Ernährung Warum auch schlanke Menschen zu viel Fett haben können

Düsseldorf · Äußerlich sind sie schlank, auch der Body-Mass-Index ist im Lot. Trotzdem können schlanke Menschen zu viel Körperfett haben. Dann haben auch sie, genauso wie Übergewichtige, ein höheres Risiko für Krebs, Demenz oder einen Schlaganfall. "Skinny fat" nennen Experten das Phänomen.

Das sind entzündungshemmende Lebensmittel in unserer Ernährung
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Das sind entzündungshemmende Lebensmittel

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Über Adipositas wird regelmäßig gesprochen, zumal Fettleibigkeit das Risiko für Diabetes, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erhöht. Was dagegen oft übersehen wird: Das Problem betrifft nicht nur übergewichtige Menschen. Schätzungen zufolge haben etwa 40 Prozent der Schlanken das gleiche Problem, das Übergewichtige mit sich herumtragen: Sie haben zu viel Körperfett.

So trügerisch ist der BMI

Auch wenn der Body-Mass-Index (BMI) mit einem Wert von unter 25 Normalgewicht anzeigt, kann der Schein trügerisch sein. Der BMI nämlich setzt Körpergröße und Gewicht in Relation zueinander. Was er nicht berücksichtigt: Was ist Fett und was ist Muskelmasse? Das Problem der augenscheinlich Schlanken ist nämlich ihre Körperzusammensetzung: zu wenig Muskelmasse, dafür zu viel Fett. Gerade so wie bei einem Adipösen.

Sogenannte TOFIs (Abkürzung für Thin outside, fat inside) lagern ebenso wie auch Übergewichtige oder Adipöse Fett in ihren Organen ein, sagt Aline Emanuel Ernährungsdozentin an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement in Saarbrücken. Auf diese Weise strapazieren TOFIs ihre Gesundheit mit Problemen wie Fettleber, Bluthochdruck und deutlich erhöhten Risiken für Schlaganfall, Krebs oder Diabetes Typ 2.

Skinny fat - daran erkennt man es

Wie aber erkennt man, dass man skinny fat ist? Ernährungsmedizinerin sowie Buchautorin Anne Fleck hat dazu Studiendaten ausgewertet und beschreibt die Betroffenen so: "Sie haben ein schlankes Äußeres, schmale Gelenke, kaum Muskulatur, eingefallene Schultermuskeln, eine eingesunkene Brust und klassischerweise kleine Speckröllchen am Bauch."

Daneben lässt sich auf verschiedene andere Weise herausfinden, ob man zu den TOFIs zählt. Eine Möglichkeit besteht darin, den Bauchumfang zu ermitteln. Gemessen wird dabei auf Höhe des Bauchnabels zwischen zwei Atemzügen. Frauen sollten ihren Umfang in der ersten Zyklushälfte messen. Liegt dieser über 80 Zentimetern bei Frauen und 94 Zentimetern bei Männern, erhöht sich laut Fleck das Risiko für Diabetes Typ 2 erheblich.

Mit dem Maßband an den Speck

Der Bauchumfang ist aus folgendem Grund interessant: Durch ihn lässt sich die Verteilung des Fetts aufdecken. Man unterscheidet zwischen dem Apfel- und dem Birnentyp. Gesünder steht der Birnentyp mit seinen Pölsterchen an Po und Beinen da, dem subkutanen Unterhautfettgewebe. Auch wenn diese optisch störend sind, sind sie jedoch nicht stoffwechselaktiv.

Findet sich das Fett hingegen eher in der Körpermitte, spricht man vom Apfeltyp. Seine Pölsterchen sind hart und lassen sich schwer greifen. Zu diesem Typus zählen zum Beispiel Männer mit runden, dicken Bäuchen, aber auch junge Mädchen, die sich schlecht ernähren und wenig bewegen. Sie haben sogenanntes viszerales Fett, das als Hauptverursacher von ernährungsbedingten Erkrankungen zählt, sagt Emanuel.

Solches Fettgewebe setzt stoffwechselaktive und entzündungsfördernde Botenstoffe und Hormone ab, erklärt die Ernährungsdozentin. Diese Botenstoffe und Hormone könne immunologische Folgereaktionen auslösen, zum Beispiel eine Entzündung der Fettzellen - die Basis für Insulinresistenz, Herzinfarkt oder Krebs. Aus diesem Grund ist für TOFIs eine Ernährung wichtig, die auf entzündungsfördernde Lebensmittel wie Zucker, Weißmehl oder Sonnenblumen- und Distelöl verzichtet.

Körperfettwagen sind nach Einschätzung der Ernährungsdozentin nur bedingt zur Beurteilung des Fett- und Muskelanteils geeignet. "Wenn man eine solche Waage benutzt, sollte man darauf achten, dass sie auch über einen Handgriff verfügt. Sonst misst man lediglich den Fettanteil in den Beinen", sagt sie. Dies sei wenig aussagekräftig.

Entlarven lässt sich ein TOFI hingegen ebenfalls über sein Blutbild. Ein mäßig hoher Nüchternblutzucker, erhöhte Entzündungs- oder Leberwerte gelten als Warnhinweis, lassen sich aber durch mehr Bewegung und eine angepasste Ernährung wieder normalisieren. Die große Herausforderung allerdings: viszerales Fett bringt man weder durch Bauchübungen noch Ausdauertraining auf dem Stepper zum Schmelzen. Effektiv ist hingegen Krafttraining.

So werden Schlanke das Fett los

Wer nicht mehr skinny fat sein möchte, der sollte auf Süßes, Industriezucker, Alkohol, Fastfood, Weißmehl und sehr kalorienreiche Kost verzichten. Häufiger Fehler: Die meisten essen zu wenig Ballaststoffe, dafür aber viele zuckerhaltige Nahrungsmittel. Der Effekt: Der Blutzuckerspiegel schießt in die Höhe. Der Körper produziert blutzuckersenkendes Insulin. Das bewirkt, dass der Körper besonders viel Fett einlagert.

Fleck empfiehlt hingegen, bei den Hauptmahlzeiten auf frische Zutaten zu setzen. Rund die Hälfte sollte aus Gemüse bestehen. Eine Hand voll aus tierischem sowie pflanzlichem Eiweiß wie Nüssen, Samen, Quark, Ei, Fisch oder Fleisch. Was viele erstaunt: Fett ist kein Problem, solange man zu den richtigen Fetten greift. Zu diesen zählen Omega-3-Fettsäuren wie aus fettem Fisch wie Lachs oder Hering und einfach ungesättigte Fettsäuren wie sie in Olivenöl oder Nüssen stecken. Als Maß für eine gesunde Menge Fett kann die Größe des Daumens dienen, sagt Fleck. Kohlenhydrate hingegen sollte man mit Bedacht zu sich nehmen, besonders wenn man sich kaum bewegt.

(wat)
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