Sprechstunde Peter Albers Dubiose Krebsberater kassieren im Internet

Patienten haben ein Recht auf eine zweite Meinung. Sie muss allerdings medizinisch qualifiziert sein.

Unser Leser Alfred K. (60) aus Viersen fragt: "Bei mir ist Prostatakrebs festgestellt worden. Meinem Urologen vertraue ich sehr, trotzdem möchte ich vor der Operation noch eine zweite Meinung einholen. Darf ich das?"

Peter Albers Ja, das dürfen Sie. Der Gesetzgeber denkt ohnehin über ein Recht der Patienten zur Zweitmeinung nach, wenn eine Operation ansteht. Besonders Krebs-Patienten verspüren oft diesen Wunsch, die Therapievorschläge ihres Arztes durch eine zweite Meinung abzusichern.

Woran liegt das? Zum einen werden Krebsdiagnosen häufig unsensibel und unter Zeitdruck vermittelt; das deutsche Gesundheitswesen bezahlt nur wenig fürs Reden. Zum anderen sind die Vorschläge häufig drastisch, wie etwa bei Prostatakrebs, wenn die Entfernung der Vorsteherdrüse mit möglicher Inkontinenz und Impotenz droht. Nicht zuletzt werden Ängste der Patienten auch durch Medienberichte geschürt, die auf unnötig viele Operationen und ärztliche Kunstfehler abheben.

Wie kann man dieses Dilemma auflösen? Zunächst einmal gibt es in Deutschland durch zertifizierte Krebszentren (sogenannte "Onkologische Zentren der Deutschen Krebsgesellschaft") eigentlich eine sehr gute Struktur für Patienten, damit die weiteren Therapieschritte kostenfrei und in Ruhe besprochen werden.

Dafür wurden diese Zentren mit einer Finanzierung durch die Deutsche Krebshilfe etabliert; ihre Beratungsqualität wird regelmäßig und unabhängig überprüft. In diesen Zentren ist die Neutralität in der Therapieaufklärung etwa zwischen Strahlentherapie und Operation oder Überwachung garantiert. Alle Entscheidungen werden aufgrund von interdisziplinären Leitlinien gegeben. Der Patient kann sich mit vollständigen Befunden jederzeit und auch kurzfristig zu einer Beratung vorstellen (Liste der Krebszentren unter www.krebsgesellschaft.de).

Darüber hinaus gibt es in fast allen Städten Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen (auch in der NRW- Krebsgesellschaft in Düsseldorf) zu fast allen Tumoren, die ebenfalls angefragt werden können.

Etwas anonymer hat die Politik im Rahmen des Nationalen Krebsplans eine Patiententelefonnummer eingerichtet, um eine Krebsberatung zu organisieren. Vor allem wichtig ist aber das Vertrauen in den erstbehandelnden Arzt, denn dieser wird in der Regel zu einer Zweitmeinung raten, wenn er in der Erstberatung bereits neutral über alle Therapiemöglichkeiten aufgeklärt hat und der Patient trotzdem diesen Wunsch äußert. Tut er dies nicht, hat er dafür sicher Gründe - dies sollte die Patienten aber stutzig machen.

Abraten muss man jedoch von den im Internet von angeblichen "Krebsspezialisten" annoncierten Zweitmeinungs-Portalen, bei denen Geld für eine Beratung bezahlt werden muss. Leider sind hier auch einige Krankenkassen engagiert.

Eine zweite Meinung zur empfohlenen Krebstherapie ist bei vernünftiger und neutraler Aufklärung häufig gar nicht erforderlich. Sollte der Patient jedoch eine Bestätigung durch einen anderen Arzt wünschen, dann darf dafür über die mit den Krankenkassen vereinbarte Beratungsgebühr hinaus (meist etwa 50 Euro für ein 20-minütiges Gespräch mit dem Arzt) kein Geld bezahlt werden.

Krebs ist meist eine gut behandelbare Erkrankung, und glücklicherweise haben wir in Deutschland durch die Krebszentren ein international herausragendes System zur qualifizierten Therapie. Mit der verständlichen Angst vor Krebs darf kein Geld verdient werden.

Professor Peter Albers ist Direktor der Urologischen Universitätsklinik Düsseldorf.

(RP)
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