Arbeit und Kind Karriere machen trotz Babypause

München · Drei Monate oder drei Jahre: Wie lange Frauen nach der Geburt eines Kindes zu Hause bleiben, ist individuell. Sicher ist nur: Wer Karriere machen will, darf nicht zu lange aufhören, zu arbeiten. Doch wie lange ist zu lange?

 Frauen, die trotz Babypause an ihrer Karriere festhalten wollen, sollten nicht länger als sechs Monate pausieren. Sonst macht die Vertretung möglicherweise den Platz strittig.

Frauen, die trotz Babypause an ihrer Karriere festhalten wollen, sollten nicht länger als sechs Monate pausieren. Sonst macht die Vertretung möglicherweise den Platz strittig.

Foto: dpa, Tim Brakemeier

Der Job macht Spaß, die Karriere läuft gut. Doch dann kommt das erste Kind. Nun fragen sich viele Frauen: Wie lange will ich in Elternzeit gehen? Einerseits ist ihnen die Karriere wichtig. Andererseits hat das Wohl des Kindes Priorität. Wie lange darf die Elternzeit also dauern, ohne dass danach die Karriere ins Stocken gerät?

"Wer Karriere machen will, sollte sich nicht allzu lange eine Auszeit nehmen", findet Karriereberaterin Claudia Enkelmann aus Königstein. "Hat man eine hohe Position, kann man nicht einfach ein Jahr wegbleiben." Wer drei Monate nach der Geburt zu Hause bleibe, werde jedoch wohl kaum Probleme bekommen. "Das ist auch in Deutschland völlig akzeptiert."

Sechs Monate schon kritisch

Sechs Monate Elternzeit könnten dann allerdings schon kritisch werden, sagt Enkelmann, selbst zweifache Mutter. "In einem halben Jahr verpasst man nicht nur den Anschluss an Abläufe im Unternehmen. Wichtige Projekte können auch nicht ein halbes Jahr liegen bleiben." Daher werde für diese Zeit meist eine Vertretung gesucht. "Und wenn die gut ist, könnte die einem den Job streitig machen und zur ernsthaften Gefahr für die eigene Karriere werden."

Dennoch nehmen in Deutschland die meisten Frauen eine längere Auszeit nach der Geburt eines Kindes. Das Institut für Demoskopie Allensbach fand 2007 in einer repräsentativen Studie etwa heraus, dass Mütter im Schnitt 3,4 Jahre in Elternzeit gehen, berichtet Dörthe Gatermann, wissenschaftliche Mitarbeiterin vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Rechne man die Frauen heraus, die besonders lange zu Hause bleiben, komme man auf einen Mittelwert von etwa zwei Jahren Elternzeit pro Mutter.

Wie lange eine Frau zu Hause bleiben kann, ohne dass ihre Karriere leidet, geht laut Gatermann aus Studien nicht direkt hervor. Allerdings sinke das Einkommen durch Kinder, weiß die Expertin. "Das liegt zum einen daran, dass Mütter oft in Teilzeit arbeiten und nicht mehr so viel verdienen können." Zum anderen werteten viele Chefs die Entscheidung für ein Kind so, dass die Frau nicht karriereorientiert sei. "Dann werden sie nicht so häufig für Beförderungen oder Weiterbildungen vorgeschlagen - weswegen kaum Lohnsteigerungen möglich sind."

Schon vor der Geburt die Betreuung regeln

Will man früh wieder in den Job zurück, muss das sehr gut geplant werden. "Ein Säugling bis zu einem Jahr braucht eine 1:1-Betreuung", sagt Soziologin und Psychologin Enkelmann. Daher müsse man schon vor der Geburt regeln, wer auf das Kind aufpasse, wenn man selber nach einigen Monaten wieder zur Arbeit gehe. "Die Betreuung kann natürlich der Vater des Kindes übernehmen, ansonsten sollte man sich frühzeitig eine Tagesmutter suchen." Da die jedoch nicht rund um die Uhr einsetzbar sein werde, sollten noch die Großeltern oder andere Kontakte hinzugezogen werden, die sich um das Kind kümmern können.

Ob es unabhängig von der Karriere nach sechs Monaten einfacher sein könnte in den Beruf zurückzukehren als nach drei, hängt laut Enkelmann von der eigenen Situation ab. "Einige Frauen sind nach drei Monaten völlig übermüdet und nicht wirklich einsatzbereit, bei anderen schläft das Kind schon früh durch." Das Stillen sei dabei weniger ein Problem. "Man kann auch Stillen, wenn man arbeiten geht - das habe ich selber gemacht." Dann pumpe man eben im Büro hinter verschlossener Tür ab und habe für die Fläschchen immer Kühlakkus dabei. "Das entscheidende Kriterium für mich ist: Geht es meinem Kind gut?". Wenn ja, müsse man kein schlechtes Gewissen haben.

Egal, wie lang die Auszeit nach einer Geburt ist: Wem der Job wichtig ist, sollte währenddessen Kontakt zum Arbeitgeber halten. "Es ist nicht sinnvoll, sich mit dem Antrag auf Elternzeit abzumelden und sich erst einen Tag vor Wiedereintritt in den Job zurückzumelden", sagt Friedrun Bastkowski vom Berliner Verein Kobra. Besser sei, sich schon vorher wieder zu zeigen. So sei es möglich, nach der Geburt mit dem Kind vorbeizuschauen. "Außerdem kann es helfen, etwa ein Vierteljahr vor dem Ende der Baby-Pause ein Gespräch mit dem Chef zu vereinbaren." Man könne ihn um einen Termin bitten, um zu besprechen, wie es nach der eigenen Rückkehr weitergehen könnte.

15 Minuten am Tag für Karriere nutzen

Karriereberaterin Enkelmann rät sogar, deutlich mehr Zeit zu investieren. "Wer nach der Babypause wieder in seinen Job zurück und weiter Karriere machen will, sollte während der Elternzeit nicht nichts tun." Besser sei, kontinuierlich am Ball zu bleiben. "Ich kann zum Beispiel versuchen, mir jeden Tag 15 Minuten Zeit zu nehmen." Das sei im Tagesplan einer Mutter realistisch.

"Die 15 Minuten kann man nutzen, um sich inhaltlich fortzubilden und um Kontakt zum Arbeitgeber zu halten." In der Viertelstunde könne man Fachliteratur, einen Beitrag im Internet oder einen anderen Bericht lesen. Mittlerweile gäbe es auch sehr gute Hörbücher, die man nebenbei - etwa beim Bügeln - hören könne. "Möglich ist auch, ein Mal pro Woche einen Kollegen anzurufen und zu fragen, wie das Projekt läuft oder was es sonst für Neuigkeiten gibt." Gut sei zudem, ein Notizbuch zu haben, in das man Ideen und Gedanken schreibt. "Die kann man dann in den Job mit- und einbringen."

Ein nicht unwichtiger Aspekt: Vor der Geburt denken einige Frauen anders über ihre Babypause als danach. "Man merkt erst in der Pause, wie wichtig einem die neue Lebenssituation ist", sagt Karriereberaterin Claudia Enkelmann. Möglicherweise laufe alles nicht so, wie vorher gedacht. Oder man genieße die neue Rolle sehr.
"Deswegen sollte man erst nach der Entbindung entscheiden, für wie lange der Antrag auf Elternzeit sein soll."

(dpa/tmn)
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