Hebammen brauchen Praxiserfahrung

Berufseinsteiger haben die Qual der Wahl: Sowohl Studium als auch Ausbildung führen zum Berufsabschluss.

Es ist neues Leben, dem Ladina Gehrmann in ihrem Beruf Tag für Tag ins Gesicht blicken wird. Zum Teil macht die werdende Hebamme das schon jetzt. Denn auf dem Weg zum Beruf zählt vor allem eins: viel Praxiserfahrung sammeln. Sei es im Rahmen der klassischen Ausbildung an einer Hebammenschule oder im Studium an einer Hochschule. Für letzteres hat Gehrmann sich entschieden. "Das Ausbildungssystem zur Hebamme steht derzeit vor einem Umbruch", sagt sie. Den Studiengang He-bammenkunde gibt es erst seit einigen Jahren. Die meisten Hebammen werden an Schulen ausgebildet.

Den einen Arbeitsplatz für Hebammen gibt es laut Maren Borgerding vom Deutschen Hebammenverband nicht. Die einen sind beispielsweise in Krankenhäusern und Geburtshäusern beschäftigt. Die schwangeren Frauen kommen in der Regel in den Kreissaal, wenn sie kurz vor der Entbindung stehen. Die Hebamme begleitet die Frau während der Geburt, danach kümmert sie sich weiter um Frau und Baby und kontrolliert zum Beispiel, ob es Nachblutungen gibt.

Hebammen können aber auch freiberuflich tätig sein. Sie begleiten Schwangere dann meist schon weit vor der Geburt und können sie etwa bei Hausgeburten begleiten. Sogenannte Beleghebammen unter ihnen dürfen auch in einer bestimmten Klinik die Geburt betreuen. "Der Draht zu den Frauen ist bei den freien Hebammen meist enger, da sie nicht nur die Geburt betreuen, sondern die ganze Schwangerschaft", erklärt Borgerding.

Derzeit gibt es etwa 21.000 Hebammen. Auch Männer können den Beruf erlernen. Das ist aber eher eine Ausnahme: In ganz Deutschland üben den Beruf momentan schätzungsweise nur ein halbes Dutzend Männer aus.

Wer Hebammenkunde an der Hochschule wählt, hat ein sehr praktisch orientiertes Studium. Reine Theorie gibt es nur im ersten und achten Semester. Schon ab dem zweiten Semester sammeln Studenten in einer Kooperationsklinik Praxiserfahrung. Wer den Beruf ergreifen will, braucht Kommunikationsfähigkeit und Einfühlungsvermögen, sagt Paul Ebsen von der Bundesarbeitsagentur.

In den ersten Wochen ging es erst einmal darum, den Stationsalltag kennenzulernen, erinnert sich Gehrmann. Danach hat sie begonnen, Frauen zu beraten und beispielsweise Blutungen zu kontrollieren. "Jeder Student wird von einer Hebamme oder Krankenschwester betreut, die einschätzen, welche Aufgaben man schon übernehmen kann", erzählt Gehrmann. Generell gilt: Nur das, was an der Uni schon theoretisch durchgenommen worden ist, darf sie in der Praxis ausprobieren.

Wer sich für die klassische Ausbildung entscheidet, lernt drei Jahre an einer Hebammenschule. Hier ist der Theorieunterricht in der Schule ebenfalls mit Praxisphasen kombiniert. Ein Vorteil der Ausbildung ist, dass Jugendliche eine Vergütung erhalten. Sie liegt im ersten Ausbildungsjahr bei Bezahlung nach Tarif bei rund 970 Euro, kann sonst aber auch geringer sein. "Auszubildende Hebammen werden vergleichsweise gut bezahlt", sagt Ebsen.

Das Einstiegsgehalt bei einer Festanstellung in einer Klinik kann zwischen 1300 und 1900 Euro brutto liegen. Wer freiberuflich arbeitet, rechnet pro Geburt ab. Der Nachteil: Freiberufler müssen die Kosten für die Haftpflichtversicherung selber aufbringen. Derzeit liegt der Beitrag bei 6274 Euro pro Jahr. In der Vergangenheit wurde er immer wieder erhöht. "Diese Entwicklung besorgt uns sehr", sagt Borgerding. Für viele freie Hebammen werde es immer schwieriger, mit dem Einkommen ihre Kosten zu decken, auch wenn es Ausgleichszahlungen für die Prämiensteigerungen gibt.

(RP)
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