In den Supermärkten Krummes Obst und Gemüse wieder "in"

Düsseldorf · Vier Wochen lang gibt es in ausgewählten Edeka-Filialen unter dem Motto "Keiner ist perfekt" krummes Gemüse und Obst. Damit soll der Lebensmittelverschwendung ein Riegel vorgeschoben werden – und die Kunden sparen Geld.

Vier Wochen lang gibt es in ausgewählten Edeka-Filialen unter dem Motto "Keiner ist perfekt" krummes Gemüse und Obst. Damit soll der Lebensmittelverschwendung ein Riegel vorgeschoben werden — und die Kunden sparen Geld.

Seit neustem verkauft Michael Brück Obst und Gemüse, das sonst nicht den Weg in die Supermarkt-Regale schafft. Der Grund dafür, dass diese besonderen Lebensmittel bislang stiefmütterlich behandelt wurden: Die Karotten haben zwei Wurzeln und sehen aus, als wüchsen ihnen Beine, die Gurken sind so sehr gekrümmt, dass sich die Enden fast berühren, und die Kartoffeln sind nicht in Form. Brück, Marktleiter von Edeka Paschmann an der Suitbertusstraße in Düsseldorf, ist gespannt, wie die Lebensmittel mit Schönheitsfehlern bei den Kunden ankommen werden. "Wir testen das Projekt vier Wochen lang. Noch kaufen die Kunden die krumme Ware spontan, aber vielleicht spricht sich die Aktion herum und die Leute kommen gerade deswegen zu uns", sagt er.

"Keiner ist perfekt"

Unter dem Motto "Keiner ist perfekt. Unsere Initiative gegen Lebensmittelverschwendung" landet einen Monat lang B-Ware in den Auslagen ausgewählter Edeka-Filialen. "Vier Großhandelsbetriebe in Südbayern, Nordbayern-Sachsen-Thüringen, Rhein Ruhr und Nord sowie Netto Marken-Discount nehmen mit ausgewählten Märkten teil", so das Unternehmen. B-Ware oder Ware der Handelsklasse II, das sind Lebensmittel, die nicht der Norm entsprechen, erklärt Peter Muß, Geschäftsführer des Provinzialverbandes Rheinischer Obst- und Gemüsebauern.

"Bestimmte Ware darf nicht im Handel verkauft werden, da sie nicht der EU-Norm entspricht. Man kennt das von der krummen Gurke", sagt der Experte. Dabei ginge es nicht um Qualität, denn qualitativ stünden die Produkte mit Schönheitsmängeln dem genormten Obst und Gemüse in nichts nach. "Aber eine krumme Gurke zum Beispiel nimmt im Karton mehr Platz weg als eine gerade. Dadurch können weniger Gurken transportiert werden und die Transportkosten steigen", erläutert Muß. Und so landet ein Teil der Ernte regelmäßig im Futterkrug von Tieren oder gar auf dem Müll — nicht aber beim Verbraucher. Bis jetzt. Rewe International verkauft bereits in Märkten in Österreich krummes Obst und Gemüse. "Wunderlinge" heißen diese. Wie auch bei Edeka werden die Lebensmittel zu einem günstigeren Preis angeboten, als ihre perfekt geformten Artgenossen, 20 Prozent Rabatt gelten als sicher.

Neues Image für die krumme Gurke

Frank Waskow, Lebensmittelexperte der Verbraucherzentrale NRW, begrüßt den Vorstoß. "Wir fordern schon lange, dass krummes Obst und Gemüse in die Sortimente kommt. Es ist unverständlich, dass dem nicht längst so ist, denn die Qualität dieser Lebensmittel ist sehr gut." Er glaubt jedoch nicht, dass es reicht, dem Verbraucher die Ware nur anzubieten. Ein Image-Wechsel sei von Nöten, denn oftmals beurteilten die Kunden Lebensmittel nach ihrem Äußeren und assoziierten mit optischen Mängeln qualitative Mängel. Mit Werbeslogans wie "Keiner ist perfekt" und "Wunderlinge" sei man da auf dem richtigen Weg. "Zudem muss die Ware günstiger angeboten werden als Fehlerfreie, sonst scheitert das Vorhaben." Laut Frank Waskow gehen rund zehn Prozent der in Deutschland angebauten Lebensmittel nicht in den Handel. "Das ist eine Verschwendung von Ressourcen."

Auch für die heimischen Landwirte könnte es sich lohnen, wenn ihre optisch nicht einwandfreie Ware bald einem breiteren Publikum angeboten würde. "Bisher gilt die Regelung, dass diese Ware zwar auf dem eigenen Hof angeboten werden kann, nicht aber in den Handel darf", erklärt Experte Peter Muß.

In den teilnehmenden Edeka-Filialen landen in den kommenden Wochen krumme Kartoffeln, Zwiebeln, Äpfel, Karotten und Gurken aus überwiegend deutschem Anbau in der Auslage, so das Unternehmen. "Anschließend werden wir die Ergebnisse auswerten und über eine mögliche Ausweitung entscheiden." Peter Muß würde es freuen, wenn "hässliche" Ware eine Chance bekäme: "Es ist schade um jedes Lebensmittel, das weggeworfen wird, weil es nicht gut genug aussieht."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort