Milchunverträglichkeit Wie mit laktosefreien Produkten getrickst wird

Düsseldorf · Bauschschmerzen, Blähungen, Durchfall - immer mehr Menschen entdecken, dass sie auf den Konsum von Milch mit unangenehmen Symptomen reagieren. Helfen sollen da "laktosefreie Produkte". Die sind zwar oft teuer, sollen aber einen beschwerdefreien Genuss ermöglichen. Dass dabei geschummelt wird, wissen die wenigsten Verbraucher.

Fünf Fragen zur Laktoseintoleranz
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Fünf Fragen zur Laktoseintoleranz

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Foto: dpa, scg lof jol wst

Fleischsalat, Nudeln, Käse oder Milch ohne Laktose, das bietet inzwischen jeder Supermarkt an. Sogar Discounter haben sich auf den speziellen Bedarf eingestellt, und stellen oft sogar unter der hauseigenen Marke laktose- und auch glutenfreie Produkte her.

Warum sich so viele Konsumenten täuschen lassen

Doch obwohl die gefüllten Supermarktregale zeigen, dass viele Menschen auf die milchzuckerfreien Produkte setzen, ergeben Studien gleichzeitig, dass nur die wenigsten wissen, worum es sich bei Laktoseintoleranz wirklich handelt. Laut einer Umfrage von TNS-Emnid im Auftrag von Danone mit 1000 Teilnehmern, kennen zwar 98 Prozent den Begriff Laktoseintoleranz, jeder Dritte meinte sogar genau zu wissen, was dabei passiert - tatsächlich konnten allerdings nur 50 Prozent der Befragten überhaupt Symptome benennen.

Dennoch fragen sich viele, die regelmäßig mit Verdauungsproblemen kämpfen, ob es sich dabei um eine Lebensmittelunverträglichkeit handeln könnte. Aufschluss darüber, ob jemand wirklich zu den zehn bis 15 Prozent Betroffenen in Deutschland gehört, gibt ein Atemtest, der den Gehalt an Gasen wie Methan und Kohlendioxid misst. Sie werden dann vermehrt gebildet, wenn Laktose, also Milchzucker, durch das mangelnde Enzym Laktase nicht in Galaktose und Glukose aufgespaltet werden kann. Erreicht es in ganzer Form den Dickdarm, wird es dort durch Darmbakterien vergoren. Die Gase, die bei diesem Prozess entstehen, werden unter anderem abgeatmet und können dann gemessen werden.

Um diese Reaktion zu vermeiden, können Menschen mit Unverträglichkeit entweder auf Milchprodukte verzichten, oder gentechnisch hergestellte Laktase in Form von Tabletten vor dem Essen aufnehmen. Die dritte Variante ist, vorbearbeitete Milchprodukte zu konsumieren. Das ist richtig. Falsch ist allerdings der Glaube, dass diese speziellen Lebensmittel auch Vorteile für Menschen ohne eine solche Gesundheitsproblematik bringen. Zwar schmecken sie oftmals etwas süßlicher, ein Nebeneffekt der Laktosespaltung, vitaminreicher, ökologischer oder auch einfach leichter verdaulich, sind sie für gesunde Menschen jedoch nicht.

Die Tricks der Lebensmittelhersteller

Aber sogar Betroffene könnten sich etliche der vermeintlichen Verdauungshelfer sparen. Denn in vielen Fällen handelt es sich bei den speziellen laktosefreien Produkten um Waren, die auch unbehandelt nur einen geringen Wert an Laktose aufweisen würden. Nur weiß das so gut wie niemand.

Camembert beispielsweise, enthält weniger als ein Gramm Laktose auf 100 Gramm Käse, und gilt somit als für die meisten Menschen mit Milchunverträglichkeit als gut verträglich. Trotzdem ist er in zahlreichen laktosefreien Sortimenten enthalten. Das gleiche gilt für lange gereifte Käsesorten wie Gouda, Tilsiter oder Parmesan. Auch Butter kann in der Regel problemlos vertragen werden. Menschen, die bis zu einem Gramm Milchzucker auf 100 Gramm Nahrungsmittel vertragen, könnten sogar Mozzarella oder auch kleinere Mengen Nuss-Nougat-Creme essen.

Besonders deutlich wird die Schummelei bei Nudeln, Marmelade oder Ketchup. Nicht selten sind sie als laktosefrei gekennzeichnet - und somit teurer. Tatsächlich enthalten alle diese Produkte jedoch natürlicherweise keinen Milchzucker. Doch, "mit einem vermeintlichen gesundheitlichen Zusatznutzen lassen sich Preiserhöhungen durchsetzen", wie die Ernährungsexpertin Karin Riemann-Lorenz von der Verbraucherzentrale Hamburg der Sendung NDR Markt erklärt. Und das nicht zu knapp.

In einem Vergleich von 24 Lebensmitteln konnten die Verbraucherschützer zeigen, dass die speziellen Lebensmittel bis zu zweieinhalb mal teurer sind, als die entsprechenden handelsüblichen Varianten. Für den Verbraucher kann das pro Produkt einen Kostenunterschied von 50 Cent bis zu über einen Euro ausmachen, und zwar bei Grundnahrungsmitteln wie Milch, Käse und Butter. Sinnvoll ist das für diejenigen, die wirklich wissen, dass es Milchzucker ist, der ihnen das Leben schwer macht. Für alle anderen aber, ist es rausgeschmissenes Geld.

(ham)
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