Nicht alle essen alles Extremkost: Was Frutarier, Veganer und Co. mögen

Düsseldorf/Bonn · Die Angst vor Fleisch, das Krankheitserreger in sich trägt, die Zunahme von Antibiotikaverwendung in der Viehmast und nicht tiergerechter Haltung treibt ihre Früchte: Rund 720.000 Menschen in Deutschland ernähren sich fleischlos. Neben Vegetariern gibt es Veganer und solche, die nur Früchte zu sich nehmen. Auch der Mitbegründer des Apple-Konzerns Steve Jobs soll zeitweise als Frutarier gelebt haben.

Frutarier, Rohköstler und Co.
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Foto: dpa, Mascha Brichta

Über die Frage der gesunden Ernährung streiten nicht nur omnivore Esser, also alle die, denen eigentlich alles schmeckt mit Vegetariern, also denen, die konsequent auf Fleisch verzichten. Auch Wissenschaftler, egal welchen Ernährungslagers, haben diese Frage noch nicht eindeutig beantwortet. Zu komplex seien die Wege, die Nährstoffe im menschlichen Körper zurücklegen und das vielverzweigte Netz von Ursache und Wirkung noch nicht entschlüsselt.

Die Deutsche Gesellschaft (DGE) empfiehlt eine vollwertige Lebensweise, zu der fünf Portionen Obst oder Gemüse am Tag ebenso zählen wie reichlich Getreideprodukte, täglich Milchprodukte und ein- bis zweimal in der Woche Fisch und Fleisch. Die DGE bezieht sich bei ihren Empfehlungen auf die Annahme, dass in keinem Lebensmittel alle notwendigen Nährstoffe vorhanden sind und darum eine gesunde Ernährung nur dann sichergestellt ist, wenn man verschiedenste Lebensmittel Getreideprodukte wie Obst oder Gemüse und auch Eier, Wurst, Fisch und Fleisch miteinander kombiniert. Das sehen nicht alle so.

Die Ovo-Lacto Vegetarier leben nach anderen Regeln als die Veganer oder die Pescarier, die Rohköstler nach anderen Gesichtspunkten als die Frutarier. Was postuliert wer und was ist gesund?

Das halten die meisten für normal

Für das Gros der Deutschen gehört ein saftiges Steak ebenso mit zu einem ausgewogenen Essen wie auch Brot, Geflügel, Eier, Milchprodukte und Blumenkohl, Möhren und Honig. Die Palette ist also bunt gemischt und meidet keine Lebensmittelgruppe. Sie alle werden auch als Allesesser bezeichnet.

Als größte Gruppe neben ihnen finden sich die Vegetarier. Das sind jene Menschen, die auf Fleisch verzichten, je nach Definition auch auf Fisch. Rund 720.000 sollen es nach Schätzungen des Vegetarierbundes Deutschland sein. Zwischen den beiden Sphären stehen dann noch die Flexitarier, auch Teilzeitvegetarier genannt, die im Großen und Ganzen versuchen, auf Fleisch zu verzichten. Hin und wieder aber nehmen sie doch Fleisch zu sich.

Ovo-Lacto-Vegetarier bezeichnet unter den Vegetariern diejenigen, die zwar auf Fleisch und Geflügel verzichten, wohl aber Milchprodukte und andere tierische Erzeugnisse wie Honig oder Eier zu sich nehmen. Wer sich für diese Ernährungsform entscheidet, erlegt sich zwar einige engere Regeln auf, muss jedoch meist nicht um Mangelerscheinungen fürchten. Sie stellen sich durch den Verzehr von Eiern und Milchprodukten neben der vegetarischen Ernährung nicht ein.

Vegetarier leben gesünder und länger

Nach einer Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) haben Vegetarier ein drastisch verringertes Sterblichkeitsrisiko. Während in der Gruppe der Allesesser 100 Menschen starben, waren es bei den Vegetariern lediglich 59 im gleichen Zeitraum. Nach genauer Auswertung der Untersuchung zeigt sich, dass die gelegentlichen Fleischkonsumenten für die gesündeste Lebensweise entschieden haben.

Neben Fleisch, Geflügel und Fleischprodukten kommt Veganern grundsätzlich nichts Tierisches auf den Tisch. Auf ihrem Speiseplan stehen weder Milch, noch Eier noch Honig oder Milchprodukte und ebenso wenig Produkte, in denen Gelatine oder Schmalz verarbeitet sind. In manchen Fällen lehnen Veganer auch Arzneimittel ab, in denen tierische Produkte enthalten sind, kaufen aus ethischen Gründen keine Schuhe, die aus Leder sind.

Veganer müssen bei der Zusammenstellung ihrer Nahrung vor allem darauf achten, dass sie ausreichend mit Eiweiß, Vitamin B12, Calcium, Eisen und Jod versorgt sind. Wer sich mit Nährstoffen nicht so genau auskennt, oder aber nicht weiß, welche Gemüse, Früchte und Hülsenfrüchte was enthalten, riskieren eine Mangelversorgung.

Pescetarier sind eine nicht sehr weit verbreitete Form der Vegetarier und werden mitunter auch mit den Ovo-Lacto-Vegetariern in einen Topf geworfen. Sie essen zwar kein Fleisch und Geflügel, dafür aber Fisch und andere tierische Produkte wie Milchprodukte, Eier und Honig. Auch haben sie meist mit Lederprodukten und Daunenkissen kein Problem.

Die Extrem-Exoten

Frutarier, essen auch Fruganer, Fructarier, Frutaner oder Fruitaner genannt, erlegen sich noch engere Regeln auf: Sie verzichten wie alle Veganer auf alles Tierische, ebenso aber auch auf alle pflanzlichen Produkte, bei denen Pflanzen beschädigt werden. Auf ihrem Speiseplan stehen damit ausschließlich Obst- du Gemüsesorten, die gepflückt werden können: Kürbisse und Bohnen sind erlaubt, nicht aber der Blumenkohl Kartoffeln oder Möhren, denn um sie zu gewinnen müssen die essbaren Teile der Pflanze von den nicht essbaren getrennt werden.

Nach Auffassung der Frutarier gibt die Natur nur manche Früchte und Gemüse freiwillig her. Dazu zählen auch Nüsse, Samen und Getreide oder aber Beeren und Gemüsesorten, die aus einem befruchteten Blütenstand wachsen. Auf diese beschränken sie sich streng bei ihrer Ernährung. Oft sind es ethische Gründe, die Frutarier zu ihrer extremen Lebensweise führen. Sie möchten im Einklang mit der Natur leben. Nach Auffassung vieler Ernährungswissenschaftler ist mit dieser Ernährungsweise jedoch das Risiko Mangelerscheinungen zu erleiden groß. Schnell riskieren sie vor allem Kalzium-, Eisen und Vitamin B-Mangelzustände.

Steve Jobs angebissener Apfel als Lebensgefühl

Nach Schätzungen der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe ist der Anteil der Frutarier äußerst gering. Er vermutlich bekanntester Vertreter war einige Zeit lang der Apple-Mitbegründer Steve Jobs. Seiner für einige Zeit in den 1970er Jahren gelebten Ernährungsweise soll auch das Apple-Logo, der angebissene Apfel, zuzuschreiben sein.

Neben ihnen gibt es noch die Rohköstler, die gekochte Nahrung für schädlich halten. Als gekocht gilt Nahrung, die über mehr als 40 Grad erhitzt wurde. Auf diese Art und Weise wollen sie vor allem Vitamine und Enzyme erhalten, die sonst "totgekocht" wären. Rohköstler sprechen sich nicht grundsätzlich gegen das Essen von Fleisch aus. Allerdings könnten sie es nicht gekocht zu sich nehmen. Je nachdem, welchen Ansatz sie verfolgen, essen Rohköstler auch Insekten. Manche aber bleiben auf der Kräuter-, Frucht-, Gemüse-Schiene.

Auch Lebensmittel, die verfahrenstechnisch erhitzt werden müssen, scheiden für die Ernährung aus. Trockenfrüchte stehen ebenso wenig auf dem Speiseplan wie Fertigsäfte aus dem Kühlregal oder kaltgepresste Öle. Erlaubt sind hingegen Samen, Pilze, Wildkräuter und in manchen Fällen gestatten sich Rohköstler auch Rohmilchkäse.

Wissenschaftler der Universität Gießen untersuchten 1997 diese Form der Ernährung und kamen zu dem Schluss, dass Rohköstler häufig untergewichtig waren und zudem zu wenig mit den Vitaminen D, B2, B12 und Niacin versorgt waren. Ebenso kurz kam bei den meisten die Zufuhr mit den Mineralstoffen Zink, Kalzium und Jod.

(wat)
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