Emotionen und Essverhalten Warum Filme im Fernsehen dick machen

Würzburg · Traurige Filme können sich übel auf das Gewicht auswirken. Wer so richtig mitleidet, ist besonders vom Naschen gefährdet, fanden Wissenschaftler der Universität Würzburg heraus und lieferten eine Erklärung dafür gleich mit.

Das sind Dickmacher
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Foto: AP

Es passiert ganz nebenbei: Bei einem gemütlicher Fernsehabend mit der x-ten Wiederholung von "Titanic", "Beim Leben meiner Schwester" sind "rubbeldiekatz" plötzlich zwei Tüten Chips verdunstet. Dass das passiert, ist nicht nur eine Sache des Geschmacks, sondern auch eine der Gefühle, fanden Psychologend der Universität Würzburg heraus.

Wie sich Emotionen auswirken

"Wenn Menschen in Ruhe den Fettgehalt von Speisen einschätzen sollen, dann liegen sie mit ihrer Einschätzung meist richtig", erklärt Studienleiterin Dr. Petra Platte. Ganz anders aber sah das aus, nachdem die Probanden in Würzburg aus einem traurigen Film kamen. "Besonders die, die vom Typus eher ängstlicher oder grüblerischer waren, waren danach nicht mehr in der Lage zwischen fettig und fettarm zu unterscheiden", sagt die Psychologin. Sie konnten den Unterschied zwischen Magermilch und Sahne nicht mehr erkennen. Das erkläre auch, warum stark übergewichtige Menschen häufig davon berichten, dass sie eigentlich gar nicht so viel essen. In solchen Fällen macht es vielleicht die Menge nicht, aber die ungünstige Zusammensetzung der Speisen.

Dass vor dem Film nicht nach dem Film ist, zeigte sich auch bei Zuckertests: Unter dem Einfluss starker Emotionen langten die Probanden nach dem Videoerlebnis bei Süßem mehr zu. Bei der Verkostung vor der cineastischen Berieselung konnten sie dagegen sowohl Fettgehalt als auch unterschiedlichen Süßegrad klar erfassen und einordnen. Ebenso war es auch nach einer langweiligen Dokumentation über die Herstellung von Kupfer, bei der sich die Emotionen auf "Normalpegel" befanden. "Wir nehmen darum an, dass die emotional sehr betroffenen Leute sich von emotionalen Filmen derart gefangen nehmen lassen, dass keine mentalen Ressourcen mehr für die Beurteilung der Nahrungszusammensetzung vorhanden sind."

Und wie sieht es bei Stress aus?

"Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass sich das Essverhalten, das wir in normalen Lebenssituationen haben, auch in Stresszeiten durchsetzt", so Platte. Frauen, die ständig versuchen, ihr Gewicht zu kontrollieren, weil es sonst aus dem Ruder läuft, langen erst recht zu, wenn sie unter Strom stehen. Frauen, die ohne Diäten leben, essen unter Belastung weniger.

Grundsätzlich reagiert rund ein Drittel der Bevölkerung unter starker Belastung mit einer Appetitsteigerung. Das restliche zwei Drittel nicht. Der Grund dafür liegt in der Evolutionsbiologie begründet: Stress löst in uns Fluchtmechanismen aus, die beim Urmenschen dazu geführt haben, loszulaufen. Mit vollem Bauch aber läuft es sich nicht so gut. Intensive Emotionen wie beispielsweise Prüfungsangst können darum die Lust auf das Essen hemmen, denn sie sind mit Reaktionen verknüpft, die sich nicht mit Essen vereinbaren lassen.

Da wir aber nicht nur aus Hunger, sondern auch aus Langeweile, um Stress abzubauen, aus Freude oder Trauer essen, gilt für die, die unter keinen Umständen Kummerspeck ansetzen wollen der Rat der Adipositas-Forscherin Dr. Petra Platte: "Essen Sie nicht vor dem Fernseher." Wer auf die Chips oder die Schokolade denn gar nicht verzichten möchte, der sollte zumindest vorher eine begrenzte Portion in ein Schälchen füllen, damit er im Schwang der Gefühle nicht zu reichlich zulangt.

(wat)
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