Wenn Arbeiten zur Sucht wird Sind Sie ein Workaholic?

Düsseldorf · Schnell noch die Mails checken, kurz eine SMS an den Kollegen schicken und mal eben nach Feierabend das nächste Projekt vorbereiten – Workaholics könne nicht aufhören zu arbeiten. Doch fehlen die Auszeiten, kann das krank machen.

Test: Sind Sie ein Workaholic?
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Foto: Jens Schierenbeck, gms

Schnell noch die Mails checken, kurz eine SMS an den Kollegen schicken und mal eben nach Feierabend das nächste Projekt vorbereiten — Workaholics könne nicht aufhören zu arbeiten. Doch fehlen die Auszeiten, kann das krank machen.

Wer gerne und viel arbeitet und sich als Workaholic bezeichnet, erhält oft höhere Anerkennung. Doch die Grenzen zum zur krankhaften Sucht sind fließend. Die Folgen sind hart: Zwangs-Beurlaubung, Arbeitsplatz-Verlust, Burnout. Wir beantworten fünf Fragen zu Symptomen, Ursachen und Gefahren und zeigt, wie man dem Problem richtig begegnet.

Wer ist von der Arbeitssucht betroffen?

Einen nach Arbeit süchtigen Mitarbeiter gibt es laut Bernhard Juchniewicz, Präsident der European Coaching Association (ECA), Lehr-Coach und Workaholic und Burnout-Experte, nicht. Es gebe aber Mitarbeiter, bei denen die Arbeit ein narzisstisches oder omnipotentes Bedürfnis befriedige.

Auch Menschen, denen Zuhause etwas fehlt, können oft nicht aufhören zu arbeiten. Sie versuchen, sich das Fehlende durch ihre Arbeit als Ersatz einzuverleiben, anstatt ihr Privat- und Beziehungsleben befriedigend zu gestalten. "Schätzungen zufolge zeigen allein in Deutschland etwa 1 Million Menschen derartige Tendenzen, darunter insbesondere Selbständige und Angestellte in verantwortungsvollen Positionen", so Juchniewicz.

Laut einer Studie der Uni Bonn kann die Sucht nach Arbeit jedoch alle treffen — die Bezeichnung als "Manager-Krankheit" ist deswegen unzureichend. Schließlich können genauso gut Hausfrauen, Rentner und Studenten arbeitsfixiert sein.

Woran erkennt man einen Workaholic?

Ein Workaholic definiert sich durch einen zwanghaft fixierten Umgang mit der Arbeit, vergleichbar mit dem Umgang eines chronischen Alkoholikers. Dazu gehört laut Burnout-Experte Bernhard Juchniewicz nicht nur das zwanghafte Mehr- und Zuviel-Arbeiten, sondern auch das Vermeiden und Aufschieben von Arbeit. "Das passiert oft aus Perfektionismus oder Angst vor Misserfolgen und Abwertung von Vorgesetzten. Workaholics ziehen die Arbeit förmlich wie ein Magnet an", so der Experte.

Workaholics sagen in der Regel eher ja und machen die Arbeit auch lieber selbst. Juchniewicz weiter: "Sie glauben, sie können es eben schneller, perfekter, besser. Sie sind die Macher, die Alleskönner. Sie arbeiten gerne für sich und denken fast immer an ihre so wichtige Arbeit, selbst in ihrer spärlichen Freizeit opfern sie sich gerne." Fachlichen Rat suchten sie Betroffene meist erst, wenn massive körperliche, psychische und soziale Probleme auftauchen.

Wie kann Workaholics geholfen werden?

Der erste und wichtigste Schritt ist, dass Betroffene ihr Problem erkennen und sich selbst ihre Arbeits-Fixierung eingestehen. Weil bei Arbeit Abstinenz auf Dauer nicht möglich ist, müssen Workaholics einen angemessenen Umgang mit ihrer beruflichen Tätigkeit und Freizeit neu lernen.

Dabei hilft der Gang zum Arzt oder zum Psychologen. Auch ein Coach kann dabei helfen, den richtigen Umgang mit der Arbeit wiederherzustellen. "Hierzu können Workaholics einen Berufsverband, wie die ECA, anschreiben und bitten bei der Suche nach einem geeigneten Coach behilflich zu sein", erklärt Berndhard Juchniewicz.

Wie können Angehörige einem Workaholic helfen?

Angehörige merken oft als erste, dass ein Problem vorliegt — meist viel früher als Betroffene selbst oder ihre Arbeitgeber. Berndhard Juchniewicz rät, eine positive Ausgangslage zu schaffen, die Arbeits-Fixierung anzusprechen und vielleicht sogar zu lösen. Angehörige sollen Hilfe und Unterstützung anbieten, dabei aber die nötige Distanz bewahren.

Zudem sollten sie ihr Verhalten nicht mehr dem Workaholic anpassen. "Definieren Sie ihre eigenen Bedürfnisse", so der Experte. "Machen Sie Vorschläge für die Freizeit, die nichts mit der Arbeit zu tun haben, sondern nur Spaß machen. Und planen Sie regelmäßig entspannende Aktivitäten und Gespräche." Hilft das alles nicht mehr, sollte man sich Beistand von Außen holen — beispielsweise in einer Selbsthilfegruppe, einer Paartherapie oder einem Management- und Gesundheits-Coaching.

Was muss sich am Arbeitsplatz ändern?

Laut dem Burnout-Experten wäre es für Unternehmen hilfreich, Mitarbeiter im Zeit- und Selbst-Management zu schulen und ihr Bewusstsein für Tiefen-Entspannung zu stärken. "Vor allem Vorgesetzte, Teamleiter und Betriebsräte sind gefragt, das Arbeitsverhalten der Kollegen aufmerksam zu beobachten und dabei positiv und nachhaltig zu verändern", so Juchniewicz weiter. "Sollte dennoch Verdacht auf Workaholic bestehen, sollten sie die Betroffenen im vertraulichen Gespräch auf die Gefahren hinweisen und weitere Ansprechpartner vermitteln"

(anch)
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