Risiko von Schlaganfall und Herzinfarkt Dicker Bauch macht krank

München (RPO). Senioren dürften ruhig etwas mehr Gewicht auf die Waage bringen, meinen Forscher der Universität von Westaustralien. Über 70-Jährige mit ein paar Extra-Pfunden lebten länger als normalgewichtige Gleichaltrige, so ihre beruhigende Botschaft. Doch die Erkenntnisse aus dem fernen Australien sind noch lange kein Freibrief zum Schlemmen.

 Die deutschen Bundesbürger sind im Durchschnitt zu dick und tragen so ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit sich.

Die deutschen Bundesbürger sind im Durchschnitt zu dick und tragen so ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit sich.

Foto: AP/Reto Stockli, NASA Earth Observatory/Collage rpo

"Es gibt mehr und mehr Studien, die das Übergewicht relativieren", sagt Rüdiger Landgraf, Vorsitzender der Deutschen Diabetes-Stiftung (DDS). Dabei kommt es immer auf die Fettverteilung an. Zu viel Bauchspeck macht auf Dauer eindeutig krank - jung wie alt, Frau oder Mann, Studie hin oder her. Ein dicker Po oder dicke Schenkel sind nicht das Problem.

Ein Wohlstandsbauch ist der klassische Einstieg ins sogenannte Metabolische Syndrom, ist auch Hans Hauner, Ernährungsmediziner an der Technischen Universität München, überzeugt. Das Metabolische Syndrom hängt wie ein Damoklesschwert über den Millionen Bundesbürgern, die zu viel Fett in ihrer Körpermitte angesammelt haben. Sie alle leben mit dem stark erhöhten Risiko, Diabetes, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu bekommen - und sind meist ahnungslos.

Obwohl das Metabolische Syndrom als Wohlstandskrankheit schlechthin gilt, ist es nur den wenigsten Betroffenen ein Begriff. Ein Syndrom ist das Zusammentreffen mehrerer Symptome, die zusammen eine Erkrankungsform bilden. Beim Metabolischen Syndrom spielen gleich vier Risiken eine Rolle.

Strenge 80 Zentimeter

Mit dem "Rettungsring" fängt alles an. Er ist das untrügliche Anzeichen dafür, dass auch die inneren Organe wie die Bauchspeicheldrüse, die Leber oder Darmschlingen von einer dicken Fettschicht umhüllt sind. Dieses Gewebe produziert gefährliche Hormone, die über das Blut im ganzen Körper verteilt werden.

Zwar machen die Fettzellen am Bauch nur 10 bis 15 Prozent der gesamten Fettmasse des Körpers aus, aber sie geben leichter und schneller gespeicherte Moleküle ab als andere Fett-Depots, etwa an Hüften, Armen oder Oberschenkeln. Der Stoffwechsel (Metabolismus) gerät allmählich aus dem Lot. Die Blutgefäße verkalken. Der Blutdruck steigt, was oft jahrelang unerkannt bleibt, weil es kaum Beschwerden macht.

Unbehandelt schädigt Hochdruck die Gefäße. Auch der Blutzuckerstoffwechsel kommt mit der Zeit aus dem Tritt, die Blutfettwerte steigen. Bis zu zehn Jahre können vergehen, bis sich daraus Diabetes des Typs 2, also Altersdiabetes, entwickelt. Ein Teufelskreis - und das alles wegen einiger Kilo mehr um den Leib. Wer seine Pfunde nicht purzeln lässt, läuft Gefahr, dass Herz und Gefäße schwer geschädigt werden.

Frauen mit einem Taillenumfang von mehr als 88 Zentimetern gelten als gefährdet. Bei Männern kann es ab 102 Zentimetern kritisch werden, hat die Amerikanische Herzgesellschaft herausgefunden. Die internationale Diabetes-Gesellschaft (IDF) ist noch strenger und gibt sogar Grenzwerte von 80 (Frauen) und 94 Zentimetern (Männer) vor.

Zur Diagnose des Metabolischen Syndroms müssen aber auch noch weitere Risikofaktoren da sein wie zu hohe Triglyceride oder zu niedriges HDL-Cholesterin, Bluthochdruck, erhöhter Nüchternblutzucker oder Diabetes Typ 2. Die gute Nachricht: Wird das Problem frühzeitig erkannt, lässt es sich vergleichsweise einfach "reparieren".

Ran an den Bauch

Schrumpft der Wohlstandsbauch, also speckt der Übergewichtige ab, bekommt er auch seine Risikofaktoren wieder in den Griff. Das Konzept dafür ist jedermann bekannt: Bequemlichkeit ade, ausgewogen ernähren, viel bewegen. Schon fünf bis sieben Prozent Körpergewicht weniger lassen allein das Diabetes-Risiko um 60 Prozent sinken.

Wer das Gefühl hat, in der Taille deutlich zugelegt zu haben, sollte das Maßband nehmen und nachmessen. In der Apotheke kann man sich Blutdruck- wie Blutzuckerwerte messen lassen. Fallen diese ungünstig aus, sollten Betroffene zum Arzt gehen und den vierten Risikofaktor, die Blutfette, untersuchen lassen, rät die Stiftung Rufzeichen Gesundheit.

(apd/nbe)
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