Unsere Serie Wie werde ich ... Kameramann

Mainz/Ludwigsburg (RPO). Bei großen Blockbustern stehen sie oft in der dritten Reihe weit hinter Schauspielern und Regisseuren. Und auch bei kleineren Filmproduktionen bleiben sie von vielen unbemerkt. Dabei geht bei Film und Fernsehen ohne Kameraleute gar nichts. Sie sind es, die dafür sorgen, dass der Zuschauer die Bilder nicht gleich wieder vergisst, er beeindruckt, schockiert, berührt oder einfach informiert ist. Dazu allerdings gehört in der Regel viel Erfahrung und ein Mindestmaß an Talent.

"Die Bezeichnung des Kameramanns ist nicht eindeutig definiert und auch nicht sein Berufsfeld", sagt Matthias Haedecke, der seit Jahren beim ZDF so genannte Dokumentar-Spiele dreht, eine Mischung aus Dokumentation und Fernsehspiel. Die Bandbreite ist groß. "Zwischen Ballack und Ballhaus ist alles möglich", sagt der 44-Jährige. Die einen müssen sich nach einem Fußballspiel mit anderen Kameraleuten und Fotografen um die beste Perspektive prügeln, andere drehen wie der weltberühmte deutsche Kameramann Michael Ballhaus mit Volker Schlöndorff, Wolfgang Petersen oder Martin Scorsese. Entsprechend viele Ausbildungswege und Werdegänge gibt es.

Da sind zu allererst die Hochschulen wie die Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. "Unsere Bewerber müssen das Abitur haben und ein einjähriges Praktikum etwa bei einer Produktionsfirma oder einem Fernsehsender vorweisen und auch einen Bewerbungsfilm einreichen", sagt Filmakademie-Sprecherin Fenja Schnizer. Die Studienplätze an der renommierten Hochschule sind allerdings rar und begehrt.

"Von den Bewerbern laden wir dann einige zu dem einwöchigen Auswahlverfahren ein", erklärt Schnizer. In dieser Zeit müssen die Kandidaten unter anderem einen Kurzfilm drehen. "Dann folgt noch eine mündliche Abschlussprüfung." Erst wer die bestanden hat, kann das achtsemestrige Studium aufnehmen.

Neben den Hochschulen gibt es Berufsschulen und Fachakademien, die ebenfalls vor allem auf individuelle Auswahl setzen, so etwa die Deutsche Film- und Fernsehakademie in Berlin (dffb). Wie die Ludwigsburger Filmakademie legt auch sie den Schwerpunkt auf die künstlerische und weniger auf handwerklich-mediengestalterische Eignung. Einzig eine Aufnahmeprüfung entscheidet über die Zulassung zu dem Studium.

Wer zu dem achttägigen Auswahlverfahren eingeladen werden will, muss bereits für die Bewerbung eine ganze Reihe von Aufgaben erfüllen - beispielsweise ein Konzept für einen Dokumentarfilm vorlegen. "Wie in den meisten kreativen Berufen gilt es auch für angehende Kameraleute, sehr früh Kontakte zu knüpfen und sich erste Kenntnisse schon durch Praktika anzueignen", sagt Sybille Steinfartz von der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung Zentrale Bühnen-, Fernseh- und Filmvermittlung (ZFB) in Köln.

Das gilt auch für die Ausbildung zum Kameramann bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten. Der Hessische Rundfunk (HR) etwa bietet ein 18-monatiges Volontariat zum Kameraassistenten an, mit der Chance nach mehrjähriger Erfahrung Kameramann zu werden. "Die Bewerber müssen die mittlere Reife haben und eine abgeschlossene Ausbildung etwa als Fotograf oder Mediengestalter", erklärt Elke Kunze von der HR-Abteilung Aus- und Fortbildung in Frankfurt/Main.

Zudem müssen die Interessenten Arbeitsproben einreichen und in einem Gespräch überzeugen. "Kameraleute müssen extrem teamfähig, kontaktfreudig und kreativ sein und sich auf neue Situationen einstellen können", erklärt Kunze. Während der Ausbildung beim HR durchlaufen die Volontäre alle möglichen Stationen: "Sie sind bei Studioaufzeichnungen dabei, mit Teams für die aktuelle Berichterstattung unterwegs und auch bei Dreharbeiten für Spielfilme wie den Tatort", erklärt Kunze.

Selbst drehen dürften sie dabei auch. "Meistens entdecken die Volontäre dann ein Faible für eine der Richtungen", weiß Kunze. Denn nur die wenigsten bekommen anschließend einen festen Job beim HR, oftmals werden sie aber als freie Mitarbeiter beschäftigt. "In der modernen Medienwelt gibt es enorm viele Einsatzorte für Kameraleute", sagt auch die Arbeitsvermittlerin Steinfartz. Schließlich gebe es immer mehr Live-Sendungen und Reality-Formate, Werbefilme würden gedreht oder kleine Firmenpräsentationen. "Besonders gefragt sind natürlich die Absolventen der renommierten Hochschulen in Ludwigsburg, München und Berlin", sagt Steinfartz. Die allerdings seien oft auch bereit, zunächst bei Low- oder No-Budget-Produktionen mitzumachen, um Arbeitsproben zu bekommen.

"Jeder muss sich bewusst machen, dass in der Filmbranche nichts unmöglich ist, aber extrem viel Engagement notwendig ist", sagt Steinfartz. Eine Portion Glück gehört dazu. Michael Ballhaus etwa begann seine Kamerakarriere beim heutigen Südwestrundfunk, bevor ihn erst der deutsche Film, dann Hollywood entdeckte.

Weitere Informationen im Internet: Filmakademie Baden-Württemberg: www.filmakademie.de, Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin: www.dffb.de, Hessischer Rundfunk: www.hr-online.de.

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