Weltvegantag In diesen Produkten ist Tier versteckt

Düsseldorf · Am Sonntag ist Weltvegantag: Doch wer tierische Bestandteile gänzlich vermeiden will, hat es schwer. Denn die sind auch in Waren enthalten, die nicht danach aussehen. So kommen Fruchtsäfte oder Chips oft nicht ohne "tierische Hilfe" aus.

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Foto: Nicole/"vegan power girl":

Immer mehr Menschen entscheiden sich dazu, nicht nur auf Fleisch und Fisch, sondern auf alle tierischen Produkte zu verzichten. Laut Vegetarierbund gibt es rund 900.000 Veganer in Deutschland (Stand Januar), andere Umfragen kommen zu noch höheren Zahlen.

"Die vegane Ernährungsweise ist nicht länger nur ein Trend, sie ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen", sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Zu einer solchen Lebensweise gehört es aber nicht nur, Nahrung ohne tierische Bestandteile zu konsumieren, auch andere Produkte sollten vegan sein.

Stierblut zum Filtern von Rotwein

Kein Problem, mögen die meisten denken, ein Blick auf die Inhaltsangabe dürfte genügen, um sicher sein zu können. Das ist ein Irrglaube, weiß Felicitas Kitali, Ernährungswissenschaftlerin bei der Tierschutzorganisation Peta. Orangensaft wird oft über Gelatine oder Fischblasen geklärt, ebenso wie Wein.

In Spanien wird Rotwein teils sogar noch mit Stierblut gefiltert. Die Liste der Lebensmittel, die fälschlicherweise für tierfrei gehalten werden, ist lang. Auch Essig gehört dazu. Einige Sorten enthalten Chitin, das aus zermahlenen Schalen von Krustentieren hergestellt wird.

Hersteller sind rechtlich nicht dazu verpflichtet, die tierischen Zutaten kenntlich zu machen. "Viele Firmen wissen, dass das nicht gut klingt, darum nutzen sie einfach eine andere Bezeichnung", sagt Kitali. Zum Beispiel wird statt "hydrolyzed animal protein" (hydrolysiertes tierisches Protein) eher "hydrolyzed collagen" (hydrolysiertes Kollagen) verwendet. "Das ist einfach für die Firmen, aber frustrierend für den Konsumenten." Noch frustrierender ist, dass es Tausende Bezeichnungen gibt, die nicht als tierische Stoffe zu entlarven sind. Peta führt auf ihrer Internetseite eine Liste mit hunderten Namen auf.

Vegan ist nicht gleich tierversuchsfrei

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Foto: Simon Vollmeyer

Gelatine etwa müsse nicht aufgeführt werden, weil das tierische Produkt nur ein sogenannter Verarbeitungshilfsstoff ist. "Diese Stoffe werden während der Produktion hinzugesetzt, aber auch wieder herausgenommen und müssen daher nicht gekennzeichnet werden", erklärt Nora Dittrich von der Verbraucherzentrale NRW. Aber nicht nur Lebensmittel sind betroffen. Kosmetik ist ein weites Feld, in dem nicht nur tierische Inhaltsstoffe, sondern auch Tierversuche eine große Rolle spielen.

Dabei gilt: Vegan ist nicht gleich tierversuchsfrei, erklärt Philip Heldt, ebenfalls von der Verbraucherzentrale. "Bei Kosmetik ist es besonders schwierig, sich zu vergewissern, weil manche Inhaltsstoffe aus tierischen, statt synthetischen oder pflanzlichen Stoffen hergestellt sein können, dies aber nicht klar gekennzeichnet werden muss", sagt der Experte.

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Foto: Endermann, Andreas

Es sei also eigentlich unmöglich, das nachzuvollziehen, denn selbst die Nachfrage beim Unternehmen bringe nicht unbedingt Klarheit. Wer wirklich sichergehen will, dass das Produkt ohne tierische Stoffe auskommt, sollte sich im Internet nach Unternehmen erkundigen, die es sich zum Grundsatz gemacht haben, vegane Produkte herzustellen, rät Heldt.

Kurios ist die Verwendung von tierischen Stoffen in Produkten wie Autoreifen oder Zigarettenfiltern. In Autoreifen zum Beispiel ist es die Stearinsäure, die enthalten sein kann, weiß Kitali. Stearinsäure wird in der Automobil-, Lebensmittel- und Arzneimittelindustrie als Zusatzstoff verwendet und kann aus pflanzlichen oder tierischen Fetten hergestellt werden. In manchen Zigarettenfiltern verwenden die Hersteller Hämoglobin, denn der Eiweißstoff, gewonnen aus Schweineblut, dient zum Aussieben von Schadstoffen aus dem Tabak.

Der Grund, dass Hersteller auf tierische statt pflanzliche oder synthetische Stoffe zurückgreifen, ist oft derselbe: Sie sind nicht etwa besser, sondern einfach günstiger. "Oder es hat historische Gründe", sagt Kitali. Damals sei es üblich gewesen, alles vom Tier zu verwerten. Das gilt auch heute noch: Schlachter, die die Tiere töten, sei es für die Fleisch-, Pelz-, Woll-, Milch-, Eier- und Fischerei-Industrie, bieten die anfallenden "Nebenprodukte" zum Verkauf an.

Manche Hersteller, die auf tierische Inhaltsstoffe verzichten, kennzeichnen ihre Ware entsprechend. Hundertprozentig zuverlässig sind diese Etiketten allerdings auch nicht, da es keine staatlichen Kontrollen gibt und die Begriffe "vegan" oder "vegetarisch" nicht verbindlich oder geschützt sind. Die Europäische Vegetarier Union hat das "V" entwickelt. Das Label ist freiwillig und soll es Vegetariern europaweit erleichtern, geeignete Lebensmittel zu finden. Es markiert Produkte, die ohne Rohstoffe aus Tieren hergestellt wurden - ohne Gelatine, Knochen oder Schlachtfette.

Dittrich von der Verbraucherzentrale sagt: "Es liegt bereits seit Januar 2014 ein Antrag im Europaparlament zur besseren Kennzeichnung von veganen und vegetarischen Produkten. Getan hat sich bisher allerdings nichts." So bleibt es Aufgabe des Konsumenten, nachzufragen und zu hoffen, dass Hersteller wahrheitsgemäß Auskunft geben.

(RP)
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