Riesen-Umsatz und große Probleme Der Goldrausch der Kapseln

Düsseldorf · Der Absatz von Kaffeekapseln steigt mit jedem Jahr. Ein günstiges Vergnügen ist der Aluminiumkaffee nicht.

So entsteht der perfekte Milchschaum
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George Clooney ist der begehrteste Frühergraute der Welt. Wer den Hollywood-Star als Gesicht für seine Werbekampagne buchen möchte, der sollte entweder auf einer Goldader sitzen. Oder Kaffee in kleinen Portionsdöschen, Kapseln genannt, verkaufen. Das Geschäft ist ähnlich lukrativ, und zwar so, dass am Ende noch etwas für den Superstar übrig bleibt.

Der Kaffeegenuss der Deutschen hat sich in den vergangenen 15 Jahren massiv verändert. Als die Frage "mit Milch und Zucker oder schwarz?" noch die einzige Variationsmöglichkeit für den Aufgebrühten war, da war Helmut Kohl noch Kanzler und Fairtrade (sprich: "Vertreeht") musste mutmaßlich irgendetwas mit Fußball zu tun haben. Heute aber, da Angela Merkel bald Helmut Kohl als Rekordkanzler(-in) abgelöst haben wird, da ist das Kaffee-Universum um Begriff wie Latte, Machiatto, Lungo, Capriccio, Espresso bereichert. Und wenn Sie sich für eine Sorte entschieden haben, dann muss erst noch die Frage der Crema oder des Milchhäubchens geklärt sein, bevor Sie sich dann noch einen Sirup (Caramelito vielleicht?) nachgießen. In dieser Kaffeewelt feiern Kaffeekapseln einen sehr bemerkenswerten Erfolgszug.

"Suspended Coffee": Hier kann man Kaffee spenden
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Foto: Lisa Nowag

Das Pfund kostet fast 30 Euro

Die Deutschen trinken so viel Kaffee wie nie. Im vergangenen Jahr waren es nach Angaben des Branchenverbands rund 164 Liter pro Kopf. Der Anteil des Röstkaffees daran ist in den vergangenen Jahren erheblich gesunken auf nun 275.000 Tonnen. Kontinuierlich steigt der Absatz in Einzelportionen mit Kapseln oder Pads, und den größten Erfolgszug feiern Kaffeekapseln. 12.700 Tonnen Kaffee wurde 2013 in den kleinen Fertigdöschen verkauft, ein Zuwachs von 27 Prozent.

Das Erstaunliche daran ist: Die gerne sparsamen Deutschen sind bereit, für die vermeintliche Luxuskomponente des Kaffeeaufbrühens erheblich mehr Geld auszugeben. Der Branchenführer Nespresso des Schweizer Lebensmittelkonzerns Nestlé nimmt für seine Kapseln auf Bestellung zwischen 35 und 42 Cent. In Sonderangeboten kann es natürlich auch schon mal günstiger sein. Gehen wir im Folgenden von 35 Cent aus. Da kostet das Pfund schon 29,16 Euro. Da stockt Kohl-Wählern der ersten Stunde schon die Kaffeesahne im Aufgebrühten. Nehmen wir dagegen ein sehr durchschnittliches Pfund Kaffee bei beliebigen Röstern. Preis: 6 Euro (es geht natürlich auch teurer oder günstiger). Aus einem Pfund Filterkaffee (egal ob in herkömmlichen Filtermaschinen oder im Vollautomaten) ergeben sich je nach Dosierung etwa 64 Tassen. Das bedeutet, jede Tasse kostet etwa 9,3 Cent (den Preis für den Filter kann man vernachlässigen). Jede einzelne Tasse Filterkaffee ist also schon mal knapp 26 Cent günstiger als Kapselware des teuersten Herstellers.

Wiederbefüllbare Kapseln sind ein Nischenprodukt

Rechnet man das auf das Jahr hoch, zahlt der durchschnittliche Nespresso-Trinker für seine Jahresration etwa 287 Euro. Der Filterkaffee-Schlürfer zahlt hingegen 76,88 Euro. Anders ausgedrückt: Für dasselbe Geld, das der Kapselbrüher binnen eines Jahres in sein Maschinchen schmeißt, lässt der Filterbrüher 3,7 Jahre Kaffee kochen.

Noch schöner: Von den gut 210 Euro Differenz der Jahreskosten kann der altbackene Filterbrüher ungefähr 878 Gramm (also 146 Tassen) Kopi Luwak-Kaffee kaufen. Das ist der umstrittenste, teuerste Kaffee der Welt, dessen Bohnen vor der Röstung auf Sumatra von Luwak-Katzen ausgewählt, verköstigt, verdaut und ausgeschieden werden. Kapseltrinker kriegen stattdessen Aluminium als Beigabe. Bisher noch ein Nischenprodukt für Kapselbrüher ist die wieder befüllbare Kapsel. Ein solches Gerät gibt es auch für Pad-Maschinen. Dadurch wird der Kaffee zwar wieder schlagartig günstiger, der Prozess des Kochens aber auch wieder wesentlich aufwändiger; was dem Geist einer Kapsel widerspricht. Finanziell sind Filterfreunde also deutlich im Vorteil. Allerdings müssen sie damit leben, dass George Clooney lieber für Kapseln wirbt.

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