So gelingt Jungunternehmern der Start

Reich werden mit einem Start-up oder ein Restaurant eröffnen: Viele Berufseinsteiger haben solche Träume - und mancher setzt sie auch um. Das erfordert Mut, denn ein Scheitern ist nicht ausgeschlossen.

Der ideale Gründer, den Tobias Kollmann beschreibt, klingt wie ein moderner Superheld. "Er muss davon überzeugt sein, etwas bewegen zu können", sagt der Professor für Betriebswirtschaftslehre (BWL) und Wirtschaftsinformatik an der Universität Duisburg-Essen. "Er braucht die Robustheit, um Fehlschläge wegstecken zu können. Er muss risikofreudig handeln, ohne ein Spieler zu sein. Er braucht Kommunikations-, Führungs- und Präsentationsfähigkeiten." Ein echtes Multitalent.

Trotz der hohen Ansprüche entscheiden sich viele Menschen für die Gründung eines eigenen Unternehmens, gerade in der internetaffinen Start-up-Szene. In dieser Branche sind die Gründer oft sehr jung. Das Durchschnittsalter der Start-up-Gründer, die die Unternehmensberatung KPMG für ihren "Deutscher Startup Monitor 2015" befragt hat, liegt bei knapp 35 Jahren. Die Daten von 1061 Start-up-Unternehmern flossen in die Untersuchung mit ein.

Oft sind die jungen Existenzgründer keine Einzelkämpfer. "Wegen der vielen Anforderungen gibt es häufiger Teamgründungen", sagt Kollmann. So war es auch bei Vincent Brass und Frederic Böert, die gemeinsam hinter dem Unternehmen Muun stecken. Im Gegensatz zu vielen anderen Start-ups existiert Muun nicht nur im Netz, sondern auch als Ladengeschäft in Berlin-Mitte. Dort verkaufen die beiden jungen Gründer mit ihren inzwischen sechs Mitarbeitern nur ein einziges Produkt: Eine Matratze, deren Materialien und Oberflächen Käufer selbst zusammenstellen dürfen.

Keine App also, keine wolkige Plattform, sondern nur eine spezifische Idee. Von der die Muun-Gründer aber offensichtlich überzeugt sind. "Du musst das Produkt selbst lieben und von Grund auf verstehen", sagt Böert. "Ich will mein eigener Kunde sein können." Wer was macht, ist bei den beiden klar abgesprochen. Während sich Böert eher um das operative Geschäft kümmert, ist Brass zum Beispiel für die Kommunikation zuständig. "Ich glaube, dass Gründerteams klare Arbeitsteilung brauchen", sagt er. "Das räumt viele Konflikte aus dem Weg."

Genug zu tun gibt es auch, wenn nicht jeder Gründer alles macht. Das reicht von eher kreativen Tätigkeiten wie Idee und Produktentwicklung über das Marketing per Webseite und App bis zum klassischen Unternehmer-Know-how für das Tagesgeschäft. Viele dieser Kompetenzen bringen die Gründer aus ihrem Studium mit. Böert hat in der BWL angefangen, Brass als Wirtschaftsingenieur. Nach dem Master in London, bei dem sie sich kennenlernten, haben beide trotzdem erst ein paar Jahre Berufserfahrung gesammelt.

Wichtig war rückblickend beides, sagt Brass: "Studium und Berufserfahrung hat beides unglaublich viel gebracht, ohne das hätte die Gründung niemals geklappt." So sieht das auch Böert. Er schätzt vor allem das Wissen, das er im Job drumherum gesammelt hat. "Wichtig ist zum Beispiel ganz banal, ob du einen Businessplan schreiben kannst", sagt er. "Aber auch, ob du mit einem Investor reden kannst, ob du die gleiche Sprache sprichst."

"Wir sehen nicht ganz so viele Gründungen direkt aus der Hochschule heraus", sagt Kollmann. Die Grundlagen kommen zwar häufig aus der Uni - die Idee für eine Firmengründung aber oft erst später. "Die meisten Gründungen sehen wir zeitversetzt drei bis fünf Jahre nach dem Hochschulabschluss." Das liegt zum einen daran, dass Berufseinsteiger in dieser frühen Phase des Arbeitslebens häufig noch nicht so viel Geld verdienen und der Ausstieg aus dem Angestelltendasein nicht ganz so hart ist. Außerdem: "Die meisten Gründer haben zu diesem Zeitpunkt noch keine Familie zu versorgen, und da ist es leichter, mal etwas zu riskieren", sagt Kollmann. Und das Risiko ist nicht gerade klein, warnt der Experte: "Von zehn Unternehmen im Portfolio eines Investors schaffen es acht nicht."

Ein gescheitertes Start-up muss allerdings kein Beinbruch sein. Viele Jungunternehmer versuchen es einfach nochmal. Laut der KPMG-Untersuchung hat rund ein Drittel der Gründer mindestens eine Pleite hinter sich. "Fehlschläge sind innerhalb der Gründerszene akzeptiert, auch bei den Investoren", sagt Kollmann. Manche Geldgeber suchten sogar gezielt nach Gründern, bei denen der erste Versuch nicht geklappt hat. "Denn die machen bestimmte Fehler im zweiten Anlauf nicht mehr."

Muun hat inzwischen auch finanzielle Unterstützer gefunden, am Markt ist das Unternehmen seit September 2015. Aber natürlich hätte die Gründung auch ins Auge gehen können, sagt Frederic Böert: "Wir haben rückblickend schon sehr riskante Sachen gemacht, ohne jetzt total naiv zu sein." Beide würden den Schritt aber auf jeden Fall wieder wagen.

(DPA-TMN)
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