Neue Studie Minijobs verdrängen Vollzeitstellen

Nürnberg · Sie kellnern, bedienen an der Wursttheke oder füllen Regale auf - die Zahl der Minijobber wächst in Deutschland seit Jahren. Neue Arbeitsplätze entstehen dadurch allerdings kaum; zumindest in Gastronomie und im Handel verdrängen Minijobs häufig reguläre Stellen.

Das geht aus einer am Montag veröffentlichten Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. "Die Verdrängung findet vor allem in kleinen und mittleren Betrieben statt", berichteten die Arbeitsmarktforscher Christian Hohendanner und Jens Stegmaier.

Nach IAB-Erkenntnissen gibt es derzeit es in Deutschland rund 7,4 Millionen Minijobs - 2,5 Millionen davon werden im Nebenjob ausgeübt. Seit einer Reform im Jahr 2003 konnten Minijobber bislang bis zu 400 Euro verdienen, ohne Steuern und Sozialabgaben dafür zahlen zu müssen. Zum 1. Januar 2013 hat die schwarz-gelbe Bundesregierung die steuerfreie Einkommensgrenze auf 450 Euro angehoben.

Beliebt sind Minijobs nach Erkenntnissen der Arbeitsmarktforscher vor allem im Handel und der Gastronomie. In diesen Branchen spielten lange Öffnungszeiten und stark schwankende Nachfrage eine große Rolle. "Hier lässt sich der Faktor Arbeit optimal nutzen, wenn er in Minijobs gestückelt zum Einsatz kommt." Daher gehe die Schaffung neuer Minijobs dort mit der dem Abbau von regulären Arbeitsplätzen mit voller Sozialversicherungspflicht Hand in Hand. Allerdings gebe es auch Firmen, die es sich gar nicht leisten könnten, regulär bezahlte Mitarbeiter zu beschäftigen.

In größeren Betrieben mit mehr als 100 Mitarbeitern würden sich dagegen beide Beschäftigungsformen eher ergänzen. Dort gehe die wachsende Zahl von Minijobs häufig auch mit einer steigenden Zahl sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätzen einher.

Als Denkfabrik der Bundesagentur für Arbeit sieht das IAB die Minijobs dennoch kritisch. Zum einen schwächten sie die Sozialkassen und damit das deutsche Sozialsystem. Vor allem für Beschäftigte, die einen Minijob in Vollzeit ausübten, drohe damit später Altersarmut, weil sie nur eine geringe Rente zu erwarten hätten. Mini-Jobs seien in aller Regel auch schlechter bezahlt als reguläre Stellen. Minijobber erhielten oft auch nicht den sonst üblichen Urlaub und müssten häufig auf betriebliche Sonderzahlungen und Zuschläge verzichten.

Trotzdem stellten sie vor allem für Arbeitslose eine Chance dar.
Untersuchungen hätten gezeigt, dass Minijobs den Übergang nach längerer Arbeitslosigkeit erleichterten. Neben der Arbeitslosigkeit ausgeübte Minijobs sorgten dafür, dass Betroffene weiterhin berufliche Erfahrung sammelten.

Nach Ansicht des DGB-Bundesvorstandsmitglieds Annelie Buntenbach, zeigt die IAB-Studie, "dass in einzelnen Branchen die Verwerfungen durch Minijobs gravierend sind und sozialversicherungspflichtige Arbeit verdrängt wird." Vor allem die Arbeitgeber profitierten von Minijobs durch niedrige Kosten und die Aufsplittung von Arbeitsverhältnissen, erklärte sie am Montag in Berlin. Die Beschäftigten hingegen müssten oft niedrige Löhne akzeptieren und hätten nur eine unzureichende Alterssicherung, kritisierte sie in einer Erklärung.

(dpa)
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