues Gesetz, um die Gehaltslücke zwischen Frauen und Männern zu bekämpfen. Arbeitgeber sollen die Vergütung gläserner und fairer gestalten. In kaum einem Betrieb ist das bisher Realität.

So stark steigen die Löhne in den verschiedenen Branchen
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Foto: dpa

Erica Bakers Geschichte sorgte im Sommer weltweit für Aufsehen. Damals hatte die Google-Angestellte mit Kollegen ihre Gehälter in eine Tabelle eingetragen. Doch als sie die Tabelle ins Intranet des IT-Konzerns stellte, trugen nicht nur immer mehr Mitarbeiter ihre Löhne darin ein, Baker wurde auch zu ihrer Vorgesetzten zitiert. In der Chefetage sei man nicht glücklich darüber, hieß es. Heute arbeitet Baker nicht mehr für Google, aber die Beschäftigten hatten Einblick bekommen, ob ihre Gehälter vergleichsweise fair waren - und manche stellten erfolgreich Nachforderungen.

Nun will Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD) in Deutschland dafür sorgen, dass zumeist benachteiligte Frauen per Gesetz Anspruch auf mehr Transparenz bei den Gehältern bekommen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Was gilt bisher?

Seit mehr als 50 Jahren gibt es ein Gebot des gleichen Entgelts von Männern und Frauen für gleiche und gleichwertige Arbeit (Artikel 3 Grundgesetz). Allerdings gibt es bisher kein Verbot von Entgeltunterschieden. Auch existiert keine Pflicht, Bewertungsinstrumente in Unternehmen einzuführen, um Gehaltsunterschiede aufzudecken.

Welche Länder sind Vorreiter? Im europäischen Vergleich ist die Entgeltgleichheit in Deutschland nur unterdurchschnittlich vorhanden. Auch ohne Rechtsanspruch sind die Lohnlücken zwischen Männern und Frauen in Frankreich, Dänemark und Schweden geringer.

Was plant das Frauenministerium? Schwesig will mit einem Gesetz zur Entgeltgleichheit die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag von Union und SPD umsetzen. Im Kern sollen Frauen und Männer, die in Betrieben mit mehr als 500 Mitarbeitern beschäftigt sind, künftig einen Auskunftsanspruch über das Durchschnittsgehalt von mindestens fünf gleichwertig Beschäftigten des anderen Geschlechts im Unternehmen erhalten. Der Arbeitgeber muss darlegen, nach welchen Kriterien die Mitarbeiter eingestuft sind. Wird Ungleichbehandlung aufgedeckt, gibt es einen Anspruch auf Gehaltserhöhung. Betroffene müssten die aber im Zweifel einklagen. Außerdem soll der Passus in vielen Arbeitsverträgen für nichtig erklärt werden, nicht über das eigene Gehalt sprechen zu dürfen.

Welchem Zweck soll das dienen? Laut Schwesig besteht in Deutschland eine strukturelle Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen in Höhe von 22 Prozent. Ziehe man bei den Frauen Faktoren wie die häufige Wahl eines schlechter bezahlten Jobs oder oft jahrelange Teilzeittätigkeit ab, bliebe bei gleicher Qualifikation und Arbeit im Schnitt trotzdem ein um acht Prozent niedrigeres Gehalt übrig. Das sei diskriminierend, heißt es im Ministerium. Das neue Gesetz soll spätestens ab Sommer 2016 dazu beitragen, diese Lücke zu schließen.

Welche Chancen auf Umsetzung hat das geplante Gesetz? Bei der Union fordert man einen Stopp des Gesetzes durch das Bundeskanzleramt, auch die Arbeitgeber stehen auf der Bremse und fürchten horrende Bürokratiekosten. In der Vergangenheit zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Umsetzung des Koalitionsvertrags jedoch sehr streng auch gegenüber den eigenen Reihen. Mit ein paar Abstrichen ist also durchaus mit einem solchen Gesetz im kommenden Jahr zu rechnen.

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Sorgen Firmen für Transparenz?

Kaum ein Betrieb in Deutschland deckt die Gehälter der Mitarbeiter vollständig auf. Vereinzelt haben Firmen mit einem demokratischen Bewertungsmodell bei Gehaltserhöhungen experimentiert, ein Dax-Konzern gab einmal den Durchschnittsbonus als Orientierungshilfe für alle Mitarbeiter an. Aber wegen vergangener Korruptionsskandale müssen Dax-Konzerne nun die Bezüge von Top-Managern nennen.

(jd)
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