Umgang mit Lebensmitteln Schlechtes Essen ist gefährlicher als Rauchen

Düsseldorf · Vegane Kochbücher als Bestseller, Spenden für den verpackungsfreien Supermarkt, Bio im Discounter. Für Verbraucher in Deutschland nimmt ein nachhaltiger Umgang mit Umwelt und Lebensmitteln einen zunehmend wichtigen Stellenwert ein. Aus Sicht von Experten kann das nur der Anfang sein.

Immer mehr Verbraucher in Deutschland schauen bei Ernährung und Umweltverhalten genau hin. Der Trend zu Bio und Nachhaltigkeit ist zur festen Größe geworden. Exemplarisch für den aktuellen Stellenwert kann der Wirbel um verpackungsfreie Supermärkte gelten. Die Gründer des Startups "Original Unverpackt" sammelten via Spendenaktion im Netz binnen weniger Tage viermal so Geld ein wie eigentlich benötigt.

Ganz offensichtlich stoßen ihre Motive auf Zuspruch. Weg vom Konsum- und Verpackungswahn, raus aus den Abfertigungshallen der Supermärkte, hin zu einem bewussten Umgang mit Ernährung, Umwelt und sich selbst.

Der Eindruck bestätigt sich beim Blick auf die Statistik. 30 bis 40 Prozent der Deutschen kaufen regelmäßig Bioprodukte. Und die Trendkurve zeigt nach oben. "Moralisch-ethische Kriterien werden für die Verbraucher immer wichtiger", konstatierte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) Anfang Mai. Bio, fair gehandelte Produkte, Regionalität und sparsames Einkaufen, um Müll zu vermeiden — bei allen vier untersuchten Kriterien stellten die Marktforscher einen leichten Zuwachs fest.

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Die Motive sind vielfältig. Eine tragende Rolle bei der Kaufentscheidung spielt unter anderem der Wunsch, sich etwas Gutes zu tun. Verbraucher verbinden Lebensmittel mit Gesundheit und Wellness. Entsprechend hoch sind laut GfK die Ansprüche an Qualität. Hinzu kommen noch weitere Faktoren wie regionale Verbundenheit zum Hersteller oder aber die abschreckende Spätwirkung von Lebensmittelskandalen.

Aus Sicht von Ernährungsexperten ernähren sich aber immer noch viel zu viele Menschen katastrophal. Auf einer Konferenz der UN-Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf fällten sie ein drastisches Urteil. So bewerten die Experten schlechte Ernährung als eine noch größere Gefahr für die Gesundheit als das Rauchen.

"Ein Teil der Welt isst sich im wahrsten Sinne des Wortes zu Tode", warnte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan am Montag in Genf. Immer noch seien Fertignahrung und Getränke mit zu hohem Zuckergehalt allgegenwärtig, bequem und billig. Besorgniserregend sei vor allem die Zunahme von Fettsucht unter Kindern. Das trifft auch für Deutschland zu. Jedes fünfte Kind hierzulande ist zu dick.

Aus Sicht der WHO ist es nun mit Apellen nicht mehr getan. Der UN-Sonderbeauftragte für das Recht auf Nahrung, Olivier De Schutter, forderte ein internationales Abkommen zur Bekämpfung potenziell krankmachender Lebensmittel und Essgewohnheiten. Nötig sei eine "globale Konvention zum Schutz und zur Förderung gesunder Ernährung".

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Das höchste Gremium der Weltgesundheitsorganisation (WHO) berät bis zum 24. Mai unter anderem über Maßnahmen gegen die Ausbreitung nicht übertragbarer Krankheiten wie Diabetes, Krebs, Herzleiden oder Fettsucht. Viele solcher Gesundheitsprobleme werden durch ungesunde Ernährung begünstigt oder hervorgerufen. Die unguten Essgewohnheiten müssten genauso energisch wie der Nikotinmissbrauch bekämpft werden, sagte De Schutter.

(pst)
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