Privatleben im Job Wenn Kollegen zu Freunden werden

Hamburg · Sie kennen die Marotten vom Chef oder die Probleme mit den Kunden: Mit Kollegen kann man sich gut austauschen. Manche Arbeitnehmer verabreden sich deshalb auch nach Feierabend. Doch kann so eine Bürofreundschaft gutgehen? Wie viel Privatleben dürfen Mitarbeiter im Job preisgeben?

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Foto: Shutterstock/ 108066572

Alexander Graves arbeitet seit viereinhalb bei einer Firma, die Snowboards über das Internet verkauft. Zum engen Team des Hamburger Start-ups gehören zehn Menschen. Mit allen ist Graves befreundet. Aus seiner Sicht ein klarer Vorteil: "Wir duzen uns, haben viel Spaß bei der Arbeit." Hierarchien gibt es kaum.

Freundschaften am Arbeitsplatz sind keine Seltenheit. Und wer sich mit den Kollegen gut versteht, geht in der Regel gern zur Arbeit. Doch Freundschaften im Job können Mitarbeitern auch Probleme bereiten. Lassen sie sich darauf ein, gilt es einiges zu beachten.

Gerade am Beginn einer Freundschaft sollten Berufstätige ihren Kollegen nicht zu viel von sich erzählen, rät die Karriereberaterin Madeleine Leitner aus München. Hobbys, Kinder oder der letzte "Tatort" seien gute Themen. Dadurch entsteht ihnen kein Nachteil, wenn der Kollege plötzlich zum Konkurrenten wird.

Mitarbeiter dürfen sich nicht erpressbar machen

Auch nachdem sich Mitarbeiter besser kennen, sollten sie sich nicht alles erzählen. "Sind Sie mal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, behalten Sie es für sich", empfiehlt der Psychologe Manuel Tusch aus Köln. Mitarbeiter dürften sich nicht erpressbar machen. Kommt es am Arbeitsplatz zu Konflikten, können sie sonst im Zweifelsfall nicht frei entscheiden, da sie der Kollege unter Druck setzt.

Trotz Freundschaften im Büro sollten Angestellte außerdem mit allen Kollegen im Gespräch bleiben, rät der Karriereberater Henryk Lüderitz. Nicht immer ist es so wie bei Gravis, dass Beschäftigte mit allen Mitarbeitern befreundet sind. Oft verstehen sich nur zwei oder drei Kollegen besonders gut und kapseln sich vom Rest des Teams ab. Das hat negative Auswirkungen auf das Betriebsklima.

Zur Feuerprobe kommt es bei Bürofreundschaften immer, wenn es im Job Konflikte gibt. Das kann etwa sein, dass es Probleme mit dem Vorgesetzten gibt oder es zu Kündigungen kommt. In so einer Situation sollten Berufstätige Job und Freundschaft strikt trennen und versuchen, professionell zu bleiben. Gibt zum Beispiel der Chef Mitarbeitern vertrauliche Informationen, dürfen sie diese ihrem Bürofreund nicht weitererzählen.

Privat nicht über den Job reden

Kommt es zum Extremfall und einer von beiden muss gehen, muss das nicht zwangsläufig das Ende der Beziehung bedeuten. "Man sollte sich privat treffen, aber nicht unbedingt über den Job reden", empfiehlt Lüderitz.

Einen Fehler sollten Mitarbeiter nicht machen: Selbst wenn sie sich mit ihren Kollegen gut verstehen, vernachlässigen sie alte Freundschaften am besten nicht. Das sei wichtig, um neue Denkanstöße zu bekommen und wegen des Freunds nicht immer automatisch an die Arbeit erinnert zu werden, sagt Tusch. Stellt sich heraus, dass der Bürokumpel doch kein echter Freund ist, können Mitarbeiter außerdem auf diesen Freundeskreis zurückgreifen.

Für Alexander Graves ist es bislang noch nicht zum Problem geworden, dass er mit seinen Arbeitskollegen befreundet ist. Im Gegenteil: Er schätzt, wie zuverlässig die Zusammenarbeit mit seinen Freunden klappt. Nur eins sei gelegentlich nervig. Manchmal falle es seinen Kollegen und ihm schwer, nicht über den Job zu reden. "Deshalb zwingen wir uns, in der Mittagspause und nach Dienstschluss auch mal andere Themen anzusprechen."

(dpa)
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