Ernährung Die zehn gängigsten Lebensmittel-Mythen im Test

Düsseldorf · Ob Grüntee, Rotwein oder Joghurt - immer wieder werden Lebensmittel als Garanten eines langen und gesunden Lebens gefeiert. Doch was können sie tatsächlich leisten? Wir geben einen kritischen Überblick zu den zehn angeblich gesündesten Nahrungsmitteln.

Äpfel "An apple per day keeps the doctor away". In dieser alten Weisheit der Volksmedizin, dass Äpfel zur Gesundheit beitragen, steckt durchaus etwas Wahrheit. Denn die zu den Ballaststoffen zählenden Pektine des Apfels binden Gallensäuren an sich, so dass die Leber diese zur Fettverdauung benötigten Stoffe bilden muss, indem sie sich aus dem Cholesterinpool des Körpers bedient. Und das kann erheblichen Einfluss auf die Blutfette haben. In einer US-amerikanischen Studie senkte der tägliche Verzehr von 75 Gramm getrockneter Apfelscheiben den LDL-Cholesterinwert der Probanden um 23 Prozent, und das binnen eines halben Jahres. Das sind Effekte, die mit medikamentösen Cholesterinsenkern mithalten können. Allerdings können die Pektinwerte je nach Apfelsorte sehr unterschiedlich ausfallen.

Fisch Fischölpräparate zählen in Drogerien und Supermärkten zu den Bestsellern. Ein Forscherteam der englischen Universität East Anglia fand jedoch in einer Übersichtsarbeit "keinen schlagkräftigen Beweis dafür, dass Omega-3-Fettsäuren das Sterblichkeitsrisiko und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren". Ein Einfluss auf die Entstehung von Krebs wurde ebenfalls nicht nachgewiesen. Der Fisch an sich scheint jedoch sehr wohl zu wirken. Als man an der kalifornischen Linda University die Sterbequoten unterschiedlicher Ernährungsstile verglich, schnitten die Pescetarier (sie meiden Fleisch, essen aber Fisch) extrem gut ab. Sie lebten sogar noch länger als strenge Veganer.

Gewürze Viele Gewürze haben auch eine Geschichte als Heilkraut, und einige ihrer medizinischen Wirkungen sind mittlerweile wissenschaftlich belegt. So lindert Ingwer Reise- und Schwangerschaftsübelkeit, und dass die Gewürznelke Schmerzen mildert, wusste schon unsere Oma, wenn sie die kleinen "Aromabomben" in ihren Karieslöchern deponierte. Das Currygewürz Curcuma fördert den Gallefluss. Es verdünnte in einem kanadischen Experiment die zähen Drüsensekrete von Mukoviszidose-Kranken. Salbei hilft bei Husten, Zahnfleischentzündungen und Halsweh sowie - zumindest vorübergehend - bei übermäßiger Schweißbildung, während Bockshornklee die Milchproduktion stillender Mütter anregt. Das Problem der Gewürze ist jedoch, dass man für eine therapeutische Wirkung zu Dosierungen greifen muss, die ein mitteleuropäischer Gaumen nur schwer ertragen kann. Da bleibt nur der Griff zu entsprechenden Präparaten - und die kosten weit mehr als die Gewürzdose aus dem Supermarkt.

Grüner Tee (4) Die große Euphorie der 1990er, als das asiatische Getränk zum Allzweckmittel gegen alle möglichen Krankheiten stilisiert wurde, ist etwas verflogen. Aber dass seine sogenannten Catechine den Körper vor "freien Radikalen", also vor aggressiven Sauerstoffverbindungen schützen, steht außer Frage, und dieser Effekt spielt eine Schlüsselrolle in der Prävention von Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Selbst bereits bestehende Tumorzellen treibt der Grüntee, wie eine Studie der University of Wisconsin ermittelte, in die Apoptose, also in den programmierten Zelltod. Das macht diesen Tee zwar nicht zu einem Ersatz für konventionelle Krebstherapien, aber es erklärt, warum Grüntee-Trinker so selten an Krebs erkranken.

Joghurt Eine aktuelle Studie der amerikanischen Harvard School of Public Health kommt zu dem Schluss, dass bereits eine Tagesration von 28 Gramm Joghurt ausreicht, um das Risiko für Diabetes Typ 2 um 17 Prozent zu drücken. Dies bestätigt die stoffwechselaktiven Effekte, die von den Milchsäurebakterien in dem Milchprodukt ausgehen. Zudem trainieren sie nachweislich das Immunsystem, schützen dadurch vor diversen Infekten und Allergien. Problematisch bleibt jedoch, wie Ernährungsmediziner Stephan Bischoff von der Universität Hohenheim warnt, dass sich die einzelnen Joghurts in ihrer mikrobiotischen Zusammensetzung stark voneinander unterschieden und man nicht wisse, welcher davon zu welchem Kunden passt. "In diesem Bereich müssen wir noch viel dazulernen", sagt Bischoff.

Knoblauch Die aromatischen Schwefelverbindungen der Knolle attackieren diverse Krebszellen und Keime, darunter Schnupfenviren. Ihre cholesterinsenkende Wirkung gilt ebenfalls als sicher, und in einer aktuellen spanischen Studie offenbarten sie sich als Wachstumsmotor für die Muskeln. Eine Alternative zum Knoblauch wäre allerdings der einheimische Bärlauch. Denn er enthält vier Mal mehr Schwefelstoffe als sein asiatisches Pendant. Trotzdem riecht man nach seinem Verzehr weniger, weil das Chlorophyll der Bärlauchblätter diesen Nebeneffekt einschränkt.

Nüsse Ein deutsches Forscherteam unter Leitung des deutschen Ernährungswissenschaftlers Hans Biesalski kam jüngst in einer Übersichtsstudie zu dem Resümee: "Der konsequente Nussverzehr empfiehlt sich, um den gesundheitlichen Status eines Menschen zu verbessern." Denn Nüsse schützen aufgrund ihrer Vitamine und ihrer ungesättigten Fettsäuren nicht nur vor Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern auch - trotz ihres hohen Fett- und Kalorienwertes - vor Übergewicht. Der Grund: Die kernigen Eiweißlieferanten machen nachhaltig satt. Außerdem lassen sie die Körpertemperatur ansteigen. Sie machen also warm ums Herz, und dabei werden viele Kalorien verbraucht.

Olivenöl Die Mittelmeerdiät schützt nachweislich vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sogt dafür, dass sich die Körperzellen häufiger teilen können. Fraglich ist allerdings, ob dabei der hohe Fisch- und Gemüseanteil oder aber das Olivenöl die Hauptrolle spielt. Immerhin konnte sein Wirkstoff Oleocanthal im Labor nachweisen, dass es ähnlich wirkt wie das bekannte Schmerz- und Rheumamittel Ibuprofen, nur nicht ganz so intensiv, dafür aber ohne dessen Nebenwirkungen.

Rotwein Laut French Paradox, einer seit 1992 nicht nur unter Ärzten beliebten Gesundheitsformel, erkranken die Franzosen wegen ihres hohen Rotweinkonsums seltener an Herz und Kreislauf, obwohl sie ähnlich viel rauchen und Fleisch essen wie andere Europäer. Die Formel gilt mittlerweile als widerlegt. Dass aber die zu den Gerbstoffen zählenden Rotwein-Procyanidine den Blutfluss stabilisieren, gilt als sicher. Das Problem dabei: In der modernen Weinproduktion mit ihren kurzen Gärzeiten gehen diese Substanzen massiv verloren, zudem sind sie in den einzelnen Traubensorten sehr unterschiedlich vertreten. Den höchsten Procyanidingehalt (vier Mal höher als in anderen Rotweinen) fanden britische Forscher in der südfranzösischen Weinsorte Tannat.

Schokolade Kakao enthält ähnliche Wirkstoffe wie grüner Tee, er könnte daher ähnliche Wirkungen haben. Wenn er jedoch mit großen Mengen Fett und Zucker zur Vollmilchschokolade wird, bleibt davon kaum etwas übrig. In einer englischen Studie senkte zwar Schokolade die LDL-Cholesterinwerte von Diabetikern, doch dabei wurde, wie Studienleiter Stephen Atkin von der University of Hull betont, eine Schokolade mit einem Kakao-Anteil von 85 Prozent verwendet. Das ist bitter. Atkin zufolge reicht dann aber auch eine Tagesration von nur 45 Gramm - und das kann man schaffen.

(RP)
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