Praktikums-Tipps für Akademiker Kaffeekochen als Karrierestart?

Berlin (RPO). Unterbezahlt und ausgebeutet - so dürften sich viele Akademiker fühlen, die nach dem Uni-Abschluss mit einem Praktikum ins Berufsleben starten müssen. Ob die Selbstausbeutung irgendwann zum festen Job führt, ist auch nicht garantiert. Wer ein Praktikum plant, sollte daher genau prüfen, ob er nicht bloß als billige Arbeitskraft herhalten soll.

Diese Rechte haben Praktikanten
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Foto: Jens Schierenbeck

Politiker wie Bundesarbeitsminister Olaf Scholz setzen sich zwar schon länger dafür ein, dass Praktikanten nach der Ausbildung nicht für einen Hungerlohn abgespeist werden, wenn sie wie reguläre Beschäftigte schuften müssen. Den Gewerkschaften zufolge sind solche Initiativen gegen die Probleme der "Generation Praktikum" bislang aber wenig erfolgreich geblieben. "Aus unserer Sicht ist das nach wie vor ein Problem", sagt René Rudolf vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Berlin. "Praktika nach dem Ende der Ausbildung sind mittlerweile die Regel."

Bettina König von der Initiative Fairwork in Berlin befürchtet sogar eine weitere Verschlechterung: "Durch die angespannte wirtschaftliche Lage wird diese Form der Ausnutzung bestimmt noch zunehmen." Denn wenn Jobs rar sind, tun gerade Berufsanfänger einiges, um eine Stelle zu ergattern. Rudolf beschreibt das so: "Die jungen Leute wollen auch nach dem Praktikum im Unternehmen bleiben - und die Aussicht auf eine Stelle wird ihnen wie eine Möhre vor die Nase gehalten, deswegen lassen sie sich einiges bieten."

Klare Regelungen, die eine solche Ausbeutung unterbinden, lassen dagegen weiter auf sich warten. "Über eine gesetzliche Initiative konnte im vergangenen Jahr keine Einigung erzielt werden", erklärt Heike Helfer, Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums in Berlin.

Praktika sind aber auch nicht per se schlecht, sagt Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks in Berlin. "In einem Praktikum können Berufsanfänger durchaus nützliche Dinge für den Berufsalltag lernen", sagt er. "Doch dabei sollten sie auf einen Zusammenhang zwischen der Ausbildung und dem Inhalt des Praktikums achten." Wer also in die PR-Branche will, sollte nicht unbedingt im Krankenhaus anheuern.

Praktikumsvertrag soll Inhalte festlegen

Außerdem sollte am besten schon im Vorfeld geklärt werden, welche Stationen für wie lange während des Praktikums absolviert werden und was jeweils zu den Aufgaben gehört. "So etwas kann in einem Praktikumsvertrag festgehalten werden, den beide Seiten vor Beginn des Praktikums unterschreiben", sagt Meyer auf der Heyde. Wer sich jedoch nicht traut, explizit auf einen Vertrag zu pochen, kann auch nach einem allgemeinen Praktikumsplan fragen. "Viele Unternehmen, besonders die größeren, haben einen Ablaufplan für die Ausbildung ihrer Azubis", erläutert der Experte. Dieser könne meist auch grob auf Studenten übertragen werden.

Doch trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kann es passieren, dass Praktikanten nur zum Kaffeekochen abkommandiert werden oder ständige Überstunden und die Arbeit wie eine vollbezahlte Kraft die Regel sind. "Praktikanten haben Rechte - eine ganze Menge sogar", sagt König von der Initiative Fairwork. "Meist haben sie einen gesetzlichen Urlaubsanspruch sowie ein Recht auf Pause und geregelte Arbeitszeiten." Auch eine angemessene Vergütung gehöre laut Bundesgesetzbuch dazu. Wie hoch die allerdings sein sollte, unterscheidet sich von Fall zu Fall.

Wer merkt, dass er vor allem ausgenutzt wird, sollte sich weitere Schritte gut überlegen. Bei einem Pflichtpraktikum im Studium könnten Betroffene sich an die Hochschule wenden und Hilfe holen, sagt König. Schließlich hätten Hochschulen meist ein Interesse daran, dass Pflichtpraktika auch einen inhaltlichen Lerneffekt haben.

Läuft jedoch ein Praktikum schief, könne das nach etwa drei bis vier Wochen beim Betreuer oder Vorgesetzten angesprochen werden, rät König. "Zuerst sollten sich die Praktikanten ein Bild machen und wissen, was sie wirklich stört." Nach dem Gespräch sollte der Betrieb noch eine Chance auf Besserung bekommen. "Ändert sich jedoch auch in den nächsten rund zwei Wochen nichts, würde ich es sausen lassen", sagt König. "Denn besser ein abgebrochenes Praktikum als dauerhaft eine Position, in der man nur ausgenutzt wird."

(dpa)
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