Fit für das neue Jahr Schlank werden in fünf Minuten
Düsseldorf · Die Bluse spannt, der Gürtel drückt - nach den Feiertagen klagen viele über Extrapfunde. Mit hochintensivem Intervalltraining schmilzt das Hüftgold in wenigen Tagen.
Neues Jahr, neues Glück, neue Figur - mit diesem Dreiklang im Kopf haben sich viele Deutsche zu Silvester zugeprostet. Was sich noch bis zum Neujahrsmorgen gut anhört, entpuppt sich allerdings oft schon am 3. Januar als problematisch. Denn Vorsätze brauchen Disziplin, und die geht gerade beim Verzicht auf Süßes, Fettiges und Alkoholisches vielen ab. Kaum einer hat Lust, stundenlang in der Kantine den perfekten "Abnehm-Teller" zusammenzustellen. Und die wenigsten haben die Zeit, mehrfach pro Woche im Fitnessstudio zu schwitzen. Das ist aber auch gar nicht mehr nötig.
Immer mehr setzt sich eine ganz andere Methode durch: das Hoch-Intensitäts-Intervall-Training (engl. High Intensity Interval Training), kurz HIIT. Statt lang und stetig wird hier, wie der Name schon sagt, in kurzen Etappen mit möglichst hoher Intensität trainiert. Nach jeder heftigen Sportphase gibt es eine kurze Erholungspause.
"Das Problem beim normalen Ausdauertraining ist, dass der Körper sehr ökonomisch arbeitet und clever ist", sagt der Sportwissenschaftler und Personal Trainer, Tillmann Lewien. "Das bedeutet, er versucht nie mehr Energie aufzuwenden, als er unbedingt muss." Joggt jemand zwei oder dreimal pro Woche eine bestimmte Kilometerzahl, gewöhnt sich der Körper folglich schnell daran und optimiert die Trainingsprozesse so, dass keine Steigerung von Muskelaufbau und Ausdauer möglich ist. "Beim Hochintensitäts-Training wird diese Grenze leichter durchbrochen", sagt Lewien. "Das führt dazu, dass fünf Minuten überschwelliges HIIT mehr Fitness bringen als eine Stunde unterschwelliges Joggen."
So ist ein HIIT aufgebaut
Ein klassisches HIIT kann auf zwei Arten aufgebaut sein: Entweder soll eine bestimmte Anzahl Wiederholungen einer Übung schnellstmöglich ausgeführt werden. Etwa 15 Kniebeugen in möglichst kurzer Zeit. Oder aber es müssen innerhalb von 20 Sekunden so viele Kniebeugen wie möglich gemacht werden. Dann folgt meist eine Pause von wenigen Sekunden, an die sich die nächste Übung, etwa ein Burpee, anschließt. "Weil sich eine Variable immer nach der individuellen Leistung des Trainierenden richtet, ist sichergestellt, dass jeder an seiner persönlichen Grenze entlang arbeitet", erklärt der Fitnesstrainer. Denn das Ziel ist nicht, irgendwie 20, 40 oder 70 Kilo in die Luft zu stemmen, sondern der Sportler versucht bei jeder Trainingseinheit aufs Neue, nur seine eigene Leistungsgrenze zu überschreiten. Das ist es auch, was die Verletzungsgefahr trotz starker Belastung gering hält.
"Trotzdem gilt aber, dass zuerst die Ausführung sauber sein muss und dann erst die Geschwindigkeit dazugenommen werden sollte", weiß der Sportwissenschaftler. "Deswegen empfehle ich, mit einem Trainer zu beginnen und je nach Gesundheitsgeschichte auch den Arzt zu fragen, welche Übungen problemlos gemacht werden können", so Lewien.
Das ist zu beachten
Ein HIIT kann überall gemacht werden: zuhause, im Park, als Element bei einer Lauf- oder Radtour, mit oder ohne Schuhe. Eine Stoppuhr zeigt an, wann eine Belastungsphase beginnt und wann Pause gemacht werden soll. Inzwischen gibt es auch viele Apps, die sich entsprechend einstellen lassen. Ein typisches Intervall für ein HIIT sind 20 Sekunden intensive Belastung, an die sich zehn Sekunden Ruhephase anschließen. In vielen Fitnessstudios ist diese Art des Trainings auch als Tabata bekannt.
Bei fünf Übungen ergibt sich eine Trainingszeit von insgesamt fünf Minuten. Denn ein Übungszirkel wird zweimal direkt hintereinander wiederholt. Wichtig ist, dabei immer an die körperlichen Grenzen zu gehen. Wer direkt nach einem HIIT noch joggen gehen könnte, hat sich in den zehn Minuten nicht genug verausgabt. Der Vorteil: Die Erschöpfung nach dem Training hält nicht lange an. Wer die Übungen morgens schnell hinter sich bringen will, muss sich also keine Sorgen machen, den restlichen Tag durchzuhängen.
Dafür, welche Übungen gemacht werden, gibt es keine genauen Regeln. Burpees eignen sich sehr gut, weil sie den gesamten Körper trainieren und viele Kalorien verbrennen. Das gleiche gilt für Mountain-Climber. Wer variieren will, kann aber auch Hampelmänner machen, auf der Stelle sprinten, Liegestütze einbauen oder sogar Seilspringen - solange an der persönlichen Belastungsgrenze trainiert wird und die Folge "20 Sekunden Belastung - 10 Sekunden Pause" eingehalten wird, ist alles erlaubt.
"Trainierende müssen aber auf ausreichend Regeneration achten", weiß Lewien. Das Training ist zwar kurz, aber die Muskeln arbeiten stark und brauchen Ruhephasen. Das bedeutet für Lewien ausreichend Schlaf und nicht zu sehr durch den Tag zu hetzen. "Viel Stress bedeutet viel Adrenalin im Körper. Das verhindert eine Pause für die Muskulatur." Auch die Ernährung spielt eine Rolle. "Viele laden sich zu viel Fett und Kohlehydrate auf den Teller. Das sollte reduziert werden", erklärt der Sportwissenschaftler. Anstatt Kalorienzählen rät er zu buntem Essen vom Markt. Also zu mehr Gemüse und Obst auf dem täglichen Speiseplan.
Das sagt die Wissenschaft
Auch Studien attestieren dem HIIT eine überaus effektive Wirkung. Martin Gibala von der kanadischen McMaster University in Hamilton, Kanada, untersuchte etwa die Auswirkungen auf Typ-2-Diabetes und Übergewicht.
Dass langes Ausdauertraining gesundheitliche Vorteile hat, ist dabei unumstritten. Durch das sogenannte aerobe Training werden die Muskeln mit Sauerstoff versorgt, die Zahl der Mitochondrien in den Zellen wächst, und letztlich sinkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Gibalas Forschungen ergaben jedoch, dass drei Trainingseinheiten pro Woche mit zehn einminütigen HIIT-Intervallen so viel für den Muskelaufbau bringen wie stundenlanges Radtraining auf die konventionelle Weise. Auch der Zuckerspiegel der Probanden wurde deutlich reguliert - und das schon nach 14 Tagen.
Gegen die überflüssigen Pfunde auf den Hüften hilft aber vor allem der Nachbrenn-Effekt. Die vier bis fünf Minuten Training im persönlichen Grenzbereich führen dazu, dass der Stoffwechsel über die nächsten zwölf 24 bis Stunden erhöhten Energieumsatz aufweist.
Für wen sich HIIT eignet
Zu einem echten Trend entwickelt sich das Hoch-Intensitäts-Intervall-Training vor allem, weil sich viele schwertun, langes Ausdauertraining im Alltag unterzubringen. "Trotzdem muss man natürlich sagen, dass man sein Trainingsziel prüfen muss", erklärt Lewien. "Wer Marathon laufen will, der muss sein Gewebe auch auf lange Strecken trainieren. Und wer vor allem Muskelaufbau will, muss unter Umständen auch noch Gewichte dazunehmen." Für die meisten aber reiche das Eigengewicht. Denn nur selten macht man sich klar: 50, 70 oder gar mehr Kilo sind ein deutliches Gewicht, das gerade für nicht so Sportliche zur großen Herausforderung werden kann. "Deswegen finde ich auch Apps wie ,Freeletics' oder das ,Sieben-Minuten-Workout' sehr gut, denn sie helfen, zuhause und ohne Hilfsmittel ins Training zu kommen."